Anlässlich des Tags der Deutschen Einheit mit dem bundesweiten Fest in Schwerin startet die IHK-Schwerin eine Interviewreihe mit Unternehmen aus der Region. Eine Langform des Interviews finden Sie seit Mitte September auf der Homepage der IHK in der entsprechenden Rubrik, wo wöchentlich bis Anfang November ein neues Interview mit einem Unternehmer veröffentlicht wird. Kurz nach der Wiedervereinigung im Oktober 1990 eröffnete das Kaufhaus Kressmann dort seine Pforten, wo die gleichnamige Familie bereits 1911 ein Kaufhaus errichten lassen hat. Carl Kressmann kennt die Geschichte des Hauses sehr gut. Als Geschäftsführer leitet er heute die familiengeführten Modehäuser in Schwerin und Wismar und kann von der wechselvollen Geschichte des Standortes berichten: „Meine Familie ist 1945 über abenteuerliche Wege in den Westen geflohen. Um 1951 ist der Betrieb enteignet worden und das Geschäft in der heutigen Mecklenburgstraße wurde verstaatlicht.“ Obwohl selbst 1958 in Niedersachsen geboren und dort aufgewachsen, wo die Familie in Hildesheim heute noch ein Modehaus betreibt, erinnert sich Carl Kressmann, dass Schwerin in seiner Kindheit allgegenwärtig war: „Schwerin war für uns zu Hause in Oldenburg wie das gelobte Land. Wir hatten Stiche vom Schloss hängen. Es war wie ein Sehnsuchtsort.“ Die politische Wende in der DDR im Jahr 1989 veränderte auch das Leben von Kressmann. Der Familie gelang es im Frühjahr 1990 ihr Stammhaus zurückzubekommen und für den gelernten Landwirt entstand die Möglichkeit, sich im Betrieb zu beweisen „Wir haben dann im April 1990 mit den Umbauten angefangen und einen Tag nach der Wiedervereinigung eröffnet. Es war eine Aufbruchsstimmung. Ich glaube, die Baugenehmigung haben wir zwei oder drei Tage vor der Eröffnung bekommen. Damals herrschte noch ein ganz anderer Pragmatismus“, so Kressmann. Nach dem Tod des Vaters übernahmen er und sein Bruder die Geschäftsleitung der Häuser in Hildesheim und Schwerin. Um das Jahr 2000 herum kam noch ein Standort in Wismar hinzu. Wenn sich Carl Kressmann heute an die größten Herausforderungen seit der Wiedervereinigung erinnert, dann kommt ihm zunächst die etwas paradoxe Rolle des Modehauses in Schwerin in den 1990er Jahren in den Sinn: „Die ersten Jahre waren wir ja das größte Modehaus in Schwerin. Das Schwierige war tatsächlich, dass wir eigentlich zu wenig Konkurrenz hatten. Und erst mit dem Tag, als C&A hierherkam, änderte sich das. Das war für uns eine gute Sache, denn das zog Menschen nach Schwerin und in die Innenstadt, weil die Einkaufsmöglichkeiten nun größer waren.“ Nicht unkritisch blickt Kressmann auf die Eröffnung des Schlossparkcenters Ende der 1990er Jahre zurück, die für sein Haus zunächst Umsatzeinbußen von etwa 20 Prozent bedeutete. Wirklich schwer getroffen wurde das Modehaus jedoch durch die Corona-Pandemie, wie Kressmann eingesteht: „Damals war es schon verdammt knapp. So ein Haus hat ja laufende Kosten.“ Die fehlenden Einnahmen TRADITIONSKAUFHAUS KRESSMANN Wir sind nicht austauschbar ... 12 Standortpolitik Wirtschaftskompass 09 | 10 | 2024
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