Wirtschaftspolitische Positionen 2020/2021

83 83 WIRTSCHAFTSPOLITISCHE POSITIONEN 2020/2021 DER INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER ZU SCHWERIN 100 FORDERUNGEN

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1 Lassen Sie uns Klartext reden! Die wirtschaftliche Widerstandskraft unseres Bundeslandes steht aktuell auf dem Prüfstand und die Wirtschaft in den nächsten Jahren vor einem weiteren gewaltigen Umbruch. Die Corona-Krise hat nicht nur unser Zusammenleben in seinen Grundfesten erschüttert, auch der jahrelange Aufschwung in Mecklenburg-Vorpommern wurde abrupt gehemmt. Abstand halten, Kontakte einschränken und die Unsicherheit, wie es weitergehen wird, haben die Gemüter seitdem stark beansprucht. In ganzen Branchen änderte sich von heute auf morgen Vieles. Die Auswirkungen sind und werden weithin spürbar sein. Die Ereignisse haben Versäumnisse und Schwächen schonungslos offengelegt. In der Digitalisierung zum Beispiel war mehr Anspruch als Wirklichkeit zu finden. Deutschland, das Land der Ingenieure, hat den digitalen Wandel in vielen Bereichen verschlafen. Die Pandemie setzt auch bei bisher erfolgreichen Geschäftsmodellen ein großes Fragezeichen vor deren Zukunft. Die Transformation der Wirtschaft hin zu Digitalisierung, Automatisierung und Nachhaltigkeit wird nun beschleunigt. Strukturelle Veränderungen traditionsreicher Branchen brechen hervor und zwingen zum aktiven Handeln. Doch Hoffnungslosigkeit liegt dem schaffenden Unternehmergeist fern. Unternehmerinnen und Unternehmer suchen nach Lösungen für die bestehenden Herausforderungen und wollen Entscheidungen zügig umsetzen. Es gehört zum Selbstverständnis des unternehmerischen Handelns, die Ärmel hochzukrempeln und anzupacken. Diese Krise, die wir als Gemeinschaft bisher sehr gut gemeistert haben, hat uns gezeigt, was alles möglich ist, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Das ist auch un-sere Erwartung für die kommende Legislaturperiode 2021-2026 in Mecklenburg-Vorpommern. Wir wollen gemeinsam mit den politischen Entscheidungsträgern unser Land voranbringen – im Austausch und auf Augenhöhe. #GEMEINSAM KRISEN MEISTERN VERANTWORTUNGSBEWUSST NACHHALTIG HANDELN FÜR EINE WIDERSTANDSFÄHIGE UND AUF DIE ZUKUNFT AUSGERICHTETE WIRTSCHAFT Denn wir erleben einen Wandel, bei dem besonders die kleinen und mittleren Unternehmen pragmatische Rahmenbedingungen benötigen, um erfolgreich sein zu können. Der Maßstab für die Wettbewerbsfähigkeit ist längst nicht mehr national, sondern international definiert. Neben einem wettbewerbsfähigen, verlässlichen Strom oder dem nachhaltigen Umgang mit Wasser, gehören heute eine leistungsfähige Breitbandversorgung und ein lückenloses Mobilfunknetz einfach zum Standard. Lassen Sie uns die laufenden Entwicklungen, wie die digitalisierte Schule und E-Mobilität, schnellstmöglich adaptieren und die kommenden Trends, wie künstliche Intelligenz und Quantencomputing, frühzeitig aufgreifen. Fiktion ist das alles nicht. Andere Regionen in der Welt sind uns zum Teil um Jahre voraus! MV muss handeln! Wir können nicht in allem Spitze sein, aber wir müssen es dort sein, wo wir unsere Stärken haben. Im norddeutschen Verbund zur weltweit führenden Region bei grünem Wasserstoff zu gehören, sollte unser Selbstverständnis prägen. Teamwork ist in Unternehmen ein Schlüssel zum Erfolg. In der Politik und Verwaltung sollte es genauso sein, um die Zusammenarbeit mit Partnern und Nachbarn aktiv zu suchen. Wir freuen uns darauf, eine innovative Wirtschafts- und Bildungspolitik mit den politischen Entscheidungsträgern und Fach- experten in den nächsten Jahren gemeinsam voranzutreiben. Matthias Belke Präsident

2 2 WIRTSCHAFTSPOLITISCHE POSITIONEN 2020/2021 DER INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER ZU SCHWERIN 100 FORDERUNGEN Vorwort.................................................................................................................................................................................................................................................. . . . . . . 7 01. Verantwortungsbewusst handeln ...............................................................................................................................................................................................8 02. Unternehmerische Freiheit und soziale Marktwirtschaft erhalten...............................................................................................................................8 03. Wertschätzung und Akzeptanz für die Wirtschaft verbessern......................................................................................................................................9 04. Dialog zwischen Wirtschaft und Politik auf Augenhöhe weiterentwickeln.............................................................................................................9 05. Chancen aus der COVID-19-Pandemie entwickeln .............................................................................................................................................................9 06. Steuergerechtigkeit gewährleisten ...........................................................................................................................................................................................12 07. Wirtschaftliche Betätigung von Kommunen begrenzen und hohe Transparenz gewährleisten ....................................................................12 08. Hochwertige Entwicklungsflächen für die Wirtschaft frühzeitig erschließen.......................................................................................................12 09. Wertschöpfungsketten aktiv und ergänzend ausbauen .................................................................................................................................................12 10. Verwaltungsverfahren beschleunigen .....................................................................................................................................................................................13 11. Demografische Entwicklung aktiv als Chance aufgreifen, die Regionalentwicklung in der Fläche attraktiv zu gestalten ..................13 12. Wohnen, Arbeiten, Leben ganzheitlich denken und weiterentwickeln .......................................................................................................................13 13. Attraktive Möglichkeiten für Azubis und Studierende schaffen ..................................................................................................................................14 14. Image überregional erweitern: Land zum Leben und Arbeiten! ....................................................................................................................................14 15. Lebendige Zentren fördern ...........................................................................................................................................................................................................14 16. Enge Zusammenarbeit zwischen städtischen und ländlichen Räumen forcieren.................................................................................................14 17. Eigenverantwortung und Chancengleichheit fördern .......................................................................................................................................................18 18. Eine konsequente, qualitätsorientierte Bildungspolitik umsetzen – ein Leben lang ............................................................................................18 19. Allgemeinbildende Schulen stärken ..........................................................................................................................................................................................18 20. Situation in Berufsschulen verbessern ...................................................................................................................................................................................18 21. Partnerschaft Schulen und Unternehmen intensivieren .................................................................................................................................................18 22. Azubi-Marketing konsequent weiterentwickeln .................................................................................................................................................................19 23. Schülerfirmen wieder mehr Gewicht geben .........................................................................................................................................................................19 24. Reibungslose Übergänge schaffen ...........................................................................................................................................................................................19 REGION AKTIV GESTALTEN I 11 Für eine aktive Regional- und Landesentwicklung, die die hohe Lebensqualität Westmecklenburgs über die Grenzen hinaus vermarktet WESTMECKLENBURG – ZUKUNFT GEMEINSAM GESTALTEN I 8 JUNGE MENSCHEN BEFÄHIGEN I 17 Für eine konsequent qualitätsorientierte Bildungs- und Weiterbildungspolitik als Bestandteil der Fachkräftesicherung

