IHK-Magazin "Wirtschaftskompass", Ausgabe 11, 12/2025

Steht der Kauf bzw. Verkauf eines Unternehmens an, ist zunächst zu entscheiden, ob die Veräußerung bzw. der Erwerb im Wege des Share Deals (Anteilskaufs) oder des Asset Deals (Kauf einzelner Unternehmensgegenstände) erfolgen soll. Während beim Share Deal die Anteile an einer Gesellschaft übertragen werden und damit das gesamte Unternehmen mit allen Aktiva und Passiva „en bloc“ auf den Erwerber übergeht, werden beim Asset Deal einzelne Wirtschaftsgüter und Rechtsverhältnisse gezielt aus dem Unternehmen herausgekauft.  UNTERSCHIEDE ZWISCHEN SHARE DEAL UND ASSET DEAL Beim Share Deal erwirbt der Käufer die Gesellschaftsanteile (z. B. an einer GmbH oder AG). Die Gesellschaft bleibt in ihrer rechtlichen Struktur unverändert bestehen, lediglich die Gesellschafter wechseln. Das bedeutet: sämtliche Verbindlichkeiten, Haftungsrisiken und schwebenden Rechtsverhältnisse bleiben bestehen. Der Käufer tritt also in die rechtliche und wirtschaftliche Gesamtsituation der Gesellschaft ein – mit allen Chancen, aber auch mit allen Altlasten. Demgegenüber erlaubt der Asset Deal eine selektive Übertragung von Wirtschaftsgütern. Der Käufer erwirbt nur die im Kaufvertrag genau bezeichneten Vermögensgegenstände (z. B. Maschinen, Grundstücke, immaterielle Rechte wie Marken oder Patente). Verbindlichkeiten gehen nur in engen gesetzlich vorgesehenen Fällen über (z. B. nach § 613a BGB für Arbeitsverhältnisse, nach § 25 HGB für Handelsgeschäfte, sofern keine Ha f t ungs - freistellung v e r e i n - bart wird). Dadurch hat der Käufer die Möglichkeit, die Übernahme von Belastungen weitgehend zu vermeiden und die Risiken deutlich zu reduzieren.  VORTEILE DES ASSET DEALS IM HINBLICK AUF BESTEHENDE VERBINDLICHKEITEN Der wesentliche Vorteil des Asset Deals besteht darin, dass bestehende Verbindlichkeiten grundsätzlich beim Veräußerer verbleiben. Es gehen nur solche Vermögenspositionen und Verbindlichkeiten über, deren Übergang vertraglich vereinbart ist. Dem neuen Unternehmen wird so ein sog. “fresh start” ermöglicht. Zudem bietet der Asset Deal mehr Flexibilität als der Share Deal, da der Käufer gezielt die Vermögenswerte übernimmt, die für die Fortführung der Geschäftstätigkeit notwendig sind, ohne Altlasten mitzukaufen. Im Gegensatz zum Share Deal erfordert der Asset Deal zwar die Einzelaufstellung aller zu übertragenden Vermögensgegenstände, was abhängig von der Größe des Unternehmens und der Anzahl der zu übertragenden Positionen einen nicht unerheblichen Aufwand darstellen kann, jedoch entsteht dadurch für den Erwerber auch ein hohes Maß an Klarheit über den Kaufgegenstand.  DER ASSET DEAL IM INSOLVENZVERFAHREN – ÜBERTRAGENDE SANIERUNG Befindet sich das Unternehmen bereits im Insolvenzverfahren, kann der Asset Deal weiterhin genutzt werden – und zwar im Rahmen der sogenannten übertragenden Sanierung. Dabei verkauft der Insolvenzverwalter die wesentlichen Vermögensgegenstände (z. B. Maschinenpark, Warenlager, Markenrechte, Kundenverträge) an einen Erwerber. Das insolvente Unternehmen selbst wird anschließend liquidiert. In der Praxis hat sich die übertragende Sanierung als häufig genutztes Instrument bewährt, um Unternehmenswerte zu sichern, Gläubiger zu befriedigen und Arbeitsplätze zu erhalten. Ohne die Möglichkeit des Asset Deals wäre eine solche Lösung kaum realisierbar, da Erwerber regelmäßig nicht bereit sind, sämtliche insolvenzbedingten Altlasten zu übernehmen. Der Asset Deal stellt häufig eine äußerst vorteilhafte Alternative zum Share Deal dar, wenn es darum geht, bestehende Verbindlichkeiten und Haftungsrisiken zu vermeiden. Durch die selektive Übernahme von Vermögensgegenständen erhält der Käufer die Möglichkeit, den Betrieb gezielt und entschuldet fortzuführen. Dies gilt nicht nur in der regulären Unternehmensnachfolge oder beim Kauf aus strategischen Erwägungen, sondern insbesondere im Insolvenzverfahren. Die übertragende Sanierung zeigt exemplarisch, dass der Asset Deal einen entscheidenden Beitrag zum Erhalt wirtschaftlicher Werte und Arbeitsplätze leisten kann – während gleichzeitig die Gläubigerinteressen gewahrt werden. Natascha Vehrenkamp Rechtsanwältin SGP Schneider Geiwitz  ASSET DEAL UND ÜBERTRAGENDE SANIERUNG Eine Chance für einen Neuanfang Bild: Pixabay justitia-4137448 Recht & Steuern  39 Wirtschaftskompass 11 | 12 | 2025

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