Inudstrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030

stark und sicher innovativ und digital vernetzt nachhaltig auf dem Weg zur Klimaneutralität attraktiv und nachgefragt F o t o : WA PEEMXAG r oAuGp Industrieland MecklenburgVorpommern 2030 Industriepolitisches Konzept

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 2 3 Präambel Im Wissen um die Chancen und Potenziale des Landes Mecklenburg-Vorpommern und in der gemeinsamen Verantwortung für eine dynamische und zugleich nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung, sehen die Mitstreitenden im Zukunftsbündnis MV ein klares Ziel: Mecklenburg-Vorpommern soll in allen Wirtschafts- bereichen, insbesondere aber in seiner industriellen Struktur, zu einem modernen Produktions- und Entwicklungsstandort und Lebensort weiterentwickelt und Schritt für Schritt in eine neue Qualität gebracht werden. Arbeit und Wertschöpfung, insbesondere in der industriellen Produktion des Landes, stehen dabei immer in Verbindung mit den natürlichen, zu bewahrenden Ressourcen Mecklenburg-Vorpommerns. Ziel ist daher auch, Nachhaltigkeit in Mecklenburg-Vorpommern zu einem Markenkern der Wirtschaft zu machen. Dieses Papier entwirft in diesem Sinne eine Vision für den Industriestandort MecklenburgVorpommern. Es beleuchtet die Ausgangslage am Beginn des 2020er-Jahrzehnts und setzt mit Handlungsempfehlungen Anknüpfungs- und Diskussionspunkte für den politischen und gesellschaftlichen Diskurs. Es ist eine Einladung an alle Interessierten, sich aktiv im Sinne eines gemeinsamen Weiterdenkens für unser Land einzubringen. Das industriepolitische Konzept Mecklenburg-Vorpommerns setzt nicht nur konsequent auf Innovation, sondern dabei auch auf den Ausgleich wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Ziele hin zu mehr nachhaltiger Produktivität. In der angestrebten verstärkten Zusammenarbeit von Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in MV, im norddeutschen Raum und im Ostseeraum sehen wir die Chance, Mecklenburg-Vorpommern zu einem Vorreiter des innovativen, nachhaltigen, kreativen Wirtschaftens zu machen und damit einen Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels und der wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Herausforderungen der 20er Jahre des 21. Jahrhunderts zu leisten. nord

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 4 5 Inhalt 03 Präambel 06 Ausgangs- lage Erfolge, Chancen und Herausforderungen des dynamischen Industriestandorts Mecklenburg- Vorpommern Mecklenburg- Vorpommern blickt auf 30 Jahre Wirtschaftswachstum Die Standort- bedingungen bieten viel Potenzial Beim Industrieanteil, Lohnniveau und Innovationsgrad gilt es weiter zuzulegen Demografischer Wandel + Beschäf- tigungswachstum = steigender Fachkräftebedarf Der Ausbau der erneuerbaren Energien braucht neue Impulse 13 Zukunfts- vision 2030 für den Industriestandort Mecklenburg- Vorpommern Stark und sicher Innovativ und digital vernetzt Nachhaltig auf dem Weg zur Klimaneutralität Attraktiv und nachgefragt 22 Industriepolitischer Handlungs- bedarf Für eine starke, innovative und nachhaltige Industrie Für eine starke und sichere Industrie Für eine innovative und digital vernetzte Industrie Für eine nach- haltige Industrie auf dem Weg zur Klimaneutralität Für einen attraktiven und nachgefragten Arbeitgeber Industrie 28 Handlungs- felder und Handlungs- empfeh- lungen Leitlinien und Maßnahmen zur Erreichung der Vision 2030 Industrielle Basis sichern und ausbauen Wertschöpfungsketten ausbauen, Kooperationen festigen, Resilienz erhöhen 53 Impressum Wertschöpfungs- potenziale der erneuerbaren Energien ausschöpfen Chancen aus Klimaschutz und Dekarbonisierung aktiv nutzen Industriefreundliche Rahmenbedingungen bieten Innovationsfähigkeit und technologische Wettbewerbsfähigkeit stärken Vorsprung durch Digitalisierung erreichen Mobilität von morgen heute beginnen Fachkräfteangebot für die Industrie als attraktiven Arbeitgeber sichern Industriemarketing und -akzeptanz verbessern 32 34 08 09 10 11 12 18 19 20 21 24 25 26 27 36 38 40 42 44 46 48 51 Foto: Rainer Cordes Foto: IHK Schwerin Foto: IHK Schwerin Foto: IHK Schwerin

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 6 7 Ausgangslage Erfolge, Chancen und Herausforderungen des dynamischen Industriestandorts MecklenburgVorpommern Foto: Buck/Egger: Industrie Wismar von oben mit Werft und Holzcluster