3 3 25. Rahmenbedingungen für zeitgemäßes Arbeiten schaffen, nicht neue Rechtsansprüche ...............................................................................22 26. Arbeitsmarkt flexibel gestalten.................................................................................................................................................................................................22 27. Öffentliche Unterstützung zur Fachkräftesicherung beibehalten und weiterentwickeln.................................................................................22 28. Fachkräfte willkommen heißen .................................................................................................................................................................................................22 29. Welcome-Center stärken .............................................................................................................................................................................................................22 30. Fachkräfte- und Standortmarketing abgestimmt ausbauen........................................................................................................................................23 31. Attraktive Infrastruktur für Fachkräfte anbieten...............................................................................................................................................................23 32. Studienangebote ausweiten .......................................................................................................................................................................................................23 33. Staatliche Hochschulstrukturen ausbauen, private Hochschulen stärker nutzen...............................................................................................23 34. Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention zusammen mit der Wirtschaft forcieren ..................................................................24 35. Wirtschaftliche Evolution aktiv gestalten ............................................................................................................................................................................28 36. Unternehmergeist fördern ..........................................................................................................................................................................................................28 37. Themen von morgen heute anpacken – offen und ohne politische Vorgaben .....................................................................................................28 38. Kompetenzen für Schlüsseltechnologien in der Region weiterentwickeln.............................................................................................................29 39. „Triple Helix +“ für eine wissenschaftsbasierte Wirtschaft schaffen........................................................................................................................29 40. Innovations- und Bildungsstandort Westmecklenburg weiterentwickeln .............................................................................................................29 41. Glasfasernetz schnellstmöglich ausbauen............................................................................................................................................................................30 42. Lücken im LTE-Netz zügig vollständig schließen ...............................................................................................................................................................30 43. 5G-Ausbau nicht verpassen .......................................................................................................................................................................................................30 44. Praktikable, bedarfsgerechte öffentliche finanzielle Unterstützungsformen ausbauen ..................................................................................34 45. Zugang zu privaten Entwicklungsfinanzierungen verbessern .....................................................................................................................................34 46. Unterstützung für Neugründungen in der Frühphase gewährleisten ......................................................................................................................34 47. Wachstumsfinanzierung für Gründer und junge Unternehmen forcieren..............................................................................................................34 48. Nachfolge erleichtern....................................................................................................................................................................................................................34 49. Kleinstunternehmer unterstützen............................................................................................................................................................................................35 FACHKRÄFTE-INFRASTRUKTUR AUSBAUEN I 21 Für eine Fortentwicklung der gesamten Region als attraktiver Arbeits- und Lebensmittelpunkt INNOVATIONSVORSPRÜNGE ERZEUGEN I 27 Für technologieoffene Fördermöglichkeiten, praxistaugliche und effiziente Verfahren, einen Ausbau der Bildungs- und Forschungslandschaft sowie grenzüberschreitende Kooperationen FINANZIERUNG ZUKUNFTSWEISEND AUSSTATTEN I 33 Für solide und nachhaltige Finanzierungsbegleitung von Unternehmen

