KONJUNKTURBERICHT HERBST 2023 DIE WIRTSCHAFT IN WESTMECKLENBURG AUF EINEN BLICK TRENDBAROMETER FÜR WESTMECKLENBURG * GESCHÄFTSERWARTUNGEN Im Vergleich zum Frühsommer 2023 EXPORTERWARTUNGEN BESCHÄFTIGUNGSPLÄNE IHK-KONJUNKTURINDEX Geschäftserwartungen rutschen wieder in den Keller. Exporterwartungen kühlen sich ab. Beschäftigungsabsichten sinken merklich. Konjunkturindex fällt wieder deutlich unter 100 Punkte.
Konjunkturbericht der IHK zu Schwerin | Herbst 2023 WACHSENDE KONJUNKTURSORGEN RÜCKEN IN DEN FOKUS Die negative Konjunkturentwicklung drückt auf die Stimmung der Unternehmen. Die aktuelle Geschäftslage bewerten die Unternehmen in Westmecklenburg deutlich zurückhaltender als im Frühsommer dieses Jahres. 32 Prozent bezeichnen ihre derzeitige Lage als gut (Frühsommer: 40 Prozent). Von einer schlechten Situation berichten mittlerweile 20 Prozent (Frühsommer: 11 Prozent). Ebenfalls rückläufig sind die Geschäftserwartungen der Wirtschaft. Gar 43 Prozent rechnen mit sich verschlechternden wirtschaftlichen Bedingungen. Nur noch 10 Prozent setzen auf eine Verbesserung. Der Konjunkturklimaindex, als Gesamtheit von aktueller Lage und Erwartungen, fällt um 17,9 Punkte auf 86,6 Punkte. Die konjunkturelle Achterbahnfahrt der letzten drei Jahre hält damit an. Eine Stabilisierung der Konjunktur kann wahrscheinlich frühestens im kommenden Jahr erreicht werden. PREKÄRE GEMENGELAGE BELASTET BESONDERS KLEINERE UND MITTLERE UNTERNEHMEN Für die Unternehmen bleiben die Risiken und Belastungen damit sehr hoch. Planungssicherheit für das Tagesgeschäft oder Investitionen in die Zukunft stehen weiterhin auf tönernen Füßen. Aktuell haben die Sorgen um ein weiteres Abkühlen der Konjunktur deutlich zugenommen. Mit 56 Prozent der Nennungen befindet sich eine schwache Inlandsnachfrage bei den Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung derzeit bereits auf dem zweiten Rang. Am häufigsten geben die Unternehmen mit rund zwei Drittel weiterhin die Energiepreise als Risiko an. Doch auch insgesamt belastet die Gemengelage an Risiken die westmecklenburgische Wirtschaft. Etwas Entspannung scheint es nur bei den Preisen für Rohstoffe zu geben. Allerdings bleibt auch hier der Anteil mit 38 Prozent auf 10-Jahressicht relativ hoch. Besonders kleinere und mittlere Unternehmen sehen sich häufiger an der Belastungsgrenze angekommen. BESTEHENDE UNSICHERHEITEN HEMMEN INVESTITIONEN Ein weiterhin stark differenziertes Bild zeigt sich bei der aktuellen Finanzlage. Zwar steigt der Anteil der teilnehmenden Unternehmen, die keine problematische Finanzlage haben, um 5 Prozentpunkte von 41 auf 46 Prozent im Vergleich zum Frühsommer. Doch gleichzeitig sprechen nun 34 Prozent von Eigenkapitalrückgängen (+3 %-Pkt.) und 24 Prozent von Liquiditätsengpässen (+5 %-Pkt.). Aufgrund der geldpolitischen Straffung zur Inflationseindämmung und damit einhergehender höherer Zinssätze erschweren sich sowohl die Zugänge als auch die Belastungen bezüglich Fremdkapital. Mit Blick auf die hohen Risiken und unsicheren Finanzlagen vieler Unternehmen bleiben die Investitionsabsichten auf einem niedrigen Niveau. Im Schnitt der letzten zwei IHK-Umfragen