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 8 9 Mecklenburg-Vorpommern blickt auf 30 Jahre Wirtschaftswachstum Mecklenburg-Vorpommern ist eine Wirtschaftsregion mit einer guten Entwicklung in den letzten 30 Jahren und großem Zukunftspotenzial. Der Anspruch, als Land zum Leben wahrgenommen zu werden, bedeutet eben auch, Land zum Arbeiten, zum Gründen, zum Lernen, zum Investieren und Produzieren zu sein. Um diesen Anspruch und die Wahrnehmung des Landes in diesem Sinne nachhaltig weiter auszubauen und ausschöpfen zu können, müssen die wirtschaftspolitischen Weichen weiterhin zukunftsorientiert gestellt werden. Die wirtschaftliche Entwicklung Mecklenburg-Vorpommerns in den vergangenen Jahren war grundsätzlich positiv: Die konjunkturelle Entwicklung verlief bis zum Beginn der Corona-Krise aufwärtsgerichtet. Das Bruttoinlandsprodukt ist gewachsen, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hat seit 2010 zugenommen, die Einkommen sind gestiegen und die Arbeitslosigkeit hat sich stetig und deutlich verringert. Die Industrie in Mecklenburg-Vorpommern hat einen wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung. In allen wichtigen Indikatoren konnten nachhaltige Zuwächse erzielt und so ein erheblicher Beitrag zur wirtschaftlichen Dynamik des Landes geleistet werden. Die Corona-Krise hat die positive Entwicklung der vergangenen Jahre unerwartet unterbrochen. Unternehmen erlitten unverschuldet massive Einbrüche bei Produktion, Nachfrage und Umsätzen. Das globale Wachstum in für die deutsche Industrie wichtigen Märkten wurde erheblich beeinträchtigt. Die aktuelle Pandemie führt zu nachhaltigen Veränderungen von Handelsbeziehungen, Lieferketten und Kundenerwartungen. Gleichzeitig gilt es, zukunftsfähige Strukturen zu sichern und die erforderlichen Weiterentwicklungen wie die Digitalisierung in allen Industriebranchen stärker voranzubringen. Darüber hinaus ist zur Sicherung einer langfristig erfolgreichen Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit der Industrie die Anpassung an die Folgen des Klimawandels notwendig. Die Erreichung der Klimaziele und eine echte Nachhaltigkeitsökonomie sind weitere Herausforderungen für unser Land – aber auch echte Chancen! Entwicklung des Verarbeitenden Gewerbes in MecklenburgVorpommern (Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten) VG Mecklenburg- Vorpommern Jahr 2010 Jahr 2019 Tätige Personen 56.205 65.275 Anzahl der Betriebe 700 767 Gesamtumsatz in TEuro 11.302.649 15.185.371 Die Standortbedingungen bieten viel Potenzial Aus Sicht der Landesregierung ist der Wirtschaftsstandort Mecklenburg-Vorpommern sehr gut aufgestellt und bietet eine Vielzahl besonders attraktiver Bedingungen für Investitionen. Ein starker Standortvorteil ist neben seiner Landschaft und Naturausstattung die günstige Lage des Landes im Viereck der Metro- polregionen Hamburg, Kopen- hagen/Malmö, Stettin und Berlin. Mecklenburg-Vorpommern bietet attraktive Gewerbeflächen, insbesondere auch direkt in Ostseehäfen bzw. in deren unmittelbarer Nähe, und Großgewerbestandorte für flächenintensives Gewerbe. Die Infrastruktur, das Angebot an Erneuerbaren Energien und die guten Möglichkeiten der Förderung von Investitionen, Forschung und Entwicklung sind weitere Ansatzpunkte für eine hohe Ansiedlungsfreundlichkeit. Schnelligkeit, Flexibilität, kurze Wege und Verlässlichkeit der öffentlichen Verwaltung, Bundesagentur für Arbeit, Wirtschaftsfördereinrichtungen und aller weiteren Partner machen Mecklenburg-Vorpommern aus. Das Land ist zu Recht bekannt für sein besonders ausgeprägtes Serviceniveau gegenüber potenziellen Investoren. Mecklenburg-Vorpommern verfügt über eine hervorragende Verkehrsinfrastruktur. Zusätzlich zu einem leistungsfähigen Straßen- und Schienennetz haben sich attraktive Hafenstandorte aller Größenklassen entwickelt: Mit den Seehäfen in Wismar, Rostock, Stralsund und Sassnitz-Mukran auf Rügen sowie den Häfen Greifswald, Vierow, Lubmin, Wolgast und Anklam verfügt das Land über eine besonders attraktive see- seitige Anbindung an den baltischen und skandinavischen Raum. Der Ausbau der Bahnverbindung Überseehafen Rostock–Berlin, auch für den schweren Güterverkehr, ist zudem weit fortgeschritten. Diese Achse ist Bestandteil der Transeuropäischen Netze und integriert Mecklenburg–Vorpommern und die Seehäfen damit noch besser in den europäischen Binnenmarkt sowohl in Richtung Skandinavien als auch in Richtung Ost- und Südeuropa. Mit seiner Lage im Herzen Europas und seiner Landesgrenze zu Polen hat Mecklenburg-Vorpommern eine wichtige Brückenfunktion und zeichnet sich durch lebendige Wirtschaftsbeziehungen insbesondere zu Ostseeanrainern aus. Das Land unterstützt mit guten Rahmenbedingungen und attraktiven Fördermöglichkeiten neue Investitionen, bestehende Unternehmen, Gründungen, Nachfolgeregelungen und Forschungspersonal. Zahlreiche Ansiedlungserfolge und Erweiterungen von Industrieunternehmen seit den 90er Jahren bestätigen die Attraktivität des Industriestandortes MecklenburgVorpommern. Die Standortvorteile überzeugen und werden vor allem von Investoren aus Deutschland und Europa wahrgenommen. Mecklenburg-Vorpommern liegt im Viereck mehrerer Metropolregionen und verfügt über eine hervorragende Infrastruktur für alle Verkehrsträger. Foto: IHK Schwerin

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 10 11 Beim Industrieanteil, Lohnniveau und Innovationsgrad gilt es weiter zuzulegen Gleichwohl verdeutlicht der Blick auf die volkswirtschaftlichen Kennzahlen die noch bestehenden strukturellen Schwächen der Wirtschaft MecklenburgVorpommerns. Dies zeigt insbesondere der vergleichsweise geringe Anteil der Industrie (abgegrenzt als der Wirtschaftszweig Verarbeitendes Gewerbe (VG) an der Bruttowertschöpfung des Landes). Dieser Anteil lag für Mecklenburg-Vorpom- mern im Jahr 2019 bei 10,6 Prozent und damit noch unter der Hälfte des Bundesdurchschnitts von 21,6 Prozent. Der Aufholbedarf zeigt sich auch durch die Kennzahl der Industriedichte (sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im VG je 1.000 Einwohner). Diese betrug in Mecklenburg-Vorpommern 2019 44,0, also kaum mehr als die Hälfte des Bundesdurchschnitts von 84,4. Die Arbeitsproduktivität, als die entscheidende Leistungskennziffer des VG, lag 2019 bei 62,1 Prozent des Bundesdurchschnitts und stagnierte damit auf dem Niveau der letzten Jahre. Trotz gestiegener Bruttolöhne- und -gehälter stellt das Lohnniveau im Land – wie in ganz Ostdeutschland – eine fortbestehende Herausforderung dar. Im verarbeitenden Gewerbe des Landes werden zwar mit einem durchschnittlichen Bruttolohn von 33.833 EUR (2019) im Vergleich aller Wirtschaftsbereiche (durchschnittlich 30.293 EUR) die höchsten Bruttolöhne gezahlt. Gleichwohl weist Mecklenburg- Vorpommern vor allem aufgrund der besonders kleinteiligen Unternehmensstruktur und der niedrigen Produktivität beim Entgeltniveau den geringsten Angleichungsstand von nur 70 % im Vergleich zum Bundesdurchschnitt auf. Die Tarifbindung in der Wirtschaft insgesamt liegt bei 23% der Unternehmen und 44% der Beschäftigten. Weiterhin sind beim Export und der Innovationskraft der Industriebetriebe nach wie vor erhebliche Verbesserungspotenziale vorhanden. In wichtigen Innova- tionsindizes ist das Land in der Schlussgruppe. Auch im Bereich der Spitzentechnologie gibt es noch zu wenig Unternehmen als Treiber von Innovation, Wertschöpfung und Wachstum und somit Lohnsteigerungen. Zudem mangelt es noch an einer stärkeren Ausrichtung auf globale, digitale und zukunftsorientierte Geschäftsmodelle. Auch bei der Einbindung in globale, virtuelle Wertschöpfungsnetzwerke im Sinne der Industrie 4.0 und punktuelle Technologieführerschaft bei Zukunftstechnologien wie Mensch-Roboter-Kollaboration, cyber-physischen Systemen oder autonomer Produktion (Industrie 5.0) gibt es noch erheblichen Entwicklungsbedarf. Demografischer Wandel + Beschäftigungswachstum = steigender Fachkräftebedarf Seit 2004 ist die Arbeitslosenquote in MecklenburgVorpommern bis 2019 kontinuierlich gesunken und seit 2010 ist die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gestiegen. Beide Entwicklungen sind durch die Corona-Krise unterbrochen worden. Der Arbeitsmarkt wird spätestens nach Bewältigung der Krise wieder davon geprägt sein, dass viele Unternehmen einen steigenden Fachkräftebedarf verzeichnen und nach qualifizierten Mitarbeitern suchen. Durch den gerade in Mecklenburg-Vorpommern dramatischen demographischen Wandel in den kommenden zehn Jahren droht ein weiteres Fachkräftedefizit mit deutlich regional unterschiedlichen Verläufen. MecklenburgVorpommern hat aktuell etwa 1,6 Millionen Einwohner. Anfang der 1990er waren es noch knapp 2 Millionen. Das Erwerbspersonenpotenzial hat sich stetig verringert und wird innerhalb dieses Jahrzehnts um ein weiteres Sechstel sinken! Das Durchschnittsalter der Bevölkerung ist in den letzten 30 Jahren von 36,6 Jahren auf mittlerweile 47,2 Jahre gestiegen. Von allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern pendeln etwa 76.000 immer noch in ein anderes Land. Die rund 22.300 im Verarbeitenden Gewerbe tätigen Berufsauspendler stellen allerdings kaum ein Potenzial für die Sicherung des Fachkräftebedarfs in der Industrie Mecklenburg- Vorpommerns dar. Die Ostseestaal GmbH & Co. KG zählt auf dem Weltmarkt für Schiffbau, Industrie und Erneuerbare Energien zu den Branchenführern – durch Technologien in der 3D-Kaltverformung von Blechen aus Stahl, Edelstahl, Aluminium und Speziallegierungen. Foto: Ostseestaal GmbH & Co. KG Arbeiten im Land zum Leben: Der Bedarf an Fachkräften ist hoch – auch bedingt durch den demographischen Wandel. Foto: IHK Schwerin Schwerin " Seit 2004 ist die Arbeitslosenquote in MecklenburgVorpommern bis 2019 kontinuierlich gesunken.

