funktioniert immer am besten in der Selbstverwaltung der Wirtschaft. Vielleicht ist es auch von Vorteil, dass ich selbst als Unternehmerkind aufgewachsen bin. Ich kenne die DNA eines Unternehmens sehr genau. Es ist gerade für den Mittelstand immens wichtig, über eine schlagkräftige Interessenvertretung zu verfügen. Deshalb freue ich mich auch auf eine konstruktive und kritische Zusammenarbeit mit der politischen Ebene. Was bedeutet „stärkerer Service“ ganz konkret? Wir werden Anlaufwege vereinfachen. Klare Kontaktpunkte, schnellere Erstreaktion, mehr digitale SelfServices, ohne die persönliche Beratung zu ersetzen. Bei Genehmigungs- und Förderfragen wollen wir Lotsin sein: Wer ist zuständig, welches Formular, welche Frist? Ziel ist, dass Mitglieder weniger Zeit mit Suchen verbringen und mehr mit Umsetzen. Wir implementieren dazu als Organisation immer wieder neue zielgruppenaffine Produkte, wie beispielsweise die Unternehmenswerkstatt, die als digitale Plattform Betriebe im gesamten Zyklus eines Unternehmens unterstützt - von der Gründungsidee bis zur Nachfolge. Viele Unternehmen klagen über Bürokratie. Wie wird die IHK hier aktiv? Zweigleisig. Erstens im Einzelfall: Wir moderieren, klären, entwirren – gerade bei komplexen Verfahren. Zweitens systemisch: Wir bringen Fälle gebündelt in die Landes- und Bundespolitik, zeigen Wirkungsketten auf und machen Vorschläge für echte Entlastung und digitale Standards. Entbürokratisierung ist kein Schlagwort, sondern tägliche Kleinarbeit – aber genau die zahlt sich aus. Welche Rolle spielen regionale Dialogformate wie der „Klöntörn“? Das Gehör nah an den Betrieben zu haben ist für uns sehr wichtig. Formate wie der Klöntörn stehen für offene Gespräche auf Augenhöhe – dort hört man ungefiltert, was läuft und wo es hakt. Solche Formate werden wir weiter stärken und in weitere Orte der Region tragen. Sie sind ein direkter Draht zu Lage und Stimmung in der Wirtschaft und die Grundlage für die Sacharbeit in IHK-Fachausschüssen und Arbeitskreisen. Infrastruktur ist ein Dauerbrenner. Wo setzen Sie an? Wir brauchen Verlässlichkeit: plan- und finanzierbare Projekte, die wirklich vorankommen für die Straße, Schiene, Wasserstraße und digitale Netze. Die IHK bündelt Positionen, bringt Daten bei Veranstaltungen wie Verkehrskonferenzen ein und hält den Druck hoch, wenn es klemmt. Unternehmen müssen Waren, Mitarbeitende und Daten sicher bewegen können – das ist Standortqualität pur. Mecklenburg-Vorpommern befindet sich in der Energie- und Industrietransformation. Was kann die IHK beisteuern? Orientierung. Wir machen Technologien und Förderlandschaft übersichtlich, vernetzen Betriebe mit Projekten in der Region, von Erneuerbaren Energien bis Wasserstoff, und geben realistische Hinweise zu Wirtschaftlichkeit und Qualifizierung. Wichtig ist, dass Mittelstand und Industrie gleichermaßen mitgenommen werden – und dass Erfolge schnell sichtbar werden. Fachkräfte – ohne sie geht nichts. Womit können Betriebe kurzfristig rechnen? Mit handfesten Angeboten: Matching-Events, passgenaue Beratung zu Ausbildung und Weiterbildung, Unterstützung bei Anerkennung und Integration, Hilfe bei der Wohnraumsuche im Verbund mit regionalen Partnern. Und wir werden die Stärken der dualen Ausbildung offensiver sichtbar machen – für Jugendliche, Eltern und Schulen. Und langfristig? Ökonomische Bildung früher und besser verankern, Karrierewege in den Regionen transparent machen, Menschen mit Beeinträchtigung stärker in Arbeit bringen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern – das sind Stellschrauben, an denen wir gemeinsam drehen müssen. Die IHK ist hier Brückenbauerin. Gründung und Nachfolge – zwei Seiten derselben Medaille. Was planen Sie? Wir wollen Gründung noch unkomplizierter machen: Schlanke Erstberatung, „Erst-Check in 48 Stunden“, schnell zum Businessplan-Sparring, Kontakte zu Finanzierung, Förderstellen und Mentorinnen. In der Nachfolge bauen wir Matching und Begleitung aus – früh anfangen, realistische Bewertungen, klare Übergabepläne. Beides sichert Wertschöpfung in der Region und ermöglicht Wohlstand. Wir nutzen hier sämtliche Kanäle, die digitale Begleitung aber auch die persönliche Beratung sind möglich. Und wir bieten Vernetzungschancen - bei Events und auch im Zusammenspiel zwischen Startups und Mittelstand. Wie verstehen Sie die Rolle der IHK in politischen Debatten? Diese Rolle ergibt sich aus dem gesetzlich definierten Auftrag. Demnach müssen wir unabhängig, sachlich und lösungsorientiert sein. Wir sind keine Partei, wir sind die Stimme der gewerblichen Wirtschaft. Wir sagen klar, was funktioniert und was nicht – immer mit dem Ziel, Rahmenbedingungen zu verbessern. Dafür braucht es Dialog, Daten und manchmal auch deutliche Worte - immer vor dem Hintergrund der Gesamtinteressenvertretung. Darin sehe ich ein großes Alleinstellungsmerkmal unserer Organisation. Was wünschen Sie sich von den Unternehmen der Region? Zeit und Offenheit. Sagen Sie uns, was Sie bremst und was Sie brauchen. Nutzen Sie unsere Angebote, geben Sie Feedback – kritisch und konstruktiv. Je genauer wir die Realität kennen, desto wirksamer können wir handeln. Herzlichen Dank und viel Erfolg! Mich treibt der Ehrgeizan, Dinge spürbar besser zu machen – für Menschen, die mit Unternehmergeist Werte schaffen, Innovationen ermöglichen und die Zukunftsfähigkeit unseres Standortes sichern. Wenn am Ende eines Tages ein Betrieb schneller eine Genehmigung erhalten hat, ein Ausbildungsplatz besetzt wurde oder eine Nachfolge gefunden werden konnte, dann hat sich der Einsatz gelohnt. Standortpolitik 13 Wirtschaftskompass 09 | 10 | 2025
RkJQdWJsaXNoZXIy MTkyOTU0Ng==