VOM LANDMASCHINENSCHLOSSER IN DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT Thomas Kluth hat sich für das Interview Zeit genommen, um auf seine Biographie und die Geschichte seines Unternehmens zurückzublicken. Der gelernte Landmaschinenschlosser absolvierte nach seiner Ausbildung eine Art Hilfsabitur an der Ingenieurhochschule für Landtechnik in Berlin. Während seines Studiums der Landtechnik brachte ihn seit Vater früh auf die Idee, sich mit Automatisierungstechnik zu beschäftigten Zu dieser Zeit kam der IBM-PC gerade auf. Der Schwiegervater war damals Chef der LPG ‚Apfelblüte‘ Dodow und so programmierte Thomas Kluth ein Abrechnungssystem für Fruchtsaft. Es gab damals so etwas wie Software noch gar nicht und so entwickelte Kluth eine Anwendung für die kaufmännische Abwicklung der Warenlieferung. Über die Wende wurde die LPG Apfelgüte an Fruchtquell verkauft und Thomas Kluth wechselte mit zum neuen Eigentümer. Dort arbeitete er als Controller, obwohl er sich selbst eher als Computerfachmann begriff. Nebenbei half er anderen sich selbstständig zu machen. 1992 entschied er sich dann, selbst den Schritt zu gehen und gründete zusammen mit einem Bekannten die Firma „abacus“. PRODUKTPLANUNG ALS GRUNDLAGE FÜR DEN ERFOLG abacus setzte dabei auf eine Finanzbuchhaltungssoftware für kleinere und mittlere Unternehmen. Die Geschäfte liefen gut und ab 1995 wurden in Wittenburg sowohl PCs als auch die Software vor allem an Handwerker aus der Region verkauft. Thomas Kluth: „Wir nannten das Handwerkerpaket. Ein, zwei Jahre später haben wir dann die Mecklenburger Kartoffelveredlung in Hagenow kennengelernt. Die waren über viele Jahre unser Kunde Nummer 1. Und mit denen sind wir eigentlich groß geworden.“ 2002 erfolgte die einvernehmliche Trennung der beiden Firmengründer. Thomas Kluth übernahm einen Teil des Unternehmens und konzentrierte sich auf die Weiterentwicklung der Software. Bis heute setzt abacus dabei auf das Produkt, das mittlerweile unter dem Namen Sage weltbekannt ist. Die wichtigsten Kunden stammen dabei heute aus der mittelständischen Lebensmittelindustrie. Zu Ihnen zählen unter anderem Rügenwalder Spezialitäten und bioverde. DIE ZWEITE GENERATION ÜBERNIMMT DAS STEUER Die ersten Jahre der Selbstständigkeit waren für die Familie von Thomas Kluth eine herausfordernde Zeit. Tochter Katharina, geboren im Oktober 1990, erinnert sich an die Anfangszeit des Familienunternehmens, in dem auch ihre Mutter heute noch tätig ist: „Als Kind war das für uns ein kleiner Abenteuerspielplatz. Da stand ein Kopierer unter der Treppe, wo man die Hände kopieren konnte. Als Kind war das einfach spannend. Da wurde auf dem Weg in den Urlaub noch beim Kunden angehalten oder der Urlaub wurde früher abgebrochen, weil ein dringender Auftrag erledigt werden musste. Für uns war das aber normal.“ Katharina Kluth hat 2009 in Wittenburg Abitur gemacht und ging zum Studium der Betriebswirtschaftslehre nach Hamburg und anschließend nach München. Nach Abschluss des Studiums beschloss Sie dann mit ihrem Partner zurück in die Heimat zu ziehen. Dabei spielte von Anfang die Frage eine wichtige Rolle, ob sie den elterlichen Betrieb weiterführen wolle. Thomas Kluth wünschte sich genau das: „Die Alternative war damals, den Betrieb zu verkaufen oder meine Tochter kommt ins Unternehmen mit dem Ziel, den Betrieb zu übernehmen. Ich war glücklich, dass wir uns für den zweiten Weg entschieden haben.“ Für die Tochter war der Start – sie begann schon während ihres Masterstudiums im Unternehmen mitzuarbeiten und stieg dann 2016 voll ein – keineswegs einfach: „Man ist dann doch irgendwie die Tochter, die mit reinkommt. Da muss man dann doch sehr vorsichtig mit umgehen, um auch eine gewisse Akzeptanz von den Kollegen zu bekommen, was nicht ganz leicht war. Die ersten beiden Jahre waren sehr intensiv.“ Und Thomas Kluth ergänzt dazu „Irgendwann hat sie mich mal gefragt, warum ich sie das alles machen lasse. Ich habe gesagt: ;Weil du es kannst.‘ Jeder muss mal seine Fehler machen, ich bin bestimmt derjenige, der das meiste Geld in dieser Firma verbrannt hat. Aber als Tochter in die Chefrolle ist nicht selbstverständlich.“ Katharina Kluth springt ihrem Vater wiederum zur Seite und ergänzt: „Während mein Vater eben von der technischen Seite kommt, ist mein Steckenpferd das Betriebswirtschaftliche. Am Anfang war das für mich das Problem, dass ich dachte, ich müsste seine Sachen auch machen, aber das konnte ich nicht. Da habe ich im Laufe der Jahre verstanden, dass wir aus komplett unterschiedlichen Richtungen kommen, Aber das, was ich mitbringe, gerade im Bereich Personalentwicklung, hat eben hier auch sehr gut funktioniert.“ ABACUS HEUTE Für Thomas Kluth ist es heute wichtiger denn je, dass seine Tochter die Leitungsfunktion übernommen hat und unterstreicht den Charakter des FamilienunterDie IT-Branche gilt heute noch immer als klassische Männerdomäne. Die 1992 gegründete Firma abacus aus Wittenburg ist dabei bereits einen Schritt weiter. Denn heute führt die Tochter des Firmengründers das Unternehmen – und kann sich dabei auf die Expertise ihres Vaters lassen. Als Tochter in die Chefrolle IHK ZU SCHWERIN Dr. Wolf-Rüdiger Knoll 0385 5103-208 knoll@schwerin.ihk.de Man ist dann doch irgendwie die Tochter, die mit reinkommt. Da muss man dann doch sehr vorsichtig mit umgehen, um auch eine gewisse Akzeptanz von den Kollegen zu bekommen, was nicht ganz leicht war. Die ersten beiden Jahre waren sehr intensiv. 10 Standortpolitik Wirtschaftskompass 05 | 06 | 2025
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