IHK-Magazin "Wirtschaftskompass", Ausgabe 05/2023

„Man kann meckern und nichts tun. Oder man kann etwas machen und zur Veränderung beitragen.“ Dr. Heike Thierfeld setzt auf Letzteres. Als hätte sie zu viel Zeit… Die Allgemeinmedizinerin und Chirurgin praktiziert in der Landeshauptstadt. Sie ist Unternehmerin, Chefin, universitäre Lehrärztin, in verschiedenen Berufsverbänden vertreten… Und sie ist seit vielen Jahren Mitglied der IHK-Vollversammlung, fast ein Jahrzehnt Vizepräsidentin der Industrie- und Handelskammer zu Schwerin, Vorsitzende des IHK-Ausschusses für Gesundheitswirtschaft sowie Mitglied im Kuratorium Gesundheitswirtschaft MV. Die Schwerinerin agiert als Botschafterin für eine Berufsgruppe, die nicht Metallteile produziert, sondern Wertschöpfung im Bereich Gesundheit. Sie ist Visionärin bei der Entwicklung des Gesundheitslandes MV, gleichwohl Mitkämpferin für ein Betriebliches Gesundheitsmanagement. Dieses darf nicht halt machen vor Führungskräften. „Nur, wenn es den Chefs gut geht, kann das auch für Mitarbeitende möglich sein“, sagt die 58-Jährige. Das Thema gehört in die Köpfe. Dafür muss noch eine Menge getan werden. Sie macht es. Heike Thierfeld kennt, wie viele andere Unternehmer, diese nicht enden wollenden Arbeitstage zur Genüge und bürdet sich dennoch ein großes Maß an weiteren Verpflichtungen auf. „Ich arbeite eben gern, auch im Ehrenamt.“ Diese Tätigkeit darf gern zielführend und sinnstiftend sein. „Es ist ernüchternd und verleidet das Engagement, wenn ich diagnostiziere, dass etliche Politiker weit weg sind von Berufstätigen, Notwendiges in der Wirtschaft nicht wahrnehmen und uns Ehrenamtliche im Stich lassen.“ Diese Kritik hat die Dosis der Homöopathie längst überschritten. Nach der letzten Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern sei das Kuratorium nicht neu berufen worden. Das mache handlungsunfähig, die Legitimation fehle. (Gesprächs-) Termine lassen auf sich warten, der Masterplan Gesundheit 2030 liege quasi in der Schublade. „Unser Engagement soll der Wirtschaft sowie dem Land helfen und nicht wertvolle Ressourcen vergeuden.“ Es geht, nebenbei gesagt, in ihrer Strategiegruppe um nichts Geringeres als strategische Entscheidungen für die Bereiche Prävention, Rehabilitation und Medizin. Heike Thierfeld selbst agiert dienstleistungsorientiert. Sie macht den Mund auf, wenn etwas zu sagen ist. Und handelt, damit etwas passiert. „Bei der IHK gelingt das besser. Die Kammer treibt das Gesundheitsmanagement für Unternehmen voran: mit Workshops, Best Practise und vielen Informationen. Es gibt aber Unterschiede. Große Firmen bestreiten die Kür. Sie stellen Obstkörbe bereit, unterbreiten Bewegungsangebote, ermöglichen Fürsorge. Für kleinere Betriebe ist das im Alltag nahezu unmöglich“, sagt die Ärztin. Wer kann schon einen BGMBeauftragten einstellen, der sich dann vorbildlich kümmert…? Angesichts des Fach- und Arbeitskräftemangels wird jede Hand zur Wertschöpfung gebraucht. „Und schon stehen Gesundheitsschutz und -erhalt nicht mehr da, wo sie hingehören. Das ist keine gute Entwicklung“, sagt die Ärztin mit dem Blick aufs Ganze. Und der kommt in der eigenen Praxis nicht zu kurz. Wenn reden nicht mehr hilft, gibt es Weiterbildungen fürs Team, um sich gegen zunehmende Respektlosigkeit zu wehren. „Die Situation macht etwas mit Menschen. Manche Patienten reagieren aggressiv. Auch diesbezüglich sind wir Arbeitgeber gefordert, um unsere Mitarbeitenden zu schützen.“ Sich selbst schützt Heike Thierfeld, indem sie Grenzen aufzeigt und möglichst keine Probleme mit nach Hause nimmt. Das Handy bleibt nach Dienstschluss liegen, das Radio aus. Mit dem Hund umrundet die sportive Frau gern den Faulen See, zieht so manche Bahn in der Schwimmhalle oder entspannt beim Motorradfahren. Der Garten liefert Frisches zum Kochen, ein gutes Buch Nahrung für die Seele. Ein bisschen der knappen Zeit gönnt sie ihrer Geige, zuweilen auch bei Auftritten. All das hilft ihr, den hohen Ansprüchen an sich selbst gerecht zu werden. Sie beherrscht alle Handgriffe in der Praxis: mit Stethoskop oder Skalpell, am Empfangstresen, in der Führung ihres Teams, bei der Arbeit im Ehrenamt. Nur eines macht sie nicht mehr: Nachtschichten. „Nach unzählig vielen Krankenhausdiensten mit 80 Stunden-Wochen und noch mehr Einsätzen als Notärztin genieße ich es jetzt, nachts einfach schlafen zu können.“ Barbara Arndt  GESUNDHEITSWIRTSCHAFT UND EHRENAMT „Unser Engagement soll der Wirtschaft helfen“  Dr. Heike Thierfeld, Allgemeinmedizinerin und Chirurgin Bild: info@paperheroes.de 18  Titelthema Wirtschaftskompass 05 | 2023

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