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 12 13 Der Ausbau der Erneuerbaren Energien braucht neue Impulse Der Ausbau der Erneuerbaren Energien in MecklenburgVorpommern on- und offshore geht weiter voran. Seit mehreren Jahren produziert das Land mit zunehmender Tendenz mehr Strom als es selbst verbraucht (2017: 173.4 %), davon über 70 % aus Erneuerbaren Energien (Platz 1 in Deutschland). Dieser Anteil muss zukünftig weiter anwachsen. Mit dem Ausbau von 34 Windenergieanlagen (Gesamtleistung 103 MW) im Jahr 2020 liegt MV nur im Bundesdurchschnitt beim Windenergieausbau. Zudem zeigt eine OECD-Studie (2019) Norddeutschland und damit Mecklenburg-Vorpommern das Potenzial, Weltmarktführer im Bereich Wasserstofftechnologie zu werden. Damit könnte MV einen wesentlichen Beitrag zum klimaneutralen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft leisten. Viele Unternehmen sind derzeit aber mit zu hohen Energiekosten (u.a. durch Netzentgelte) und bürokratischen Hürden konfrontiert. Weitere Wettbewerbsvorteile können sich für die Industrie im Land mittels Erneuerbarer Energien durch „grüne“ Stromversorgung und Wertschöpfungspoten- ziale in Design und Produktion neuer Anlagen ergeben. Die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zum 01.01.2021 liefert bereits erste Ansätze zur Erhöhung der Relevanz und der Ausbaumengen der Erneuerbaren Energien, bspw. durch Regelungen zur Wasserstofferzeugung oder akzeptanzfördernder Maßnahmen durch finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten der Gemeinden. Um für den geplanten Aufbau von regionalen Wertschöpfungsketten zur sektorübergreifenden Energieverwertung über ein ausreichendes Potenzial an Erneuerbaren Energien zu verfügen, sind die Rahmenbedingungen insbesondere für den Ausbau der onshore- und offshore-Windenergie sowie der Photovoltaik weiter zu verbessern. " MecklenburgVorpommern hat das Potenzial, Weltmarktführer im Bereich Wasserstofftechnologie zu werden. Rundgang durch die Produktionshallen der APEX Group – hier konnten sich Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und ihre Amtskollegen aus den norddeutschen Ländern über Entwicklung und Weiterentwicklung der Druck- und chemischen Speicherung informieren. Foto: APEX Group Mindert Übertragungsverluste auf dem Weg zur Küste: Eine Umspannplattform neben Offshore-Windkraftanlagen im offenen Meer dient dazu, die elektrische Energie zu transformieren. Foto: EnBW Montage einer Windkraftanlage in Bernitt Foto: Stephan Rudolph-Kramer Nachhaltig mobil im Grünen Gewerbegebiet in Hagenow Foto: Pixelperle Der Batteriespeicher der WEMAG in Schwerin – einer der größten kommerziellen Batteriespeicher Europas. Foto: Stephan Rudolph-Kramer

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 14 15 Zukunftsvision 2030 für den Industriestandort MecklenburgVorpommern Foto: Stock

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 16 17 Zukunftsvision 2030 für den Industriestandort MV Mecklenburg-Vorpommern weist im Jahr 2030 eine breit aufgestellte, innovative und zukunftsfähige Industrie aus und wird sich national und auch international weiter als attraktiver Standort für Forschung und Entwicklung, Produktion und Innovation etablieren. Als „Land zum Leben“ wird MV als weltoffener, natürlich-attraktiver und nachhaltiger Standort für Arbeit, Ausbildung, Studium, Forschen, Gründen, Investieren und Produzieren wahrgenommen. Lernen, Teilhabe, Mitwirkung und Wertschätzung sind in allen Bereichen der Wirtschaft, insbesondere in der Industrie, gelebte Realität. Mecklenburg-Vorpommern bekennt sich zur Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Wirtschaft: Auf die Herausforderungen der Transformation in ihren Dimensionen der Digitalisierung, der Dekarbonisierung und der demografischen Entwicklung sowie einer größeren Krisenfestigkeit (Resilienz) wird durch eine ganzheitliche nachhaltige, fokussierte Wachstums- und Innovationsförderung erfolgreich reagiert. Dieser Paradigmenwechsel wird in Verbindung mit den Möglichkeiten guter digitaler Infra- struktur und ausgebauter Verkehrsanbindungen neue Fachkräfte aus urbanen Räumen gerade in den ländlichen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns halten. Diese Verfügbarkeit von Fachkräften außerhalb der Metropolen ist ein wichtiger Ansiedlungsgrund für den industriellen Mittelstand. Auch für die Beschäftigten haben moderne Arbeitsplätze in einem hervorragend organisierten sozialen Umfeld in sauberer Landschaft einen hohen Wert. stark und sicher innovativ und digital vernetzt Vision 2030: Die Industrie in MecklenburgVorpommern ist Auch der mit der Entwicklung von Handlungsempfehlungen für eine Zukunftsstrategie des Landes betraute Zukunftsrat sieht die Notwendigkeit zu mehr Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Gemeinwohlorientierung. Aus den Empfehlungen: „Wir machen den Schutz des Klimas und die Regeneration der natürlichen Ressourcen zum Leitprinzip einer echten Nachhaltigkeitsökonomie. Um nachhaltige Entwicklung voranzutreiben, brauchen wir drei Strategien in einem klugen Zusammenspiel: Effizienz (höhere Ressourcenproduktivität), Konsistenz (neue naturverträgliche Technologien) und Suffizienz (eine Lebens- und Wirtschaftsweise ohne Überverbrauch von Ressourcen). Eine solche Nachhaltigkeitsökonomie erzeugt ressourcenverträgliche Wertschöpfung, setzt Anreize für Innovationen und schafft zukunftsfähige Arbeitsplätze.“ Die Industrie im Sinne der industriellen Produktion im Land wird weiter qualitativ und quantitativ wachsen. Dabei gehen wirtschaftliches Wachstum, die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen und die Gewährleistung attraktiver Arbeitsbedingungen sowie ökologische Nachhaltigkeit Hand in Hand. Dies gelingt insbesondere durch die Zukunftsorientierung der auf breiter Basis getragenen Industriepolitik in MecklenburgVorpommern. Die industriepolitischen Akteure - Politik, Wirtschaft, Sozialpartner und weitere wichtige Akteure - haben dabei die industriepolitischen Maßnahmen auf die Zukunftsfähigkeit der Industrie ausgerichtet, bestimmt durch die vier Säulen der Vision 2030. nachhaltig auf dem Weg zur Klimaneutralität attraktiv und nachgefragt CO2