wollen 3 von 4 Unternehmen investieren. Das mag im ersten Moment nicht beunruhigend erscheinen. Doch Investitionen von Unternehmen spiegeln zum einen ihre Zuversicht für die Zukunft wider. IHK-KONJUNKTURKLIMAINDIZES FÜR WESTMECKLENBURG, MECKLENBURG-VORPOMMERN UND DEUTSCHLAND 140 130 120 110 100 90 80 70 60 Index 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 IHK-Konjunkturklimaindex für Westmecklenburg IHK-Konjunkturklimaindex für Mecklenburg-Vorpommern DIHK-Konjunkturklimaindikator für Deutschland GESCHÄFTSLAGE DER UNTERNEHMEN GESCHÄFTERWARTUNGEN DER UNTERNEHMEN Angaben in Prozent Angaben in Prozent J = Jahresbeginn, F = Frühsommer, H = Herbst H 2023 F 2023 J 2023 H 2022 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 besser gleich bleibend schlechter gut befriedigend schlecht 43 47 10 30 56 14 37 51 12 68 27 5 Quellen: IHK zu Schwerin, IHKs in MV, DIHK | Aufgrund der Pandemie wurde im Frühsommer 2020 keine Umfrage auf Landesebene durchgeführt. Ein Wert kann daher nicht ausgewiesen werden. Der Wert für MV lag bis zum Redaktionsschluss nicht vor. 20 32 48
Konjunkturbericht der IHK zu Schwerin | Herbst 2023 Erschwerter Fremdkapitalzugang 14 10 UNSERE AKTUELLE FINANZLAGE IST WESENTLICH GEPRÄGT VON: Zum anderen sind sie für den Erhalt bestehender (Real-)Vermögen von hoher Bedeutung. Zwar steigt der Anteil der Unternehmen, die investieren wollen in der aktuellen Konjunkturumfrage an. Doch insgesamt stehen Investitionsausweitungen weniger auf der unternehmerischen Agenda. Hauptziel der investierenden Unternehmen bleibt mit 86 Prozent der Bereich Modernisierung / Ersatzbedarf. Mit deutlichen Abstand und einem Anteil von 30 Prozent folgen Maßnahmen zur Kostensenkung. Prozessinnovationen werden von 27 Prozent der investierenden Unternehmen genannt. VORAUSSCHAUENDE UNTERNEHMEN STABILISIEREN DEN ARBEITSMARKT Die Arbeitsmarktdynamik geht ebenfalls zurück. Nur noch 8 Prozent der Unternehmen planen, ihren Personalbestand erhöhen zu können. Zwei Drittel setzen auf ein gleichbleibendes Niveau und 26 Prozent gehen davon aus, dass sich Belegschaft reduzieren wird. Letzte Gruppe ist zudem gespalten. Zum einen gibt es Unternehmen, die aufgrund der derzeit schlechten Geschäftslage und negativen Erwartungen kein Personal suchen oder abbauen. Die zweite Gruppe findet kein Personal, um freie Stellen zu besetzen bzw. diese nach zu besetzen. In einer zusätzlichen DIHK-Sonderfrage wurden die Unternehmen gefragt, ob sie längerfristig keine Stellen besetzen können. 37 Prozent antworteten, dass sie dabei derzeit Probleme haben. Bei der letzten Erhebung dieser Sonderfrage im Herbst 2022 benannten noch 29 Prozent, dass sie damit Probleme hätten. Zwei wesentlichen Aspekte lassen sich aus der IHK-Umfrage in Verbindungen mit den qualitativen Aussagen der teilnehmenden Unternehmen ableiten: Erstens bleibt der Mangel an Arbeitskräften trotzt der vielfältigen Krisen der letzten Jahre ein relevantes Thema, dessen Brisanz weiter zunimmt. Dies spiegelt sich auch bei den Risiken wider. Zweitens versuchen auch Unternehmen, denen es wirtschaftlich schlecht geht, ihr Personal zu halten. Denn ihnen ist bewusst, dass