IHK-Magazin "Wirtschaftskompass", Ausgabe 09, 10/2025

Gisela Schadwinkel nutzt die Gelegenheit: Noch bevor das Interview beginnt, lotst sie die IHK-Mitarbeiter direkt in den Bereich ihres Gebäudes, wo der frische Fisch zerlegt und geräuchert wird. Stolz rückt sie dabei ihre Mitarbeiter in Szene. Man merkt gleich, dass hier eine Unternehmerin mit Herz und Seele am Werk ist. Zusammen mit ihrem Sohn Frank Schadwinkel nimmt sie sich im Anschluss die Zeit für das Interview im Oberdeck - dem familieneigenen Restaurant in der Seeperle direkt am Wismarer Hafen. Danach gefragt, was beide mit der Region verbindet, sprudelt es gleich aus ihr heraus: „Heimatverbundenheit – Wismar bedeutet Wasser und Wasser bedeutet Fisch“. Auch auf die Frage, wie Gisela Schadwinkel denn zur Fischerei gekommen sei, antwortet sie mit leuchtenden Augen: „Mein Großvater war früher Lehrer und ich sollte das auch werden. Aber ich dachte mir, dass das nichts für mich ist. Ja und dann hieß es schnell, was macht man dann? Ich bin also in der Fischerei gelandet und habe dort eine Kaufmannsausbildung gemacht. Und seitdem kenne ich nur Fisch. Ich habe das nie bereut. Denn ich denke bis heute, dass Fisch als Naturprodukt dermaßen interessant ist und man damit ganz viel machen kann.“  LEBEN IN UND MIT DER FISCHEREI VOR 1989 Die Familie Schadwinkel fischte mit dem eigenen Kutter und auch Sohn Frank lernte mit 3 Jahren die Planken des Kutters und die Fische kennen. Er erinnert sich an die Beschränkungen des Fischfangs in der DDR, die vor allem aufgrund des Grenzregimes für die Fischer mitunter sehr anstrengend waren: „Wir durften damals als Familie ja nur in der Wismeraner Bucht fischen, zum Beispiel Aal und Dorsch. Um als Fischer über Timmendorf hinaus zu fahren, durfte nie die ganze Familie mit. Dabei hatten wir immer auch Polizei bzw. Grenzschutz mit auf dem Schiff. Die sind dann durch die Boote gekrochen, um zu gucken, was und wer alles an Bord ist.“ Für Gisela Schadwinkel war die Arbeit im Betrieb dennoch erfüllend. Sie arbeitete sich sogar bis zur Abteilungsleiterin hoch und leitete den Bereich Absatz in der Fischereiproduktionsgenossenschaft bis zur Wende.  NEUSTART IN DIE MARKTWIRTSCHAFT Die Wende brachte dann gravierende Veränderungen mit sich. Gisela Schadwinkel, die sich auf Vertrieb verstand, reagierte rasch. Sie kaufte sich einen Fiat, lud ihn voll mit dem frisch gefangenen Fisch und fuhr nach Schleswig-Holstein, um in Restaurants z. B. Steinbutt anzubieten. Diese Delikatesse war damals wie heute sehr begehrt und brachte gutes Geld ein. Im September 1990 bekam sie ihre Gewerbegenehmigung zum Verkauf und Handel mit Fischprodukten. Für Sohn Frank bedeutete das den Startschuss, im Betrieb mitzuarbeiten. Der Familienbetrieb funktionierte zunächst unter abenteuerlichen Bedingungen, wie sich Frank Schadwinkel erinnert: „Das waren wilde Zeiten. In unserem eigenen Garten räucherten wir dann den Fisch, den wir später verkauften. Das ganze Durcheinander auch in der Struktur unseres Hafens war aber auch eine tolle Herausforderung.“  NEUBAUPROJEKT AM SCHIFFBAUERDAMM Schließlich wurden im Hafen Räumlichkeiten angemietet, um Fisch zu räuchern und zu verkaufen. Das Unternehmen zählte damals etwa 10 Angestellte. Gefangen wurde der Fisch noch selbst auf der Ostsee. Hunderte Kilo Aal pro Fang konnten damals herausgeholt werden, so die Schadwinkels. Der Betrieb platzte aus allen Nähten. Frank Schadwinkel überredete seine Mutter 2006, einen Neubau in Angriff zu nehmen, um genügend Platz für Produktion und Verkauf zu haben. Als Standort wählten die beiden ein Gelände am Schiffbauerdamm unmittelbar am Hafen, denn wie Frank Schadwinkel betont, sollte der Betrieb künftig dort sein, wo auch die Urlauber sind. Die Planungen für den Neubau beinhalteten von Beginn an die Produktion, den Verkauf von eigenen Erzeugnissen und Frischfisch sowie einen Imbiss mit Innen - und Außenplätzen. Frank Schadwinkel: „Wir hatten außerdem die Idee in der zweiten Höhe ein attraktives Fischrestaurant zu integrieren, allerdings wollten wir uns erst einmal darauf konzentrieren, was wir bereits konnten. Da wir nicht aus dem Bereich Gastronomie kamen, wollten wir das Vorhaben etwas ruhiger angehen. Dann stand unsere Hausbank, die Sparkasse Mecklenburg NordIn Wismar hat sich seit 35 Jahren ein Familienbetrieb etabliert, der heute sowohl das beliebte Fischbrötchen auf die Hand als auch hochwertige Meeresspeisen im eigenen Restaurant anbietet. Hier in der “Seeperle” am Hafen in Wismar dreht sich alles um Fisch. Ohne unsere Mitarbeiter sind wir nichts … IHK ZU SCHWERIN Dr. Wolf-Rüdiger Knoll  0385 5103-208 knoll@schwerin.ihk.de  Gisela Schadwinkel 20  Standortpolitik Wirtschaftskompass 09 | 10 | 2025

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