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 18 19 Stark und sicher MV soll für eine starke Industrie als Impulsgeber für die gesamte Wirtschaft stehen: Die vielfältige Wirtschaftsstruktur und die Standortfaktoren werden weiter ausgebaut und qualitatives Wachstum forciert. Der Erhalt und die zukunftsfähige Entwicklung bestehender und neuer industri- eller Kerne des Landes werden gelingen und weitere werden hinzukommen. Die Bruttowertschöpfung, die Arbeitsproduktivität, die Industriedichte und in der Folge erfahrungsgemäß auch das Entgeltniveau und die Tarifbindung werden signifikant steigen. Die Industrie in Mecklenburg-Vorpommern bietet alle Voraussetzungen für erfolgreiche Innovationen, Wertschöpfung und eine hohe Produktivität. MV soll aber auch für eine krisensichere Industrie stehen: Regionale und überregionale Kooperationen und Netzwerke zwischen Unternehmen, Wirtschaft und Forschung sowie zwischen Regionen werden die Wettbewerbsfähigkeit und Robustheit der Industrie im Land deutlich erhöhen. Industriefreundliche Rahmenbedingungen auf der Bundes- und Landesebene werden die überregionale Attraktivität des Industriestandortes Mecklenburg-Vorpommern erhöhen und so zahlreiche Ansiedlungen und das Wachstum bestehender Unternehmen unterstützen. Die Industrie im Land bekennt sich zu sicherer Produktion im Sinne größtmöglicher Transparenz in allen Produktionsabläufen, zu ethischen Werten und dem Schutz der Bevölkerung und der natürlichen Ressourcen des Landes. Die Politik fördert sie in diesen Bestrebungen und unterstützt freiwillige Initiativen und Maßnahmen. Insgesamt wird die Resilienz von Wirtschaft und Gesellschaft gestärkt und die Industrie zu einem wichtigen Partner bei der Erreichung der Pariser Klimaziele. Innovativ und digital vernetzt Mecklenburg-Vorpommern verfügt über einen industriellen Mittelstand und wird diese Basis seiner technologie- und innovationsorientierten Unternehmen zukunftsorientiert verbreitern und seine Wertschöpfungsketten aufwerten. Die Chancen, die sich aus der Flexibilität kleiner und agiler Unternehmen, der Nutzung digitaler Technologien, der Umsetzung neuer Mobilitätslösungen und der weltweiten Vernetzung ergeben, werden konsequent genutzt. Die Unternehmen im Land positionieren sich als „First Mover“ bei der Anwendung von Künstlicher Intelligenz, Maschinen-Lernen und Deep-Learning. Die Produktion in smarten Fabriken ist durch autonome Produktion und Logistik sowie Mensch-Roboter-Kollaborationen zukunftsfähig aufgestellt. Langfristig forschen Unternehmen an der Verschmelzung der künstlichen und biologischen Sphäre und finden vermehrt Anwendungsmöglichkeiten in der Nanotechnologie. In MV verschmelzen Tradition und Moderne. Zukunftsweisend wird dabei auch die eng mit anderen Wirtschaftsbereichen wie Handwerk, Landwirtschaft, Tourismus und Gesundheit vernetzte Produktion von bioökonomischen und gesundheitszentrierten Produkten. " „First Mover“ bei der Anwendung von Künstlicher Intelligenz, MaschinenLernen und Deep-Learning. Der InnovationPort Wismar ist ein Hafen für innovative Ideen und für Fragestellungen rund um die digitale Transformation. Er ist eines der sechs digitalen Innovationszentren in Mecklenburg-Vorpommern und unter der Marke „Digitales MV“ entstanden. Foto: Ulrike Pawandenat 500 Mitarbeiter*innen beschäftigt das Arla-Werk im Gewerbegebiet Upahl in Nordwestmecklenburg. Foto: IHK Schwerin

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 20 21 Nachhaltig auf dem Weg zur Klimaneutralität Mecklenburg-Vorpommern wird die Chancen nutzen, die sich aus der Dekarbonisierung ergeben, um sich als Industrie- und Wissenschaftsstandort gerade für neue, saubere und nachhaltig „grüne“ Industrien zu positionieren. Dabei wird besonders das große Potenzial an Strom aus Erneuerbaren Energien, als Vorreiter beim Aufbau einer norddeutschen klimafreundlichen und energieeffizienten Wirtschaft, genutzt. Durch die frühzeitige Vorreiterrolle in der Erzeugung, Umwandlung, Speicherung und Nutzung Erneuerbarer Energien werden technologie- und forschungsintensivere Unternehmen angesiedelt, aus denen weitere Champions hervorgehen. In Zusammenarbeit mit anderen norddeutschen Bundesländern wird MV weltweit führend in der Erzeugung von grünem Wasserstoff sein. Die Wasserstoffwirtschaft wird ein essentieller Motor für Innovation und Beschäftigung sowohl durch die Wasserstoffherstellung als auch durch dessen Nutzung für klimaneutrale Industrieentwicklung. Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern werden die steigende Nachfrage nach besonders nachhaltigen Produkten bedienen. Dabei drückt sich unternehmerische Verantwortung in einem ganzheitlichen Verständnis von sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit aus. Die Unternehmen werden nahezu klimaneutral produzieren und in hohem Maße in eine Kreislaufwirtschaft eingebunden sein. Die Industrie- und Innovationspolitik wird stärker auf eine ökologisch-nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschafts- und Arbeitsweise ausgerichtet. Attraktiv und nachgefragt Mecklenburg-Vorpommern ist der Wirtschafts- und Wohnstandort, ob an der Ostseeküste oder im Binnenland. Eine funktionierende Work-Life-Balance mit vielen Möglichkeiten flexiblen Arbeitens wird für einen stetigen Zuzug von Fachkräften aus dem gesamten Bundesgebiet und auch aus dem Ausland sorgen. Die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird zu einem Anstieg des Fachkräfteangebots und der Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze sowie zu einer Umkehrung des Pendlersaldos führen. Mecklenburg-Vorpommern wird sich dadurch und dank seines innovativen industriellen Wirtschaftssektors als attraktiver Wirtschaftsstandort mit lebenswertem Wohnumfeld und international ausgerichteten Hochschulen positionieren. In der Kommunikation und Vermarktung kann MecklenburgVorpommern selbstbewusst auf die Stärken auch als Industriestandort nach außen und innen verweisen – dies wird nachhaltig Wirkung zeigen. Die Industrie wird ihre Akzeptanz kontinuierlich ausbauen, sich stärker vor Ort etablieren und entwickeln, weil die Rolle der Industrie für Wohlstand und wirtschaftliche Entwicklung breite Anerkennung in Bevölkerung, Medien und Politik findet. Das gesellschaftliche Vertrauen in die nachhaltige und klimaverträgliche Industrie wird nachweislich steigen. Industrieunternehmen werden im Bereich des Klimaschutzes als Problemlöser wahrgenommen. Die Sozialpartnerschaft auf Betriebs- und Branchenebene wird gestärkt und betriebliche Transformationsprozesse werden erfolgreich gestaltet. CO2 Romantischer Sonnenuntergang im Land zum Leben – hier an der Ostseeküste auf Zingst. Foto: Anika Block Zukunfts- und Innovationspreis für den Webasto-Standort Neubrandenburg: Für seine smarte Technik und Entwicklungsfähigkeit bei der Überführung neuer Technologien in den Serienprozess erhielt er 2020 den Fraunhofer IGP Preis. Foto: © Webasto Group