Arbeitskräfte schwieriger zu akquirieren sind, wenn sich die Lage wieder aufhellt. EXPORTERWARTUNGEN KÜHLEN SICH AB Die Sorgen um eine Abkühlung der Auslandsnachfrage verzeichnen einen weiteren relevanten Anstieg. Im Vergleich zum Herbst 2022 steigt der Anteil von 3 auf 11 Prozentpunkte bezogen auf alle teilnehmenden Unternehmen. Betrachtet man nur die Betriebe, die im Außenhandel tätig sind, benennt bereits jedes 2. Unternehmen dieses Risiko. Dementsprechend kühlen sich auch die Exporterwartungen etwas ab. 20 Prozent erwarten eine Verschlechterung und nur 12 Prozent eine Verbesserung ihrer Außenhandelsgeschäfte. . Angaben in Prozent Angaben in Prozent Herbst 2023 Herbst 2023 Frühsommer 2023 Frühsommer 2023 UNSERE INVESTITIONEN WERDEN: Ja, offene Stellen können nicht besetzt werden. Nein, derzeit besteht kein Personalbedarf. Nein, es bestehen keine Probleme bei der Besetzung. Drohender Insolvenz 0 0 10 10 20 20 30 30 40 40 50 Unproblematische Finanzlage 46 Hohe Fremdkapitalbelastung Liquiditätsengpässen 24 Eigenkapitalrückgang 34 Mehrfachnennungen möglich KÖNNEN SIE IN IHREM UNTERNEHMEN DERZEIT OFFENE STELLEN LÄNGERFRISTIG (MEHR ALS ZWEI MONATE) NICHT BESETZEN, WEIL SIE KEINE PASSENDEN ARBEITSKRÄFTE FINDEN? Angaben in Prozent 14 37 49 3 41 5 19 31 5 10 13 Zunehmende Forderungsausfälle 12 Keine Investitionen geplant 23 27 abnehmen 26 24 gleichbleiben 38 32 zunehmen 13 17 BESCHÄFTIGUNGSPLANUNG DER UNTERNEHMEN Angaben in Prozent J = Jahresbeginn, F = Frühsommer, H = Herbst H 2023 F 2023 J 2023 H 2022 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 zunehmend gleich bleibend abnehmend 26 66 8 14 75 11 19 71 10 32 63 5
60 50 40 30 20 10 0 70 80 90 Wechselkurs Energiepreise Finanzierung Schwache Auslandsnachfrage * Trendbarometer für Westmecklenburg Veränderung des Saldos gegenüber der Umfrage Frühsommer 2023: um mehr als +10 Zähler gestiegen | zwischen +10 und +5 Zähler gestiegen | zwischen +5 und -5 Zähler verändert | zwischen -5 und -10 Zähler gesunken | um mehr als -10 Zähler gesunken Die Industrie- und Handelskammer zu Schwerin ist die einzige Organisation, die in diesem Umfang Berichte zur Wirtschaftslage für die Region Westmecklenburg erstellt. Sie wird dabei durch ihre zugehörigen Mitgliedsunternehmen unterstützt. Die vorliegende statistische Erhebung wurde nach bestem Wissen und mit größter Sorgfalt erstellt. Die Stichprobe wurde entsprechend relevanter Eigenschaften (nach Unternehmens- und Beschäftigungsstruktur) der Grundgesamtheit ausgewählt, um diese möglichst unverzerrt nachzubilden. Aufgrund unterschiedlicher Rückläufe können Abweichungen zwischen tatsächlicher und theoretischer Stichprobe auftreten. Rund 2.000 Unternehmen wurden in Westmecklenburg einbezogen. Der Rücklauf beträgt 167 Unternehmen. Der Befragungszeitraum war vom 25. September bis 8. Oktober 2023. Die Antworten verteilen sich auf das verarbeitende Gewerbe (13 %), das Baugewerbe (10 %), Handel und Reparatur (19 %), das Verkehrsgewerbe (4 %), (weitere) Dienstleistungen (51 %) sowie auf die Unternehmen der Energie- und Wasserversorgung (4 %). Aus dem Landkreis Ludwigslust-Parchim haben 37 Prozent und aus Nordwestmecklenburg 