4 4 50. Partnerschaftliche Lösungen für nachhaltige Technologien fördern .......................................................................................................................38 51. Gezielte Forschung und Entwicklung ausbauen, technischen Fortschritt als wesentlichen Bestandteil einer aktiven Umwelt- und Klimapolitik begreifen.................................................................................................................................................38 52. Smarte Lösungen für die Energieinfrastruktur........................................................................................................................................................38 53. Führungsrolle beim Wasserstoff einnehmen ......................................................................................................................................................................38 54. Erneuerbare Energien und KWK stärken ...............................................................................................................................................................................39 55. Wettbewerbsfähige Strompreise..............................................................................................................................................................................................39 56. Faire Verteilung Netzausbaukosten ........................................................................................................................................................................................39 57. Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft: Akzeptanz für Sekundärrohstoffe erhöhen, öffentliche Hand mit Vorbildfunktion.....................................................................................................................................................................................4 0 58. Umgang mit Wasser als wertvolle Ressource stärken ....................................................................................................................................................40 59. Leistungsfähige Verkehrsnetze strategisch weiterentwickeln ......................................................................................................................................44 60. Verwaltungs-Verfahren verbessern .........................................................................................................................................................................................44 61. Verkehrsgebundene Verwendung der Regionalisierungsmittel ....................................................................................................................................44 62. Innovationen und Technologien gleiche Chancen einräumen......................................................................................................................................44 63. Digitalisierung als Chance nutzen ............................................................................................................................................................................................45 64. ÖPNV optimieren, Tarifverbund Westmecklenburg umsetzen......................................................................................................................................45 65. Anschluss an benachbarte Verkehrsverbünde schaffen .................................................................................................................................................45 66. Auf Fertigstellung länderübergreifender Projekte hinwirken .......................................................................................................................................46 67. Erreichbarkeit der Zentren sichern ...........................................................................................................................................................................................46 68. Modernisierung von Fuhrparks mit finanziellen Investitionsanreizen unterstützen ..........................................................................................47 69. In großen Verflechtungs- und Wirtschaftsräumen denken .........................................................................................................................................50 70. Norddeutsche Kooperation weiter ausbauen......................................................................................................................................................................50 71. Gemeinsam Innovationen fördern ...........................................................................................................................................................................................50 72. Cluster überregional stärken ......................................................................................................................................................................................................50 73. Kooperationen der Baltic Region ausbauen.................................................................................................................................................................... . . . . .51 74. Vergleichbare Bildungsabschlüsse umsetzen .......................................................................................................................................................................51 75. Integrierte, innovative Wertschöpfungsketten entwickeln ............................................................................................................................................51 RESSOURCENSTÄRKE ENTFALTEN I 37 Für einen Klima- und Umweltschutz mit der mecklenburgischen Wirtschaft, Weltmarktführerschaft in Erneuerbaren Energien und einer langfristig dekabonisierten Wirtschaftsweise MOBILITÄT WEITERENTWICKELN I 43 Für leistungsfähige Verkehrsnetze, innovative Mobilitätskonzepte und kundenorientierte Mobilitätsangebote KOOPERATIONEN LEBEN I 49 Für überregionale Partnerschaften, die engagiert begleitet werden

5 5 76. Erschließung und Pflege der internationalen Märkte begleiten..................................................................................................................................54 77. Zugang zu internationalen Märkten wiederherstellen und verstärken ....................................................................................................................54 78. Politische Flankierung dort, wo es nötig ist.................................................................................................................................................................... . . . . 5 4 79. Flankierende Förderungen ermöglichen ................................................................................................................................................................................55 80. Bürokratie konsequent abbauen ..............................................................................................................................................................................................58 81. Landeseigene Förderprogramme vereinfachen ..................................................................................................................................................................58 82. Digitale Verwaltung mit medienbruchfreien Prozessen ausbauen ............................................................................................................................58 83. Zu lange Genehmigungsverfahren und Bearbeitungsprozesse dürfen Infrastrukturprojekte nicht ausbremsen.................................58 84. Bürokratiearme kommunale Gewinnsteuer einführen ....................................................................................................................................................59 85. Finanzausgleich fair gestalten ..................................................................................................................................................................................................59 86. KMU bei ihren weiteren Herausforderungen im Außenhandel begleiten ...............................................................................................................62 87. Arbeitsmarkt effizient gestalten...............................................................................................................................................................................................62 88. Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung................................................................................................................................................62 89. SprinD weiter ausbauen und bekannter machen, Reform zum Beihilferecht anstoßen ....................................................................................62 90. Bürokratieabbau auch auf Bundesebene endlich umsetzen .........................................................................................................................................63 91. Steuerbelastungen wirksam reduzieren .................................................................................................................................................................................63 92. Modernes Steuerrecht schaffen ................................................................................................................................................................................................63 93. Umsatzsteuervoranmeldung bei Existenzgründern..........................................................................................................................................................63 94. Freien auf einheitlichen Regeln basierenden Handel stärken ......................................................................................................................................66 95. Vollendung des EU-Binnenmarktes vorantreiben..................................................................................................................................................66 96. Harmonisierungen im Umsatzsteuerbereich umsetzen .................................................................................................................................................66 97. Europäischen Energiebinnenmarkt weiterentwickeln ......................................................................................................................................................66 98. Harmonisierung der EU-CO2-Bepreisung vorantreiben..................................................................................................................................................66 99. Emissionshandel weltweit ausbauen.......................................................................................................................................................................................67 100. Rechtliche Rahmenbedingungen und ethische Standards für neue Technologien setzen.............................................................................67 VERWALTUNG ZUKUNFTSFÄHIG ORGANISIEREN I 57 Für eine leistungsfähige, bedarfsgerechte und effiziente Verwaltung, die digital breit aufgestellt ist und effektive Programme und Förderungen durchführt SICH IM BUND EINBRINGEN I 61 Für ein selbstbewusstes Mecklenburg-Vorpommern im föderalen Geflecht EUROPÄISCHE UNION WEITERDENKEN I 65 Für eine in Vielfalt geeinte, sichtbare europäische Region Mecklenburg-Vorpommern INTERNATIONAL FAIR HANDELN I 53 Für faire Regeln für einen freien Handel und eine bessere Unterstützung von KMU

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8 8 WESTMECKLENBURG – ZUKUNFT GEMEINSAM GESTALTEN DIE 100 FORDERUNGEN DER WIRTSCHAFT WESTMECKLENBURGS IM ÜBERBLICK Die Unternehmerinnen und Unternehmer Westmecklenburgs bekennen sich zu ihrer wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Verantwortung für die Region. Die Unternehmen in Westmecklenburg wirken damit nach dem Leitbild der Ehrbaren Kaufleute. Dieses Leitbild hat für die Unternehmen Westmecklenburgs einen hohen Stellenwert und bildet für sie den Rahmen ihres wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Engagements. Die freie und soziale Marktwirtschaft ist das Fundament für die deutsche Wettbewerbsfähigkeit und den weltweiten Erfolg Deutschlands und seiner Unternehmen. Sie ist der Garant für den gemeinsamen Wohlstand. Ein wesentlicher Bestandteil der freien und sozialen Marktwirtschaft ist die unternehmerische Freiheit. Diese Freiheit innerhalb eines effizienten Rahmenwerkes ermöglicht ein selbstgestaltbares und verantwortungsbewusstes unternehmerisches Handeln, das gleichzeitig innovative Ideen und kreative Lösungen fördert. In einer globalisierten Welt werden diese Aspekte z. B. im internationalen Handel immer wichtiger. Die freie und soziale Marktwirtschaft ist der zentrale Standortvorteil und muss konsequent geschützt und weiterentwickelt werden. 01. VERANTWORTUNGS- BEWUSST HANDELN 02. UNTERNEHMERISCHE FREIHEIT UND SOZIALE MARKTWIRTSCHAFT ERHALTEN I Westmecklenburg – Zukunft gemeinsam gestalten