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 22 23 Industriepolitischer Handlungsbedarf Für eine starke, innovative und nachhaltige Industrie Foto: IHK Schwerin, E-LKW

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 24 25 " Qualitatives wirtschaftliches Wachstum, die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, Gewährleistung guter Arbeitsbedingungen sowie ökologische Nachhaltigkeit sind keine Widersprüche. Für eine innovative und digital vernetzte Industrie Mecklenburg-Vorpommern hat in den vergangenen Jahren bereits erhebliche Anstrengungen unternommen, das Wissens- und Innovationssystem im Land zu stärken. Forschung, Entwicklung und Innovation gehören zu den Schwerpunktbereichen der Wirtschaftspolitik. Die notwendige Fortführung dieser Fokussierung auf die Stärkung der Innovationsfähigkeit und damit der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen wird auf der Grundlage der neuen Regionalen Innovationsstrategie Mecklenburg-Vorpommern erfolgen. Gerade mittelständische und kleine Unternehmen sind durch die zunehmende Digitalisierung vor neue Herausforderungen gestellt. Für den Wandel durch die Digitalisierung sind geeignete Maßnahmen zur effektiven Förderung von Digitalisierungsprozessen im Verarbeitenden Gewerbe, bei den unternehmensnahen und produktbegleitenden Dienstleistern sowie bei den innovationsstarken Handwerksbetrieben herauszuarbeiten. Die Digitalisierung in der Arbeitswelt bietet große Chancen für Arbeitgeber und Beschäftigte, um durch maßgeschneiderte Regelungen auf betrieblicher Ebene künftig flexibler, selbstbestimmter und gesünder in attraktiven Arbeits- und Lernbedingungen Hand in Hand mit interaktiven Technologien arbeiten zu können. Gleichzeitig gilt es, die Sorgen und Ängste vor einem möglichen Arbeitsplatzverlust, Überforderung oder sozialem Abstieg der Beschäftigten aufzugreifen und Perspektiven für den Übergang in die digitalisierte Arbeitswelt mit von den Wirtschafts- und Sozialpartnern weiterentwickelten Arbeitsbeziehungen aufzuzeigen. Flexibler, selbstbestimmter, gesünder: Die Digitalisierung bietet in der Arbeitswelt großer Chancen für Unternehmer und Beschäftigte. Foto: Stock " Für den Wandel durch die Digitalisierung sind geeignete Maßnahmen zur effektiven Förderung von Digitalisierungsprozessen (...) herauszuarbeiten. Für eine starke und sichere Industrie Die Industrie ist das Rückgrat der Wirtschaft in Deutschland. Das Verarbeitende Gewerbe bietet auch für Mecklenburg-Vorpommern enorme Potenziale für eine Wertschöpfungssteigerung der Wirtschaft. Zwar ist in den vergangenen zehn Jahren eine positive Entwicklung des Verarbeitenden Gewerbes im Land festzustellen, aber die industrielle Basis des Landes muss deutlich erweitert, in ihrer ganzen Breite aufgebaut und dann dynamisch verstärkt werden für mehr Wertschöpfung, mehr Beschäftigung und höhere Einkommen im Land. Dazu gilt es, die bisherige industriepolitische Ausrichtung unter Berücksichtigung der chancenorientierten und nachhaltigen Bewältigung der Transformation in den drei Dimensionen Digitalisierung, Dekarbonisierung und Demografie sowie auch angesichts der aktuellen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie mit dem Ziel einer größeren Krisenfestigkeit (Resilienz) im Lichte einer fokussierten Wachstums-, Ansiedlungs- und Innovationsförderung weiterzuentwickeln. Dabei sind qualitatives wirtschaftliches Wachstum, die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen und Gewährleistung guter Arbeitsbedingungen sowie ökologische Nachhaltigkeit keine Widersprüche. Qualitatives Wachstum bedeutet zum einen die Ausrichtung auf die Entwicklung von Unternehmen mit hoher Wertschöpfung und hohem Innovationsgrad, die die Herausforderungen der Digitalisierung erfolgreich meistern. Qualitatives Wachstum beinhaltet zum anderen die Ausrichtung auf attraktive Arbeitsplätze und ein wachsendes Lohnniveau. Die aus der Corona-Pandemie entstandenen Herausforderungen, die aufgedeckten Defizite, die sich ergebenen Stärken sowie die Lehren daraus werden die gesamte Wirtschaft noch längere Zeit beschäftigen. Die Industrie und ihre Lieferketten müssen sich auch künftig auf externe Schocks im globalen Handel, Engpässe bei der Rohstoffversorgung oder Störungen der digitalen Vernetzung einstellen. Die Rahmenbedingungen für den industriellen Mittelstand sind nicht immer optimal. Bürokratische Hemmnisse bestehen in vielen Rechtsbereichen und belasten die Unternehmen immer schwerer. Sie lassen sich aber nur zum geringeren Teil auf der Landesebene regeln und verändern. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Landesregierung überall dort, wo sie direkten Einfluss hat (z. B. in der Bildungspolitik oder in der öffentlichen Verwaltung), ihre Möglichkeiten voll ausschöpft, die Rahmenbedingungen industriefreundlich zu gestalten. Und dass sie über den Bundesrat alle Initiativen unterstützt, die die Ansiedlung von Industrie, den Aufbau von Arbeitsplätzen und die Förderung von Innovation, Forschung und Entwicklung befördern. Attraktive Arbeitsplätze, wie dieser bei Anklam Extrakt, sind wichtig für die Entwicklung des Landes. Das Unternehmen beschäftigt sich mit der Gewinnung von Pflanzenextrakten. Foto: Holger Martens

