IHK-Magazin "Wirtschaftskompass", Ausgabe 03, 04/2025

Zum 28. Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Ziel des Gesetzes ist die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit (European Accessibility Act, EAA) und die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Wirtschaftsleben. Unternehmen, die digitale Produkte und Dienstleistungen anbieten, müssen sich daher auf neue Anforderungen einstellen.  WER IST BETROFFEN? Das BFSG gilt im B2C-Bereich und betrifft Hersteller, Händler und Dienstleister. Diese sind verpflichtet, ihre Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten. Das bedeutet, dass sie ohne besondere Erschwernis und ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sein müssen. Insbesondere Unternehmen, die im digitalen Bereich tätig sind, sollten sich frühzeitig mit den neuen Vorgaben auseinandersetzen.  WELCHE PRODUKTE UND DIENSTLEISTUNGEN SIND BETROFFEN? Erfasst werden insbesondere:  Produkte, die den Zugang zum Internet oder audiovisuellen Medien ermöglichen (z. B. Computer, Smartphones, digitale Fernseher, E-Books)  Digitale Dienstleistungen, wie Websites, Apps, Onlineshops und Buchungstools  Bankdienstleistungen, einschließlich Geldautomaten und Online-Banking-Portale  Öffentliche Verkehrsdienste, wie digitale Fahrkartenbuchungen und Informationssysteme Eine detaillierte Auflistung findet sich in § 1 BFSG.  WELCHE ANFORDERUNGEN GELTEN? Die konkreten Anforderungen an die Barrierefreiheit werden in einer Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) festgelegt. Unternehmen müssen unter anderem Kennzeichnungs- und Informationspflichten erfüllen. Dazu gehört beispielsweise:  Eine einfache und verständliche Navigation auf digitalen Plattformen  Alternativtexte für Bilder und multimediale Inhalte  Barrierefreie Zahlungsmethoden  Bereitstellung von Informationen in verschiedenen Formaten, z. B. in Leichter Sprache oder in Gebärdensprache  GIBT ES AUSNAHMEN? Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme von höchstens zwei Millionen Euro sind von der Pflicht ausgenommen. Für diese bietet die Bundesfachstelle Barrierefreiheit Beratungsangebote an. Darüber hinaus kann im Einzelfall eine Ausnahme gelten, wenn:  die Umsetzung eine grundlegende Veränderung des Produkts oder der Dienstleistung erfordern würde oder  die Kosten für die Anpassung unverhältnismäßig hoch im Verhältnis zum Nettoumsatz des Unternehmens wären  WER KONTROLLIERT DIE EINHALTUNG? Die Marktüberwachungsbehörden der Länder sind für die Kontrolle zuständig. Sie können auf Antrag von Verbrauchern oder anerkannten Verbänden tätig werden. Bei Verstößen können Untersagungen oder Bußgelder verhängt werden. Zur Unterstützung der Unternehmen sind zudem Beratungs- und Förderprogramme geplant, die insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) dabei helfen sollen, die neuen Standards umzusetzen.  WAS SOLLTEN UNTERNEHMEN JETZT TUN? Angesichts der bevorstehenden Umsetzungsfrist sollten Unternehmen frühzeitig prüfen, ob ihre Produkte und Dienstleistungen den neuen Vorgaben entsprechen. Folgende Schritte sind empfehlenswert:  Bestandsaufnahme: Analyse der bestehenden digitalen Angebote auf Barrierefreiheit  Schulungen: Sensibilisierung von Mitarbeitenden für die neuen Anforderungen  Technische Anpassungen: Implementierung barrierefreier Lösungen auf Websites und in Anwendungen  Rechtliche Beratung: Prüfung, ob spezifische Ausnahmefälle zutreffen könnten  FAZIT Das BFSG bringt neue Anforderungen für viele Unternehmen, insbesondere im digitalen Bereich. Unternehmen sollten sich daher proaktiv mit den gesetzlichen Vorgaben befassen, um rechtzeitig notwendige Maßnahmen umzusetzen. Langfristig kann eine verbesserte Barrierefreiheit nicht nur gesetzliche Anforderungen erfüllen, sondern auch eine größere Zielgruppe an Kunden und Nutzern erreichen.  NEUE GESETZLICHE VORGABEN 2025 Barrierefreiheit in der digitalen Wirtschaft IHK ZU SCHWERIN Thilo Krüger  0385 5103-514 krueger@schwerin.ihk.de Bild: Pixabay 18  Recht & Steuern Wirtschaftskompass 03 | 04 | 2025

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