9 9 Die regionalen Unternehmen sind eng mit Westmecklenburg verbunden. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil der Gesellschaft. Sie bieten Perspektiven für die hier lebenden und arbeitenden Menschen, für Pendler sowie für potenzielle Neubürger. Die Unternehmen sind auch über ihren unternehmerischen Kern hinaus für Westmecklenburg engagiert. Besonders in den ländlichen Räumen nehmen Unternehmen Funktionen für die Gesellschaft ein, die über die Produktion von Waren und Dienstleistungen weit hinausgehen. Die Wirtschaft erwartet daher eine Wertschätzung auf Augenhöhe. Den Unternehmen sollte durch Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit vorurteilsfrei begegnet werden. Für einen sachlichen Austausch steht die Wirtschaft allen gesellschaftlichen Akteuren zur Verfügung. 03. WERTSCHÄTZUNG UND AKZEPTANZ FÜR DIE WIRTSCHAFT VERBESSERN Die COVID-19-Pandemie hat vermeidbare Schwächen aufgezeigt. Sie hat aber auch gezeigt, welche hohen Leistungspotenziale in Wirtschaft, Politik, Verwaltung bzw. in der Gesellschaft in Gänze stecken. Agile, effiziente Organisationsstrukturen, die transparent, vertrauensvoll und dialogorientiert agieren, sind in Kombination mit einem verlässlichen und belastbaren institutionellen Rahmenwerk ein Standortfaktor und Wettbewerbsvorteil. Für die Zukunft sollte auf die offengelegten Schwächen reagiert werden. Als unmittelbare Reaktion muss z. B. die Versorgungssicherheit mit systemrelevanten Verbrauchsmaterialien sichergestellt werden. Eng verbunden ist damit die Sicherstellung von Produktionskapazitäten für diese Güter bzw. ein gesicherter Zugriff hierauf beispielsweise durch Kooperationen auf Bundesebene oder innerhalb der Europäischen Union. Hier besteht auch für die Gesundheitswirtschaft die Chance, bei der Neuausrichtung von Produktions- und Organisationsprozessen von Unternehmen als wettbewerbsfähiger Standort zu punkten und weitere Unternehmen anzusiedeln. Des Weiteren muss das digitale Ökosystem – zu dem z. B. die Infrastruktur mit Breitband und Mobilfunk, die digitale Ausstattung von Lehreinrichtungen oder die digitale Kompetenz gehören – im Bundesland ausgebaut und erhalten werden. Die Wirtschaft steht der Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit als sachorientierte und fachlich versierte Ansprechpartnerin zu allen die Unternehmen betreffenden Themen vertrauensvoll zur Seite. Der Austausch der Meinungen und Erwartungen – vorurteilsfrei auf Augenhöhe – ist selbstverständlich. Frühzeitig eingebunden, können so bedarfsgerechte und praxistaugliche Lösungen sichergestellt werden. Die IHK zu Schwerin bündelt das Gesamtinteresse der regionalen Wirtschaft und fungiert als erste Ansprechpartnerin. Für den Dialog, der kontinuierlich geführt und gefördert werden soll, wird die IHK regelmäßig zu geeigneten Foren, Beratungen, Anhörungen und Gelegenheiten zur Stellungnahme eingeladen. 05. CHANCEN AUS DER COVID-19-PANDEMIE ENTWICKELN 04. DIALOG ZWISCHEN WIRTSCHAFT UND POLITIK AUF AUGENHÖHE WEITERENTWICKELN Westmecklenburg – Zukunft gemeinsam gestalten I

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11 11 REGION AKTIV GESTALTEN FÜR EINE AKTIVE REGIONAL- UND LANDESENTWICKLUNG, DIE DIE HOHE LEBENSQUALITÄT WESTMECKLENBURGS ÜBER DIE GRENZEN HINAUS VERMARKTET „Unsere regional verankerten Unternehmen zahlen Steuern, schaffen Arbeitsplätze und engagieren sich für ihr Umfeld, ob als Sponsoren für Sportvereine oder andere gemeinnützige Zwecke. Auch für die wirtschaftliche Weiterentwicklung der Region setzen sich Unternehmerinnen und Unternehmer unentgeltlich mit ihrem Wissen und ihrer Zeit ein. Für dieses Engagement und den erheblichen Beitrag zum Wohlstand der Region sollte bei den Akteuren in Politik und Verwaltung eine Wertschätzung auf Augenhöhe selbstverständlich sein.“ Region aktiv gestalten I Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses Nordwestmecklenburg, Dr. Bernd-Dietmar Lepsow und Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses Ludwigslust-Parchim, Gerald Steinfatt