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 26 27 Für eine nachhaltige Industrie auf dem Weg zur Klimaneutralität Für eine zukunftsorientierte Industriepolitik müssen tech- nologischer Fortschritt, wirtschaft- liche Leistungsfähigkeit, soziale Ausgewogenheit und ökologische Verträglichkeit Hand in Hand gehen. Die Klimaschutzziele können nicht ohne technologische Innovationen, unter anderem zur Steigerung der Energieeffizienz, erreicht werden. Mecklenburg-Vorpommern bietet optimale Standortvoraussetzungen, um Erneuerbare Energien zu erzeugen. Jedoch reicht es nicht, Strom nur zu produzieren, es braucht auch Umwandlungs- und Speichermöglichkeiten. Die Energiewende muss im Sinne der Sektorenkopplung auch für eine Mobilitäts- und Wärmewende genutzt und die Verknüpfung von Verkehrs-, Wärme- und Stromsektor vorangebracht werden. Es bedarf eines technologieoffenen Ansatzes sowie die Verknüpfung aller Erneuerbaren-Energien-Technologien. Die mit der Energiewende einhergehenden Transformationsprozesse bieten erhebliche Chancen in Bezug auf Beschäftigung und Wertschöpfung für den gesamten Norden. Es bedarf einer stärkeren Sektorenkopplung unter Einbeziehung aller Speichertechnologien. Um die aktuell schwierigen Rahmenbedingungen der Energiewende zu verbessern, braucht es eine Bündelung der Kräfte und Unterstützung bei der Sektorenkopplung. Ebenso wichtig sind fachlich begründete und politisch getragene Ausbauziele für Erneuerbare Energien, insbesondere im Bereich der on- und offshore-Windenergie. Für einen attraktiven und nachgefragten Arbeitgeber Industrie Die gute konjunkturelle Lage und der demografische Wandel haben in Mecklenburg-Vorpommern in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass der Bedarf an Fachkräften zugenommen hat. Unternehmen, Branchen und Regionen stehen seither in immer stärkerem Wettbewerb um qualifizierte Arbeits- und Fachkräfte. Der erhöhte Bedarf an Fachkräften einerseits und die demografische Entwicklung sowie die verringerte Arbeitslosenzahl andererseits führen dazu, dass Unternehmen und Regionen in diesem Wettbewerb um Arbeits- und Fachkräfte nur dann bestehen können, wenn sie für Fachkräfte attraktiv sind und dies selbstbewusst darstellen. Gute Arbeitsbedingungen, einschließlich tariflicher und übertariflicher, betrachten wir als geeignete Anreizsysteme für eine nachhaltige Fachkräftesicherung auch in der Industrie. Um den Anspruch eines attraktiven, zukunftssicheren Landes für Fach- und Führungskräfte kraftvoll zu untersetzen, bedarf es einer Nachjustierung in der landesweiten Flächenpolitik. Besonderes Potenzial hätte Mecklenburg-Vorpommern, indem Wohn- und Baulandflächen vermehrt aktiviert würden, unter strenger Einhaltung des Vorrangs der Innen- vor der Außenentwicklung und durch gezielte Konversion von Flächen, um damit eine nachhaltige Entwicklung sicherzustellen sowie die landschaftlichen Besonderheiten des Landes zu schützen. Gerade die benachbarten Metropolregionen Hamburg und Berlin bieten insbesondere für jüngere Fachkräfte kaum ausreichend attraktive Angebote mehr zum Wohnen. Junge und noch ungebundene Fachkräfte zieht es häufig nach dem Schulabschluss oder nach dem Studium in die Ballungsgebiete oder in den süd- und mitteldeutschen Raum. Mecklenburg-Vorpommern muss sich weiter nachvollziehbar und ideenreich als Land mit hoher, natürlicher Lebensqualität, einem familienfreundlichen Umfeld und noch stärker als attraktives und perspektivreiche Region für lebenslanges Lernen, zielgerichtete Ausbildung und gute Arbeit positionieren. Hochschul- und Universitätsabsolventen sollen durch das enge Vernetzen von regionaler Wissenschaft und Wirtschaft während des Studiums aktiv ins praktische Forschen und Arbeiten integriert werden, mit der Aussicht auf eine lohnende Weiterbeschäftigung im Land nach dem erfolgreichen Abschluss. Ein Mitarbeiter des Solarparks in Zietlitz überprüft die Photovoltaik-Anlagen. Foto: Stephan Rudolph-Kramer Zukunftsbranchen wie Bio- und Medizintechnik bieten – wie hier bei der Cortronik GmbH in Rostock – interessante Perspektiven für junge Leute. Foto: Holger Martens " Die gute konjunkturelle Lage (...) hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass der Bedarf an Fachkräften zugenommen hat.

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 28 29 Handlungsfelder und Handlungsempfehlungen Leitlinien und Maßnahmen zur Erreichung der Vision 2030 Foto: Stock

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 30 31 Einleitung Die Industriepolitik in Mecklenburg-Vorpommern ist ent- sprechend der Unternehmensstruktur im Land besonders mittelstandsorientiert ausgerichtet. Es gilt, die Stärken der kleinen und mittleren Industrieunternehmen zu bewahren und auszubauen, wie deren Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, Spezialisierung, Dynamik, Beständigkeit, Innovationsfähigkeit und Krisenfestigkeit. Zugleich gilt es, auch durch die Ansiedlung von Großunternehmen deren positiven Beitrag zu Wachstum und Wertschöpfung für das Land zu sichern. Durch das Wachstum der Industrieunternehmen kann vor Ort mehr Forschung und Entwicklung stattfinden und mehr Produktions- und Vertriebsverantwortung übernommen werden. Andererseits setzt Wachstum eine erhöhte Produktivität durch innovativere Produkte und Verfahren voraus. So wird die Wirtschaftsstruktur des Landes durch die Erhöhung und die Qualitätssteigerung des Wertschöpfungsanteils des Industriesektors weiter verbessert und die wirtschaftliche Basis deutlich verbreitert. Das qualitative Wachstum der größeren Unternehmen und der einzelnen Wirtschaftsbereiche muss ebenso erhöht werden. Enge Zulieferbeziehungen zwischen gro- ßen und kleineren Unternehmen bilden wichtige Wertschöpfungsketten innerhalb des Landes. Mecklenburg-Vorpommern braucht eine moderne, international wettbewerbsfähige und klimafreundliche Industrie zur Zukunftssicherung und zur Sicherung von Wertschöpfung und attraktiven Arbeitsplätzen mit einer nachhaltigen Erhöhung der Industriedichte. Mecklenburg-Vorpommern braucht qualitatives Wachstum in allen Wirtschaftsbereichen. Produktivitätszuwächse sowie überregional wettbewerbsfähige Arbeitsbedingungen sind die einander bedingenden Säulen des qualitativen Wachstums. Trotz guter Fortschritte besteht noch Nachholbedarf beim Aufbau der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und beim Entgeltniveau. Dabei haben die Unternehmen und das Land die Transformations- herausforderungen der Globalisierung, der Digitalisierung, der Dekarbonisierung, der Demografie, der Fachkräftesicherung und der Krisenbewältigung einschließlich der Corona-Langzeitfolgen zu bewältigen und die sich daraus ergebenen Chancen zu nutzen. In diesem Sinne sind die Weichen für eine moderne Industriepolitik im Land zu stellen. Das Industriepolitische Konzept konkretisiert dies im Folgenden in zehn Handlungsfeldern mit zielführenden Handlungsempfehlungen. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig beim Industriekongress der Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern in Mecklenburg-Vorpommern im September 2020 in Ludwigslust Foto: IHK Schwerin

