Bild: Pixabay; IHK Bereits im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen hatte die Wirtschaft klare Forderungen formuliert: Bürokratieabbau, Steuererleichterungen, sinkende Energiepreise und eine zukunftsorientierte Standortpolitik. Viele dieser Themen stehen seit Jahren auf der politischen Agenda – konkrete Fortschritte blieben jedoch häufig aus. Bereits Initiativen wie die Bürokratieabbau-Testregion Westmecklenburg (ab 2002) machten auch mit Unterstützung des Altkanzlers Helmut Schmidt Vorschläge zum Abbau bürokratischer Hemmnisse. Obwohl diese zeigten, wie belastend bürokratische Hemmnisse für die Wirtschaft sind, wuchs die Anzahl der Gesetze, Verordnungen und Erlasse weiterhin. Die neue Bundesregierung hat die Messlatte in ihrer Koalitionsvereinbarung hochgelegt und steht nun in der Pflicht, Vertrauen durch zügige und spürbare Verbesserungen wiederherzustellen. BESCHLEUNIGUNG DURCH BÜROKRATIEABBAU Die Formulierungen im Koalitionsvertrag sind ambitioniert: Eine tiefgreifende Reform des Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verwaltungsrechts soll die Verfahren insbesondere bei großen Infrastrukturprojekten drastisch beschleunigen. Die Wirtschaft erwartet mehr als Fristverkürzungen – es geht um eine handlungsfähige Verwaltung, rechtssichere Entscheidungen und eine Entschlackung des materiellen Verwaltungsrechts. Auch gerichtliche Überprüfungsverfahren müssen auf Notwendigkeit und Effizienz hin überprüft werden. ENERGIEPOLITIK: WETTBEWERBSFÄHIGKEIT SICHERN Ein zentrales industriepolitisches Thema bleibt der Energiemarkt. Die Strompreise sollen durch Senkung der Stromsteuer, Reduzierung von Umlagen und Netzentgelten sowie durch einen wettbewerbsfähigen Industriestrompreis für energieintensive Unternehmen um mindestens fünf Cent pro kWh sinken. Der Aufbau eines Wasserstoff-Kernnetzes inklusive neuer Trassen und Importinfrastruktur ist ebenso vorgesehen wie die Nutzung aller H2-Farben im Markthochlauf. Die Planungen der Gasnetzbetreiber und der Bundesnetzagentur für Mecklenburg-Vorpommern stoßen auf Kritik seitens der Wirtschaft: Eine alleinige Nord-Süd-Leitung von Lubmin mit einer Querverbindung vom Hafen Rostock reicht nicht aus. Eine zusätzliche Trasse durch Westmecklenburg – insbesondere zur Anbindung eines künftigen Wasserstoffspeichers in Kraak – ist unerlässlich. ENERGIEPREISE UND MARKTENTWICKLUNG Bis zur Sommerpause wird ein umfassendes Monitoring zu Strombedarf, Versorgungssicherheit, Netzausbau und Erneuerbaren Energien erwartet – als Grundlage für weitere politische Entscheidungen. Die dezentrale Nutzung bisher abgeregelten Stroms soll erleichtert und die Ansiedlung großer Stromverbraucher in netzdienlichen Regionen wie Norddeutschland gezielt gefördert werden. Die Bundesregierung muss sich zudem klar zur einheitlichen Strompreiszone bekennen – gegen Überlegungen aus Brüssel, Deutschland in bis zu fünf Preiszonen zu zerschneiden. Die geplante Kraftwerksstrategie mit bis zu 20 GW an Gaskraft soll ohne regional einseitige Anreize („Südbonus“) umgesetzt werden – mit Vorrang für bestehende Standorte und flankiert durch einen neuen Kapazitätsmechanismus. CCS, OFFSHORE-WIND UND HYBRIDE NETZANBINDUNG Ein zügiges Gesetzespaket zur Nutzung von CCS/ CCU-Technologien ist angekündigt. CO2-Abscheidung, -Transport und -Speicherung sollen insbesondere für schwer vermeidbare Emissionen ermöglicht werden. Eine Länderöffnungsklausel soll auch Onshore-Speicherung erlauben. Die Windenergie wird weiter ausgebaut – auch Offshore. Dabei soll enger mit anderen Nordsee-Anrainern kooperiert werden, etwa zur Vermeidung von Netzengpässen. Das Windenergie-aufSee-Gesetz wird um die Option hybrider Anbindung (Stromleitung plus Wasserstoffpipeline) erweitert. HANDELSPOLITIK: REGELBASIERT UND WIRTSCHAFTSFREUNDLICH Auf EU-Ebene setzt die Koalition auf eine regelbasierte und pragmatische Handelspolitik. 259 Mit dem Start der neuen Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD im Mai 2025 steigt der Erwartungsdruck – insbesondere aus der Wirtschaft. Die Herausforderungen der letzten Jahre – Corona-Pandemie, Energiekrise infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und globale wirtschaftliche Verwerfungen – haben die Industrie in Deutschland stark belastet. Die Phase von Rezession und stagnierendem Wachstum muss nun beendet werden. Der Titel des Koalitionsvertrags „Neues Wachstum, gute Arbeit, gemeinsame Kraftanstrengung“ formuliert den Anspruch – nun sind konkrete Taten gefragt. Erwartungen an die neue Koalition IHK ZU SCHWERIN Klaus Uwe Scheifler 0385 5103-301 scheifler@schwerin.ihk.de 12 Standortpolitik Wirtschaftskompass 05 | 06 | 2025
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