12 12 Die Belastungen haben nicht ab-, sondern zugenommen. Abgaben, Gebühren und Steuern belasten die regional verankerten Unternehmen, obwohl sie auch im nationalen wie internationalen Wettbewerb stehen. Die Wirtschaft steht zu ihrem gesellschaftlichen Beitrag für langfristig solide, öffentliche Haushalte. Im Sinne der Steuergerechtigkeit darf es jedoch nicht zu einer überproportionalen Belastung der regionalen Unternehmen kommen. Die Ausgestaltung von Abgaben und Steuern hat transparent, verständlich und übersichtlich in einer für die Wirtschaft tragbaren Höhe zu erfolgen. Ein verantwortungsbewusster Umgang der öffentlichen Hand mit den Finanzmitteln ist sicherzustellen. Von der Einführung zusätzlicher Abgaben und Steuern zu Lasten der hiesigen Unternehmen ist abzusehen. Wo Entwicklungsräume knapp werden, stehen wachsende Unternehmen und Investoren vor der Überprüfung ihrer Standort- und Investitionsentscheidung. Verfügbare und qualitativ hochwertig ausgestattete Flächen sind ein überzeugendes Argument bei der Erweiterung und Neuansiedlung von Unternehmen. Aspekte, wie die Verfügbarkeit von Breitband und Mobilfunk, die Anbindung an die überregionale Verkehrsinfrastruktur sowie an den öffentlichen Nahverkehr, Erneuerbare Energien und Wasserstoffversorgung sind grundlegende Voraussetzungen im nationalen wie internationalen Standortwettbewerb. Mit zunehmend digitalen Produktions- und Geschäftsprozessen, wie dem 3D-Druck und autonomen Fertigungen (Industrie 4.0), wird der Produktionsstandort Deutschland gestärkt, wenn die entsprechenden Verkehrs- und Digital-Infrastrukturen bereitstehen. Diese Flächen müssen frühzeitig für die Wirtschaft als Entwicklungsräume geschaffen und Bestandsflächen weiterentwickelt werden. 06. STEUERGERECHTIGKEIT GEWÄHRLEISTEN 08. HOCHWERTIGE ENTWICKLUNGSFLÄCHEN FÜR DIE WIRTSCHAFT FRÜHZEITIG ERSCHLIESSEN Private Unternehmen tragen das Risiko ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit und sind damit verantwortlich für ihr Handeln. Besonders das finanzielle Risiko fällt bei kommunaler Wirtschaftstätigkeit jedoch geringer aus. Das kann zu Marktverzerrungen führen, die einen erheblichen Wettbewerbsnachteil für die privaten Unternehmen mit sich bringen. Nur in Einzelfällen können – nach kritischer Prüfung gemeinsam mit der Wirtschaft – Ausnahmen erfolgen. Des Weiteren müssen gleiche Rahmenbedingungen gewährleistet sein. Unternehmungen in öffentlicher Trägerschaft oder mit Beteiligung sollten sich ihrer besonderen Verantwortung im Umgang mit öffentlichen Finanzmitteln bewusst sein und eine hohe Transparenz bei der Verwendung sicherstellen. Die regionale Wertschöpfung ist durch Erweiterung, Neugründungen und Ansiedlungen von Unternehmen strategisch und aktiv auszubauen. Besonders mit Blick auf die vorhandene Wirtschaftsstruktur sollten für Ergänzungen gezielt Anreize gesetzt werden. Das betrifft nicht nur die Aspekte vor- und nachgelagerter Produktionsprozesse, sondern auch Forschung und Entwicklung, Technologie, Bildung, Weiterbildung, Beschaffung, Logistik sowie auch hochwertige Industrie- und Dienstleistungsarbeitsplätze. Das Land sollte die wirtschaftliche Transformation in traditionellen Branchen aktiv gestalten. Das Land muss sich bei der Neuausrichtung von Lieferketten – bedingt durch geopolitische Spannung und der COVID-19-Pandemie – erfolgreich im Standortwettbewerb positionieren. 07. WIRTSCHAFTLICHE BETÄTIGUNG VON KOMMUNEN BEGRENZEN UND HOHE TRANSPARENZ GEWÄHRLEISTEN 09. WERTSCHÖPFUNGSKETTEN AKTIV UND ERGÄNZEND AUSBAUEN I Region aktiv gestalten

13 13 Planungs- und Baugenehmigungsverfahren sind rechtssicher und zügig durchzuführen. Der Einsatz von digitalen Lösungen in der Kommunikation mit den Kunden, z. B. bei der Beantragung, ist auszubauen und intuitiv zu gestalten. Fristen müssen eingehalten werden. Bei sich abzeichnenden Problemen ist mit den Unternehmen schnellstens in den Austausch zu treten, um gemeinsame Lösungen zu finden. Ressourcenmangel in den Behörden sollte durch gezielte Maßnahmen zur Digitalisierung und gezielten Personaleinsatz ausgeglichen werden. Die Konzentration auf eine kompetente sowie in Hinsicht auf die Bedürfnisse der Wirtschaft praxisorientiert denkende und handelnde Verwaltung kann den personellen Engpässen im Zuge der demografischen Entwicklung entgegenwirken. 10. VERWALTUNGSVERFAHREN BESCHLEUNIGEN Der demografische Wandel ist eine Chance. Eine ältere Bevölkerungsstruktur bedeutet mehr Erfahrung und eine steigende Lebenszeit. Besonders die beiden Flächenlandkreise in Westmecklenburg haben in den vergangenen Jahren viele Erfahrungen mit den veränderten Bedürfnissen einer alternden Bevölkerung gesammelt. Diese Veränderungen traten in MV früher als in anderen Bundesländern, was Chancen für unternehmerische Lösungen bietet. Diese Chancen gilt es nun aktiv für weiterentwickelte Konzepte und Potenziale von spezialisierten Dienstleistungen und Gütern, z. B. in den Bereichen Wohnen, technische Hilfsmittel (z. B. Smart Home), Tourismus, Gesundheit, Verpackungsdesign, Lebensmittel und Mobilität, zu nutzen. Beim Thema Fachkräftesicherung können nicht nur ältere Personen durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen mit neuen Technologien und Methoden vertraut gemacht und länger im Unternehmen gehalten werden. Flexible Altersteilzeitmodelle und finanzielle Anreize für Möglichkeiten zum Zuverdienst halten die Erfahrungen der Beschäftigten länger in den Unternehmen. Digitalisierung und Automatisierung unterstützen zudem bei vielfältigen Tätigkeiten in nahezu allen Lebens- und Arbeitsbereichen. Besonders die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) benötigen bei der Umsetzung entsprechender Maßnahmen Unterstützung sowie eine dafür leistungsfähige digitale Infrastruktur. Smart-City, Smart-Home und Smart-Mobility sowie Smart-Government sind als Chancen für das Land MV zu erkennen und zeitnah umzusetzen. 11. DEMOGRAFISCHE ENTWICKLUNG AKTIV ALS CHANCE AUFGREIFEN, DIE REGIONALENTWICKLUNG IN DER FLÄCHE ATTRAKTIV ZU GESTALTEN Arbeitskräfte und ihre Familien brauchen attraktiven Wohnraum, von dem aus sie ihre alltäglichen Bezugspunkte gut erreichen können: Schule, Kita, Ärzte, Einkaufsmöglichkeiten, Vereine, etc. und nicht zuletzt ihren Arbeitsplatz. Bauflächen und Mietwohnraum für Einzelpersonen und für Familien müssen in der mittelbaren Nähe zu den Unternehmen zur Verfügung stehen, um unnötiges Pendeln zu vermeiden und die Mitarbeiter langfristig in der Region zu halten. Im Fokus bleibt dabei das Prinzip der „Zentralen Orte“ sowie der Vorrang der Innenentwicklung. Die von der Landesplanung eingeräumte Möglichkeit, im Regionalen Raumentwicklungsprogramm unter Berücksichtigung regionaler, örtlicher und infrastruktureller Besonderheiten auch jenseits der „Zentralen Orte“ eine der Nachfrage entsprechende Wohnraumentwicklung zu ermöglichen, ist in Westmecklenburg dringend auszugestalten. Es ist wichtig, nicht nur die Grundversorgung in der Fläche sicherzustellen, sondern auch moderne Versorgungsformen zu integrieren. Zum Beispiel gibt es gute telemedizinische Erfahrungen im Bereich der Dermatologie. Voraussetzung hierfür ist ein leistungsfähiges und flächendeckendes Breitbandnetz. Auch Mobilitätsangeboten kommt im ländlichen Raum eine besondere Bedeutung zu. 12. WOHNEN, ARBEITEN, LEBEN GANZHEITLICH DENKEN UND WEITERENTWICKELN Region aktiv gestalten I