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 32 33 Industrielle Basis sichern und ausbauen Die industrielle Basis des Landes ist durch Modernisierungen, Erweiterungen, Ansiedlungen und innovativen Neugründungen von Unternehmen sowie den Erhalt und die Stärkung der bestehenden und der Förderung von neuen industriellen Kernen des Landes zu sichern und zu einer höheren Industriedichte auszubauen. Die Prinzipien der Nachhaltigkeitsökonomie werden schrittweise, volks- und betriebswirtschaftlich zum Handlungsrahmen für Investitionen und Förderentscheidungen. Sie befördern im Ergebnis den Schutz des Klimas sowie die Regeneration der natürlichen Ressourcen, die Steigerung der Wertschöpfung im Land und setzen somit wichtige Anreize für Innovationen, Produktivität und zukunftsfähige Arbeitsplätze einer leistungsfähigen Industrie. Neben großen und international bekannten Unternehmen finden mittelständische Unternehmen, insbesondere in den für das Land typischen Industriebereichen wie der maritimen Wirtschaft und der Zulieferindustrie (Maritim, Automotive, Luftfahrt, u.a.), dem Maschinenbau und der Ernährungs- und Holzindustrie sowie der Medizintechnik und Energiewirtschaft, im Land überwiegend gute Voraussetzungen vor. Das Angebot an Industrieflächen, die Investitions- und Bestandsbetreuung, die bestehenden und neuen Netzwerke und Kooperationen sowie das Standort- und Fachkräftemarketing sind zielgerichtet weiter zu entwickeln, ebenso der Ausbau der digitalen und Verkehrsinfrastruktur und die Effizienz der öffentlichen Verwaltung. Die Widerstandsfähigkeit der Unternehmen gegenüber externen Schocks ist zu erhöhen, insbesondere ihre finanzielle Resilienz, um weiterhin Investitionen, Innovationen, Digitalisierung und damit zukünftige Wettbewerbsfähigkeit zu ermöglichen. Foto: IHK Schwerin, Dr.-Oetker-Werke Wittenburg 1 Handlungsfelder und Handlungsempfehlungen A Weiterer Ausbau und verstärkte Potenzialnutzung der industriellen Kerne für Ansiedlungen und Wachstum. B Weitere Anstrengungen zur Ansiedlung forschungsintensiver Unternehmen verbunden mit der Ansiedlung von Firmenzentralen. C Fortsetzung der bedarfsgerechten Erschließung, des Ausbaus und der Revitalisierung von Industrie- und Gewerbegebieten einschließlich Großgewerbegebieten. Dabei darauf hinwirken, dass soweit möglich größere zusammenhängende Flächen verfügbar bleiben. D Förderung der Errichtung, Modernisierung und des Ausbaus von Verkehrsanlagen zur Anbindung von Gewerbegebieten und -betrieben sowie von Wasserversorgungsleitungen und -verteilungsanlagen, Abwasser- und Energieleitungen sowie leistungsfähiger Breitbandnetze. E Absicherung der Nutzbarkeit von Übersee- und Binnenhäfen. F Prüfung und Umsetzung von Möglichkeiten für Güterverkehrszentren mit trimodaler Anbindung (Straße/Schiene/Wasser). G Vermeidung bzw. Lösung von Konflikten zwischen Industrie, Wohnbebauung und Umweltschutzbelangen. H Etablierung „grüner Produktion“ in „Grünen Industrie- und Gewerbegebieten“ als Markenzeichen einer nachhaltigen Industriepolitik. I Entwicklung und Ausweisung „Grüner Gewerbegebiete“ voranbringen und Ausbau des Landesdialoges „Grüne Gewerbegebiete in MV“. J Einsatz für eine erleichterte Zulassung der Eigenproduktion grüner Energie in den Gewerbegebieten und im näheren Umfeld. K Infrastrukturelle Direktanbindung der Gewerbegebiete an Wind- oder Solarparks. L Unterstützung der Landeswirtschaftsfördergesellschaft Invest in MV bei der Vermarktung von „Grünen Gewerbegebieten“. M Langfristige Finanzierung des Standortes Greifswald der Invest in MV zur weiteren Verstetigung der Investorenbetreuung im östlichen Landesteil. N Privilegierte Förderung der Themen Umweltschutz, Nachhaltigkeit, CO-2-freie Produktion, grüne Produktion und erneuerbare Energien bei der Ansiedlung, Neugründung und des Wachstums von Unternehmen. O Förderung und Begleitung von Unternehmensnachfolgen einschließ- lich der Nachfolgezentrale M-V. P Sicherung von Finanzierungen insbesondere im Großanlagen- und Schiffbau. Q Begleitung und Unterstützung der Zulieferindustrien bei den notwendigen Transformationsprozessen, der qualitativen Weiterentwicklung, Produktdiversifikation und Ausrichtung auf innovative und klimafreundliche Produkte. R Zügige Umsetzung öffentlicher Beschaffungsvorhaben und Ausschöpfung bestehender vergaberechtlicher Rahmenbedingungen mit stärkerer Berücksichtigung regionaler Wertschöpfungspotenziale. S Bei öffentlichen Vergabeverfahren Entscheidungskriterien zu Grunde legen, die neben dem Preis auch technisches Konzept, Referenzen sowie Wertschöpfungsanteile stärker berücksichtigen.

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 34 35 Wertschöpfungsketten ausbauen, Kooperationen festigen, Resilienz erhöhen Die Corona-Krise hat Risiken der Globalisierung spürbar aufgezeigt, u. a. die Schwachstellen einiger überregionaler Lieferketten. Eine geografische Diversifizierung könnte künftigen Engpässen entgegenwirken. Gleichwohl würde ein Rückzug aus der internationalen Arbeitsteilung zu Kostensteigerungen sowie einem Verlust von Absatzmärkten führen und Wohlstandseinbußen bringen. Deshalb gilt es, die Chancen der Globalisierung weiter zu nutzen, Märkte offen zu halten und gleichzeitig deren Risiken zu verringern. Demnach sollte auch in Zukunft an dem multilateralen Ansatz im Rahmen der World Trade Organisation (WTO) festgehalten werden. Wertschöpfungsketten einschließlich der Rohstoffversorgung sind zu sichern, Kooperationen im europäischen Rahmen zu stärken und die Resilienz der Wirtschaft und der Unternehmen zu erhöhen. Starke Schwankungen in den internationalen Märkten könnten zunehmen, zum Beispiel ausgelöst durch Krisen aufgrund neuer Pandemien, weiterer Handelsstreitigkeiten oder politischer Krisen mit folgenreichen Sanktionsmaßnahmen. Die Industrie in Mecklenburg-Vorpommern muss darauf mit zuverlässigen Risikoanalysen und Krisenmanagementstrategien vorbereitet sein. Ein Handlungsfeld hierfür ist eine grüne, wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft. Sie generiert neue Geschäftsmodelle und innovative Wege, die die Erreichung der Klimaziele und die Sicherung bzw. den Aufbau von Beschäftigung unterstützen. Insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen Foto: Ostseestaal GmbH & Co. KG 2 Handlungsfelder und Handlungsempfehlungen A Nachhaltige Stärkung der vorhandenen Wertschöpfungs- und Lieferketten und Ausbau dieser durch Akquisition und Unterstützung industrieller Investitionsvorhaben mit Potenzial zur Verlängerung und Aufwertung von Wertschöpfungsketten. B Weiterer Ausbau internationaler Logistikdrehscheiben und effizienter Anbindungen an weltweite Exportmärkte als wichtiger Bestandteil moderner Wertschöpfungsketten. C Stärkung der Innovationskraft und internationalen Wettbewerbsfähigkeit der maritimen Akteure aus M-V durch weitere länderübergreifende Kooperation im Maritimen Cluster Norddeutschland (MCN). D Vermeidung und Minderung von durch den Klimawandel - insbesondere von Extremwetterereignissen - bedingten Schäden an Standorten und Infrastrukturen durch entsprechende Präventionsmaßnahmen. E Unterstützung bei der Entwicklung und dem Einsatz zuverlässiger Konzepte zur Risikoanalyse und zum Krisenmanagement. F Weitere Unterstützung von Kooperationsverbünden und marktorientierten Netzwerken zwischen Unternehmen und wirtschaftsnahen Einrichtungen sowie Stärkung der Zusammenarbeit von Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft insbesondere auch im Bereich der grünen Wasserstofftechnologie. GFörderung überregionaler Kooperationen, insbesondere in Norddeutschland, mit den Metropol- regionen Hamburg und Stettin und im Ostseeraum. H Unterstützung von KMU bei Forschung, Entwicklung und Gestaltung der Geschäftsprozesse im Bereich der Digitalisierung, Kreislaufwirtschaft und Ressourcennutzung. I Ausbau von Kooperationen und Wertschöpfungsketten durch Steigerung der Bekanntheit der im Land vorhandenen Unternehmen und Forschungskapazitäten. und ihre Beschäftigten benötigen Unterstützung bei der Erforschung und Entwicklung, der effizienten produktiven Nutzung ihrer Ressourcen, der Gestaltung ihrer Geschäftsabläufe und der Umsetzung von Lösungsansätzen für die Kreislaufwirtschaft. Die Zusammenarbeit und Kooperation der norddeutschen Länder, sowohl untereinander als auch in und mit den umgebenden Metropolregionen und im Ostseeraum stärken die industrielle Entwicklung im Land. Gemeinsame Standortvorteile, Interessen und Projekte zum Beispiel in der maritimen Industrie, Gesundheitswirtschaft, Energiewirtschaft, Ernährungs-, Automobil- und Luftfahrtindustrie erhöhen die Schlagkraft von Unternehmen im nationalen und internationalen Wettbewerb. Zusammenarbeit, gegenseitiger Erfahrungsaustausch und Best-Practice sind für den künftigen Erfolg der regionalen Industrie essentiell: Die Förderung von Netzwerkstrukturen in den Industriebranchen, zwischen den Branchen und von Industrie und Wissenschaft ist von hohem volkswirtschaftlichem Nutzen und wird fortgesetzt. Kooperationsverbünde und Industrienetzwerke werden künftig noch wichtigere Akteure bei der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit und Entwicklung innovativer Produkte und Verfahren. Die Industrie in Mecklenburg-Vorpommern befindet sich in einem weltweiten Wettbewerb mit Wirtschaftsregionen, die von Europa stark abweichende Standortfaktoren aufweisen. Moderne Technologien und Arbeitsformen müssen deshalb nicht nur Innovationen und Qualität, sondern auch höchste Kosteneffizienz sichern.

Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept Industrieland Mecklenburg-Vorpommern 2030 | Industriepolitisches Konzept 36 37 Wertschöpfungspotenziale der Erneuerbaren Energien ausschöpfen Eine nachhaltige Energiewende birgt für MecklenburgVorpommern ein riesiges Wertschöpfungspotenzial auf allen Wertschöpfungsebenen. Die steigenden Energiekosten erfordern ein Umdenken in der kostentreibenden Regulatorik, aber auch in dem Erkennen und dem Umsetzen von Projekten zur Erschließung eigener Wertschöpfungspotenziale. Strom aus Erneuerbaren Energien bildet die Grundlage vieler innovativer Technologien, die der Gestaltung einer klimaneutralen Industrie dienen. Sie ersetzen konventionelle Verfahren, die auf dem Einsatz fossiler Energieträger beruhen. Um die nationalen und internationalen Klimaschutzziele zu erreichen, müssen die Treibhausgasemissionen reduziert werden. Dafür müssen ausreichende Mengen regenerativen Stroms zur Verfügung stehen. Um Erneuerbare Energien auch für den Verkehrs- und Wärmesektor zuverlässig und in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen, bedarf es eines weiteren qualitativen Ausbaus der erneuerbaren Energieerzeugung. Gleichzeitig braucht das Verarbeitende Gewerbe wettbewerbsfähige Strom- bzw. Energiepreise und die Gewähr einer stabilen Versorgungssicherheit. Dies ist ein zentrales Kriterium für eine erfolgreiche Industrieansiedlung im Land. Daher gilt es, im Rahmen der nationalen und der norddeutschen Wasserstoffstrategien, den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien zu forcieren und den Vorsprung des Landes bei der Erzeugung Erneuerbarer Energie für die Erhöhung von regionaler indus- trieller Wertschöpfung aktiv zu nutzen und auszubauen. Zudem sind alle erneuerbaren Energieträger gezielt miteinander zu verknüpfen. Dafür bedarf es auch der Sicherung und des gezielten Ausbaus vorhandener Energieinfrastruktur. Auch der Zukunftsrat MV empfiehlt die Wertschöpfungspotenziale der Erneuerbaren Energien zu nutzen: „Durch den Dreiklang aus Forschung – Technologie – Gründertum werden die Grundlagen für ein vernetztes Innovationssystem und dynamische, kooperative Wirtschaftsstrukturen gelegt.“ Solarpark Gewerbegebiet Lübesse Foto: Rainer Cordes 3 Handlungsfelder und Handlungsempfehlungen A Verbesserung der Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien einschließlich der Schaffung der Rahmenbedingungen für wettbewerbsfähige Energiepreise am Standort der Entstehung. B Stärkung der Kompetenzen für Erneuerbare Energien im Land einschließlich des Bau- und Sanierungsbereiches. C In der Landes- und Regionalplanung Rahmenbedingungen für die Festlegung von Flächen für regenerative Energien an aktuelle Herausforderungen anpassen. D Ausbau von Photovoltaik (PV)- Bereichen auch in der Fläche. E Zügige und rechtssichere Ausweisung von Windenergie- nutzungsflächen. F Stärkere Beteiligung von Bürgern und Kommunen an Erträgen aus Windparkprojekten. G Prüfung, ob und wie bestehende Kraftwerksstandorte mit ihrer bestehenden Netzanbindung auch als Standorte für Elektrolyseure bzw. als Erzeuger von gespeicherter erneuerbarer Energie zentral und dezentral dienen können. H Unterstützung von Forschung, Entwicklung und Umsetzung von Pilotprojekten zur wettbewerbsfähigen Energieversorgung durch erneuerbare und grüne Energieträger. I Förderung, Ausbau und verstärkte Nutzung der Sektorenkopplung in allen technologischen Segmenten. Neben den Speichertechnologien zählt dazu auch die direkte Nutzung des Stroms aus erneuerbaren Quellen für den Wärme- und Kältemarkt über zum Beispiel effektive Wärmepumpentechnologien und Power-to-Heat-Anlagen. J Umsetzung der norddeutschen Wasserstoffstrategie im Land und Mitarbeit in der Norddeutschen Koordinierungsgruppe. K Einsetzen für verbesserte wirtschaftliche und regulatorische Rahmenbedingungen für die Wasserstofftechnologie auch im Verbund mit den norddeutschen Bundesländern, wie für eine Ausnahme von der EEG-Umlage bei Anlagen zur (Wasserstoff)Erzeugung und Speicherung von Strom aus erneuerbaren Quellen. L Berücksichtigung erneuerbarer Wärmevorhaben in der Raumordnung, Einführung einer kommunalen Wärmeplanung und von individuellen Sanierungsfahrplänen. M Errichtung einer marktorientierten Forschungsfabrik zur Generierung von grünem Wasserstoff sowie Energiewandlung und Energiespeicherung. N Förderung der Errichtung von Anlagen zur dezentralen Herstellung von grünem Wasserstoff und zu seiner Wandlung und Speicherung in alternativen Energieträgern. O Gleichstellung der Stromerzeugung aus Abwärme und geothermischer Wärme mittels ORC-Anlagen mit der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien sowie Befreiung von Strompreisumlagen. P Bündelung der WasserstoffWertschöpfungskette an konzen- trierten Standorten (Wasserstoff-Hubs) entlang der Haupt- infrastrukturachsen für den Beginn der Markthochlaufphase. Q Einrichtung einer landesweit tätigen Wasserstoff-Transferstelle, welche die wirtschaftliche Anwendung von Wasserstoff als Energiespeicher und verbindendes Element der Sektorenkopplung befördert (Strom, Wärme, Mobili- tät), hierfür Kooperation und Vernetzung von Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Verwaltung.

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