IHK-Magazin "Wirtschaftskompass", Ausgabe 01, 02/2025

Bilder: Am 26. Juni 1990 machte sich Volker Rumstich selbstständig und ließ seine neue Firma eintragen. Dabei war der Schritt in die Selbstständigkeit keineswegs vorgezeichnet. Vielmehr sah sich der gelernte Landmaschinentraktorschlosser, der bis 1990 genauso wie seine Frau für den Kreisbetrieb für Landtechnik (KfL) im Bezirk Schwerin tätig war, nach dem Mauerfall gezwungen neue Wege zu gehen. Volker Rumstich blickt zurück an die Zeit vor der Wende und die turbulenten Anfangsjahre in der Selbstständigkeit: „Aufgrund meiner Ausbildung als Schlosser und KfZ-Meister hatte ich dort neben den Azubis auch Schüler der 7./8. Klasse im sogenannten polytechnischen Unterricht ausgebildet. Die Schüler hatten durch den Unterricht eine Idee davon, welche Unternehmen es in der Region gibt und was man dort alles machen kann. Damit hatten sie wesentlich mehr Einblick und mehr Praxis als heute.“ Doch die Wende sorgte nicht nur für eine Abschaffung des polytechnischen Unterrichts. Auch die Auszubildendenzahlen gingen drastisch zurück. Als einer von vier Ausbildern mit Meisterqualifikation erkannte Rumstich, dass er kaum noch eine Bleibeperspektive hatte und orientierte sich daher neu. Dabei halfen sowohl der Zufall als auch familiäre Kontakte im Westen: „Im Endeffekt kam mein Vater von einem Besuch wieder und sagte: Du dein Cousin da unten bei Frankfurt, der hat einen LKW, den kannst du haben. Damit kannst du Geld verdienen.‘“  START IN DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT Volker Rumstich machte sich umgehend auf den Weg, rief Betriebe in der Region an und fragte an, ob diese Interesse an Transportleistungen haben. Mit dem früheren VEB Großhandel Obst, Gemüse und Speisekartoffeln (OGS) meldete sich schließlich ein Unternehmen. Da die Ostdeutschen nach dem Mauerfall großes Interesse an zuvor kaum oder gar nicht verfügbaren Südfrüchten zeigten, brauchte die OGS Transporte von Lübeck nach Parchim, um die neuen Waren aus Übersee in der Region zu verteilen, wie sich Rumstich erinnert „Wir hatten damals jede Menge Sonderfahrten um Bananen zu holen. Ich habe damals gesagt: Wir leben in einer Bananenrepublik.“ Der Bedarf war groß. Rumstich legte sich zwei weitere LKW zu und warb Fahrer von der Bäuerlichen Handelsgenossenschaft. Seine erste Rechnung hat er dann schon in DM gestellt, die am 1.7.1990 in Ostdeutschland eingeführt wurde. Die Geschäfte liefen zunächst gut, aber die Entscheidung auch in anderen Bereichen Fuß zu fassen, sollte sich als richtig erweisen, da bereits Anfang der 1990er Jahre Zahlungsausfälle für erhebliche Schwierigkeiten sorgen konnten, wie sich Rumstich zurückblickt: „Wir hatten schon damals viel mit Leuten zu tun, die haben einem sonst was versprochen und da ging es auch schon los mit unbezahlten Rechnungen. Das kannten wir aus der DDR gar nicht. Da galt ja noch das Prinzip des Kutschervertrages beziehungsweise des ehrbaren Kaufmanns. Wir haben zum Beispiel einmal 239.000 Mark verloren, weil eine Firma Pleite ging, für die wir Fahrten gemacht hatten. Wir durften uns dann aus der Firma Dinge aus der Insolvenzmasse mitnehmen. Unter anderem Auslegware, die in unserer Familie bis heute daher als der teuerste Teppich der Welt gilt.“ Ab Mitte der 1990er Jahre konzentrierte sich die Firma Rumstich zunächst unter anderem auf die Transporte landwirtschaftlicher Güter, von Holz Die Transportbranche bildet das Rückgrat der regionalen Wirtschaft. Ohne die Logistiker erreichen keine Waren ihr Ziel. Als im November 1989 die Mauer fiel und sich die Wiedervereinigung abzeichnete, boten sich in dieser Branche plötzlich neue Chancen für Menschen, die bereit waren, sich eine neue Existenz aufzubauen. Einer dieser Neuunternehmer war Volker Rumstich. Ausbildung ist das A und O! IHK ZU SCHWERIN Dr. Wolf-Rüdiger Knoll  0385 5103-208 knoll@schwerin.ihk.de 12  Standortpolitik Wirtschaftskompass 01 | 02 | 2025

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