14 14 Wenn der Eindruck entsteht, dass die Bürgersteige am Abend hochgeklappt werden und am Wochenende nichts los ist, werden sich viele junge Menschen auf den Weg machen, ihren Lebensmittelpunkt in einer Region außerhalb MVs zu suchen oder gar nicht erst ins Bundesland ziehen. Kultur-, Freizeit- und Sportangebote müssen auch in der Fläche Bestand haben. Die Kulturförderung des Landes muss daher auch diese Zielgruppe stärker berücksichtigen. Häufig hilft es schon, Flächen kostenfrei zur Verfügung zu stellen oder bei möglichen Nutzungskonflikten (zum Beispiel mit Anwohnern) einen Kompromiss im Sinne der Attraktivität auch für die junge Generation herbeizuführen. Des Weiteren müssen attraktive Mobilitätsangebote geschaffen werden, um Wohnort, Ausbildungsplatz und Freizeitgestaltung unkompliziert zu verbinden. Es darf nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Führerschein und ein eigenes Kfz vorhanden sind. Lebendige Innenstädte und Ortszentren bestimmen das Bild einer Stadt oder einer Gemeinde und ihres Umlandes als attraktiven Arbeits- und Wohnort. Die Stärkung der Ortzentren bzw. der Innenstädte als multifunktionale Orte für Handel, Dienstleistungen, Wohnen, Kultur, Bildung und Freizeit bleibt für die Stadtentwicklung in Mecklenburg-Vorpommern von besonderer Bedeutung. Eine qualitätsorientierte und ganzheitliche Entwicklung ist notwendig, um dauerhaft attraktive Räume zu schaffen und zu erhalten. Eine Landesinitiative sollte Zukunftsstrategien zur Stärkung der Innenstädte und Zentren im Land fördern. Gleichzeitig sind Einzelhandels- ansiedlungen mit innenstadtrelevanten Sortimenten auf der sogenannten grünen Wiese kritisch zu prüfen. 13. ATTRAKTIVE MÖGLICHKEITEN FÜR AZUBIS UND STUDIERENDE SCHAFFEN 15. LEBENDIGE ZENTREN FÖRDERN Das Image der Region muss positiv weiterentwickelt werden. Die äußere Wahrnehmung muss viel stärker auf die regionalen Charakteristika als Arbeits-, Lern- und Lebensstandort mit einer hohen Lebensqualität ausgerichtet werden. Fachkräfte, Start-ups, Investoren, Auszubildende, Studierende, Expats, Forschung – sowohl von außerhalb als auch Ortsansässige – müssen sich eingeladen und willkommen fühlen, hier ihre Erfolgsgeschichten zu schreiben. Mit einer ganzheitlichen Strategie können für Mecklenburg-Vorpommern die verschiedensten Aspekte im Standortmarketing (z. B. Standort für Fachkräfte, Investoren, Tourismus) in Einklang gebracht und das Markenbild des Landes aufgewertet werden. Das Image von MV und das Verständnis für Zugezogene muss in der Wahrnehmung der ansässigen Bevölkerung verbessert werden. Westmecklenburg ist eine Region zum Arbeiten, Leben und Erholen. Die Grenzen von Gebietskörperschaften dürfen nicht zu einem Konkurrenzdenken führen. Bei den regional drängenden Themen, die Beschäftigte wie Unternehmen bewegen, wie Bildung- und Forschung, Fachkräftesicherung, Vereinbarkeit von Privat- und Erwerbsleben, Wohnen und Arbeiten, Verkehrs- und Digitalinfrastruktur, Mobilität sowie Kultur und Freizeit, müssen gemeinsam Lösungen entwickelt und umgesetzt werden – auch in der Metropolregion Hamburg. 14. IMAGE ÜBERREGIONAL ERWEITERN: LAND ZUM LEBEN UND ARBEITEN! 16. ENGE ZUSAMMENARBEIT ZWISCHEN STÄDTISCHEN UND LÄNDLICHEN RÄUMEN FORCIEREN I Region aktiv gestalten

