IHK-Magazin "Wirtschaftskompass", Ausgabe 09/2023

Immer weniger Menschen in Deutschland wollen ein Unternehmen gründen und sich selbstständig machen. Das ist das besorgniserregende Ergebnis des diesjährigen DIHK-Reports Unternehmensgründung. Mit dem DIHK-Report Unternehmensgründung analysiert die Deutsche Industrie- und Handelskammer regelmäßig die aktuellen Entwicklungen beim Gründungsgeschehen in Industrie, Handel und Dienstleistungsbranchen. Danach stellt der Negativtrend bei den Gründungen ist eine ernstzunehmende Gefahr für unsere Wirtschaft dar. Dem deutschen Mittelstand droht nach und nach das Fundament wegzurutschen. Vor allem klassische Branchen wie der Handel, Dienstleistungen sowie das Gastgewerbe seien betroffen. Die DIHK fordert umgehend Aktivitäten der Politik für ein unternehmerfreundlicheres Umfeld. Grundlage des DIHK-Reports sind Berichte von 350 Beraterinnen und Beratern für Existenzgründung der regionalen Industrie- und Handelskammern. Demnach gingen nicht nur im vergangenen Jahr die Beratungsgespräche zu Neugründungen zurück, vor allem langfristig sei die Entwicklung stark negativ. Seit 13 Jahren interessieren sich stetig weniger Menschen für eine Gründung. Im Jahr 2010 führten die IHKs noch 431.000 Gespräche, im vergangenen Jahr interessierten sich nur noch 154.800 Menschen für Informationen und Beratung zur Gründung. Das sind deutliche 42 Prozent weniger als im Vorkrisenjahr 2019 – ein solch starker Rückgang ist in keiner Weise allein mit der demographischen Entwicklung zu erklären. Selbst in Zukunfts-Branchen wie Informations- und Kommunikationstechnologie oder unternehmensnahe Dienstleistungen flaue das Interesse massiv ab. Aktuell sind viele Menschen verunsichert und scheuen den Schritt in die Selbstständigkeit. Dem Land geht dadurch ein großes unternehmerisches und wirtschaftliches Potenzial verloren. Sie müssten wieder den Mut bekommen, sich auszuprobieren, innovative Ideen zu verfolgen und zu gründen. Erfreulich: Das Gründungsinteresse von Frauen ist stabil. Für sie zählen insbesondere Flexibilität und bessere finanzielle Anreize sowie, dass sie einen gesellschaftlichen Beitrag leisten können. Natürlich hinterlässt auch die demografische Entwicklung Spuren analysiert die DIHK. Die gründungsstarken Jahrgänge zwischen 18 und 35 Jahren würden ausdünnen. Zudem finden gerade gut qualifizierte Menschen lukrative Möglichkeiten in Festanstellungen oder im öffentlichen Dienst – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Gleichzeitig schrecken die Jungunternehmer aber vor allem unsichere Rahmenbedingungen wie die Auswirkungen des Ukrainekrieges, die hohen Energiekosten und die hartnäckige Inflation sowie bürokratische Hürden ab. Die IHKs berichteten, dass manche Gründungswillige ihr Vorhaben aufschieben, um das Geschäftsmodell eventuell neuen Gegebenheiten anzupassen. Es sei dringend geboten, das Unternehmertum in Deutschland stärker in den Fokus zu rücken. Mit der digitalen Transformation, der Energiewende und den Chancen der Künstlichen Intelligenz warten viele Herausforderungen auf die Gesellschaft. Die DIHK appelliert an die Politik, gezielt Anreize zu setzen, damit wieder mehr Menschen mit Freude ein Unternehmen gründen.  MITTELSTAND Immer weniger Gründungen Der vollständige Report steht unter www.ihk.de/schwerin im Artikel 5878236 zum Download bereit. 2010 431.121 Einstiegsgespäche -2% (135.023) IHK Gründungsberatung -8% (19.762) 394.278 327.240 320.473 306.959 276.264 283.175 275.142 248.476 268.658 177.326 159.682 154.785 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 ZAHL DER BERATUNGEN BEI DER IHK ZU SCHWERIN WEITER STABIL Die Beratungszahlen der IHK zu Schwerin bleiben entgegen des Bundestrends stabil. So sind die Anzahl der Gespräche in den letzten drei Jahren gleichge- blieben und konnten die Gespräche zur Unter- nehmensnachfolge sogar gesteigert werden. Sehr erfreulich ist auch der hohe Anteil an Beratungsgesprächen mit gründungswilligen Frauen. Hier fanden bis Juli 2023 50 Prozent der Gründungsgespräche mit Frauen statt. Existenzgründung & Unternehmensförderung  31 Wirtschaftskompass 09 | 2023

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