34 Prozent teilgenommen. Aus der Landeshauptstadt Schwerin stammen 29 Prozent der Antworten. Aufgrund von Rundungen kann es zu geringen Abweichungen vom Wert 100 (z.B. +/-1) kommen. Die Industrie- und Handelskammer zu Schwerin fördert ihre rund 23.300 Mitgliedsunternehmen nicht nur durch individuelle Hilfestellungen, sondern auch mit marktrelevanten, geldwerten Informationen. Weitere Schwerpunkte ihrer Tätigkeit liegen in der praxisnahen, unbürokratischen sowie kostengünstigen Ausführung zahlreicher Wirtschaftsverwaltungsaufgaben anstelle und im Auftrag des Staates. Eine unserer Haupttätigkeiten liegt in der Vertretung des Gesamtinteresses unserer Mitglieder gegenüber den Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung, auf Landes- und kommunaler Ebene, auf Bundesebene in Berlin sowie darüber hinaus in Brüssel. © IHK zu Schwerin, Oktober 2023 Industrie- und Handelskammer zu Schwerin | Graf-Schack-Allee 12 | 19053 Schwerin | Telefon: 0385 5103-0 | Telefax: 0385 5103-999 | E-Mail: info@schwerin.ihk.de | Ansprechpartner: Marco Woldt | Telefon: 0385 5103-207 | E-Mail: woldt@schwerin.ihk.de HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN RISIKEN DER WIRTSCHAFTLICHEN ENTWICKLUNG Angaben in Prozent Bürokratie konsequent abbauen: Zahlreiche Beleg-, Dokumentations-, und Berichtspflichten, Meldepflichten, Antrags-, Widerspruchs- und Abrechnungsverfahren führen zu hohen Bürokratiebelastungen. Für immer mehr Aufgaben und Auflagen müssen die Unternehmen zudem „Beauftragte“ abstellen. Kleine und mittelständische Unternehmen sind von der Regelungs- und Kontrolldichte besonders stark betroffen. Bei der Prüfung bestehender und bei der Einführung neuer Regelungen muss in der Summe eine spürbare Entlastung der bürokratischen Aufwendungen bei den Unternehmen auch ankommen. Genehmigungsverfahren und Bearbeitungsprozesse beschleunigen und digitalisieren: Planungs- und Genehmigungsverfahren, Beantragungs- und Bearbeitungsprozesse sowie Vergabeverfahren müssen verlässlich, rechtssicher und zügig in vorgegebenen Zeitrahmen in allen Verwaltungsebenen erfolgen. Vorhaben müssen nach Abschluss des Planungsverfahren zügig und ohne Aufschub realisiert werden. Viele Prozesse lassen sich für alle Beteiligten vereinfachen, wenn die Digitalisierung auch hier konsequent sowie rechtlich und technisch sicher umgesetzt wird. Faire Verteilung der Stromnetzkosten: Die regionale Wirtschaft braucht eine faire Verteilung der sich aus der Integration der erneuerbaren Energie ergebenden Aufwendungen. Westmecklenburg leistet einen umfassenden Beitrag zum Ausbau der Erneuerbaren Energien über den regionalen Bedarf hinaus. Es muss eine Entlastung der Netzkunden bei den Netzentgelten zum Beispiel durch eine bundesweite Wälzung der ausbaubedingten Mehrkosten erfolgen. Herbst 2022 Jahresbeginn 2023 Frühsommer 2023 Herbst 2023 2 2 83 68 64 Fachkräftemangel 47 47 46 53 Fehlende Planungssicherheit 42 49 65 65 43 Wirtschaftsp. Rahmenbedingungen 53 43 46 Schwache Inlandsnachfrage 47 56 51 49 46 Arbeitskosten 48 36 12 13 18 14 3 Rohstoffpreise 60 44 38 41 11 8 6 0 9 44 44
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