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17 17 JUNGE MENSCHEN BEFÄHIGEN FÜR EINE KONSEQUENT QUALITÄTSORIENTIERTE BILDUNGS- UND WEITERBILDUNGSPOLITIK ALS BESTANDTEIL DER FACHKRÄFTESICHERUNG „Welchen Bildungsweg junge Menschen auch für sich wählen, ein qualitativ hochwertiges Rüstzeug muss ihnen mitgegeben werden. Eine konsequent qualitätsorientierte Bildungspolitik legt den Grundstein für ein eigenverantwortliches, lebenslanges Lernen. Die Bildungseinrichtungen sind weiterzuentwickeln, besonders mit dem Blick auf unternehmerisches Denken und Digitalisierung. Praxis- und Wirtschaftsbezug in der Lehre sind genauso unerlässlich, wie den Heranwachsenden zu zeigen, welche attraktiven Perspektiven ihnen eine Berufsausbildung in der Region bietet.“ Junge Menschen befähigen I Vorsitzender des IHK-Arbeitskreises Bildung, Alternierender Vorsitzender IHK-Berufsbildungsausschusses, Steffen Timm

18 18 Grundsätzlich müssen alle die Chance haben, ihre eigene schulische und berufliche Entwicklung selber in die Hand zu nehmen und diese zu nutzen. Es liegt in der eigenen Verantwortung zu lernen und sich neuen Tätigkeitsfeldern zu stellen. Politik und Verwaltung haben die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für ein qualitativ hochwertiges lebenslanges Lernen zu setzen. Die allgemeinbildenden Schulen, Berufsschulen und Hochschulen sind dafür zukunftsfähig weiterzuentwickeln. Alle die wollen, sollen die Chance haben, ihre Bildung aktiv voranzubringen. Chancengleichheit ist dabei eine Grundlage für die regionale Fachkräftesicherung. Schulen legen das Fundament für die Ausbildungseignung und Berufswahlkompetenz. Dazu muss sichergestellt werden, dass sie den jungen Menschen ein hohes Maß an kognitiven, sozialen und persönlichen Kompetenzen mit auf den Weg geben. Dafür müssen Schulen finanziell und personell besser ausgestattet werden. Der Praxis- und Wirtschaftsbezug im Unterricht muss gestärkt werden. Das Lehrpersonal sollte sich ständig weiterbilden, um Digitalisierung und zeitgemäße Lehrmethoden anwenden zu können. Angebote für qualifizierte Berufs- und Studienorientierung sowie zur Berufsvorbereitung müssen weiter ausgebaut werden. 17. EIGENVERANTWORTUNG UND CHANCENGLEICHHEIT FÖRDERN 19. ALLGEMEINBILDENDE SCHULEN STÄRKEN Von der frühkindlichen bis zur Erwachsenenbildung müssen die Maßstäbe Qualität und Erreichbarkeit sein. Dazu gehören besonders die folgenden Aspekte: Ein sehr gutes Deutsch- und Fremdsprachenniveau, sehr gute mathematische und naturwissenschaftliche Kenntnisse, interkulturelle und methodische Kompetenzen, kreatives und lösungsorientiertes Denken sowie eigenständiges Arbeiten. Die Medienkompetenz muss ebenfalls besser ausgebildet werden, da sie besonders mit Blick auf die Digitalisierung stetig an Bedeutung gewinnt. Die Berufsschulen nehmen eine wesentliche Rolle bei einer erfolgreichen und fachlich breiten Berufsausbildung und damit für die Fachkräftesicherung in der Region ein. Für die Attraktivität der Ausbildungsberufe ist es entscheidend, dass die Berufsschule in erreichbarer Nähe der Ausbildungsstätte liegt. Eine konsequente Verfolgung von Qualität und Erreichbarkeit ist unerlässlich. Die Schulen und die Lehrkräfte sind für die Digitalisierung fit zu machen. Schwächere Schüler bedürfen einer differenzierten Förderung. Das Verhältnis von Lehrkraft zu Schülern sollte im Sinne einer individuellen und qualitativen Lehre am besten auf 1:15 verbessert werden. 18. EINE KONSEQUENTE, QUALITÄTSORIENTIERTE BILDUNGSPOLITIK UMSETZEN – EIN LEBEN LANG 20. SITUATION IN BERUFSSCHULEN VERBESSERN Kooperationspartnerschaften zwischen Schulen und Wirtschaft sind eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Die regionalen Partnerschaften müssen weiterhin gestärkt werden, um jungen Menschen die Vielfalt der regionalen Unternehmen und die dort vorhandenen beruflichen Perspektiven zu zeigen. Mit den digitalen Innovationsräumen an den zentralen Standorten sind vor allem Jüngere für Ausbildung, Studium und Selbstständigkeit in MV zu begeistern. 21. PARTNERSCHAFT SCHULEN UND UNTERNEHMEN INTENSIVIEREN I Junge Menschen befähigen

19 19 Bei jungen Menschen ist die Wirtschaftskompetenz vielfach gering ausgeprägt. Praktisches Lernen verbunden mit einer Lern- und Fehlerkultur führt sie an unternehmerisches Denken, nachhaltiges Handeln, den kompetenten Umgang mit neuen Technologien heran und hilft, das Gelernte – z. B. Mathematik – in der Praxis anzuwenden. Schülerfirmen haben sich in der Vergangenheit dafür bewährt. Es war ein Fehler, die intensive Betreuung seitens der Landesverwaltung zu verringern. Die Stärkung und der Ausbau schulischer Unternehmungen muss wieder mehr Gewicht erhalten. 23. SCHÜLERFIRMEN WIEDER MEHR GEWICHT GEBEN Jungen Menschen muss vermittelt werden, dass die regionalen Unternehmen eine Vielzahl an attraktiven Ausbildungsstellen mit Perspektive bieten. Gemeinsame Initiativen von Landesregierung und Wirtschaft sind fortzuführen und an die wechselnden Anforderungen (z. B. den von Jugendlichen genutzten Kanälen) anzupassen. Die IHK-eigene Lehrstellenbörse ergänzt die Marketingaktivitäten und verweist auf konkrete Ausbildungs- und Praktikumsstellen in der Region. Wer heute Auszubildende für die Region gewinnt, sorgt für die erfolgreiche Fachkräftesicherung von morgen. Die jungen Menschen müssen zum einen hier gehalten und zum anderen auch wieder für die Region gewonnen werden, wenn sie ihre Ausbildung außerhalb absolviert haben. Egal welchen Weg junge Menschen gehen, es dürfen ihnen bei den Übergängen zwischen den verschiedenen Schularten und Bildungseinrichtungen keine Steine in den Weg gelegt werden. Barrieren, die Einzelnen Anreize nehmen könnten, die eigene Bildungsqualifikation zu verbessern, sollten abgebaut werden. Förderprogramme für den nachträglichen Erwerb von Qualifikationen müssen ausgebaut werden. Die Durchlässigkeit des Bildungssystems muss weiter verbessert werden. Es sollte ein Konzept entwickelt werden, das die Kompetenzebenen in Anrechnungsverfahren bei Übergang von Berufsausbildung und Hochschulstudium (sowie umgekehrt) einbezieht. Praxisnahe Verbundstudiengänge und berufsbegleitende Bildungsmaßnahmen im Hochschulbereich mit der Wirtschaft sollten gestärkt werden. 22. AZUBI-MARKETING KONSEQUENT WEITERENTWICKELN 24. REIBUNGSLOSE ÜBERGÄNGE SCHAFFEN

20 20

21 21 FACHKRÄFTE-INFRASTRUKTUR AUSBAUEN FÜR EINE FORTENTWICKLUNG DER GESAMTEN REGION ALS ATTRAKTIVER ARBEITS- UND LEBENSMITTELPUNKT „Fachkräfte sind rar. Der demografische Wandel wird spätestens Mitte dieses Jahrzehntes für alle sichtbar sein. Arbeitgeber stehen national wie international im harten Wettbewerb um gutes Personal. Die Politik muss den Unternehmen flexible, pragmatische und individuelle Lösungen ermöglichen. Ihren Fokus sollte sie auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen legen und die Vorzüge des Landes selbstbewusst vermarkten.“ Fachkräfte-Infrastruktur ausbauen I IHK-Projektgruppe Kommunikation, Marjon Hopman-Wolthuis

22 22 Zeitgemäßes Arbeiten, örtlich und zeitlich ungebunden, kann zur besseren Vereinbarkeit von Job, Familie und Freizeit beitragen. Die Unternehmen und ihre Beschäftigten sind auf eine entsprechende digitale Infrastruktur angewiesen sowie auf einen Rechtsrahmen, der individuelle, praktikable Lösungen zulässt. Zusätzliche Rechtsansprüche bedeuten in erster Linie mehr Bürokratie und weniger Flexibilität. Der Sicherung und Gewinnung von Fachkräften muss auf verschiedenen Wegen konsequent nachgegangen werden. Marketingkampagnen für das Land, für die Region und die Metropolregion Hamburg sind zu forcieren und laufende Projekte aktiv zu unterstützen. Formate, wie die Pendleraktionstage, die Pendlerpost und die Rückkehrertage, sprechen unterschiedliche Zielgruppen direkt an und sind laufend an die Bedürfnisse anzupassen. Die nationale und internationale Fachkräfteakquise für die Unternehmen ist zu erweitern. Kampagnen, die dem Standort- und Fachkräftemarketing dienen, müssen nachhaltig und dauerhaft finanziert werden. Unterschiedliche Kampagnen verschiedener Einrichtungen des Landes MV sind unter einer Lead-Führerschaft mit einer klaren Ansprache der Zielgruppe in Einklang zu bringen. Die Wirtschaft unterstützt bei allen Vorhaben die öffentliche Hand mit ihrer Kompetenz und Erfahrung. 25. RAHMENBEDINGEN FÜR ZEITGEMÄSSES ARBEITEN SCHAFFEN, NICHT NEUE RECHTSANSPRÜCHE 27. ÖFFENTLICHE UNTERSTÜTZUNG ZUR FACHKRÄFTESICHERUNG BEIBEHALTEN UND WEITERENTWICKELN Die unternehmerische Arbeitswelt fordert mehr Flexibilität – auch vom Arbeitsmarkt. Regulierungen sind grundsätzlich auf ein Minimum zu reduzieren. Beim Thema Arbeitszeiten sollte mit den Bedürfnissen der Unternehmen und Beschäftigten gegangen werden. Besonders in Mecklenburg-Vorpommern mit vielen kundenorientierten Dienstleistungsunternehmen stellt eine wöchentliche statt einer täglichen Höchstarbeitszeit ein sinnvolles Instrument dar. In Mecklenburg-Vorpommern sind die Ausländerbehörden und staatlichen Anerkennungsstellen aufgefordert, die Unternehmen bei der qualifizierten Einwanderung im Sinnes des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG) zu unterstützen und einheitliche Verfahren sicherzustellen. Eine gelebte Willkommenskultur für neue Fachkräfte und ihre Familien ist ein enormer Standortvorteil im Wettbewerb um die besten Köpfe. Dazu zählt auch, dass Vorurteile der Bevölkerung gegenüber Menschen, die nach Mecklenburg-Vorpommern ziehen, aktiv begegnet wird und Initiativen stattfinden, die diese abbauen. 26. ARBEITSMARKT FLEXIBEL GESTALTEN 28. FACHKRÄFTE WILLKOMMEN HEISSEN Die Arbeit der Welcome-Center in der Region ist zu unterstützen und weiter auszubauen. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil für die Gewinnung von Fachkräften und dem On-Boarding in der Region. Kooperationen zwischen den Centern innerhalb des Landes und in der Metropolregion Hamburg sind zu fördern. 29. WELCOME-CENTER STÄRKEN I Fachkräfte-Infrastruktur ausbauen

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