IHK-Magazin "Wirtschaftskompass", Ausgabe 09/2023

Bild: IHK Die von der Landesregierung MV nunmehr vorgelegte Neufassung des Vergabegesetzes MV wird von der Wirtschaft deutlich kritisiert. Das Vergabewesen ist ein öffentlicher Wettbewerb und daher der falsche Ort für sozialpolitische Bestrebungen der Regierungskoalition. Der eigentliche Wettbewerbsgedanke eines öffentlichen Vergabeverfahrens kommt zu kurz: Fachliche Eignung, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit waren die Entscheidungskriterien für den Zuschlag. Erst dann folgte der Preisvergleich zur Ermittlung des annehmbarsten Angebotes.  ENTWURF DER LANDESREGIERUNG Der von der Regierungskoalition vorgelegte Gesetzentwurf soll durch die „Hintertür“ für öffentliche Vergaben das Tarifwesen und die Tarifbindung faktisch einführen. Die drei Industrie- und Handelskammern und die beiden Handwerkskammern hatten sich sehr kritisch geäußert. In der nun vorliegenden Fassung finden sich unsere Bedenken und dringenden Anregungen zur Änderung nicht wieder. Unter dem Vorwand der öffentlichen Vergabe soll nun der Gesetzentwurf die Basis sein, einen vergaberechtlichen Mindestlohn selber durch die Landesregierung festlegen zu wollen. Die Gesetzgebungskompetenz hierzu hat jedoch einzig der Bund und nicht die Landesregierung. Das Mindestlohngesetz bildet den Rahmen. Der Entwurf erinnert an den damaligen Versuch der Opposition ‚Die Linke‘ ein „Vergabetarifgesetz“ zu installieren: Tatsächlich soll nun ein Hauptkriterium zur Vergabe öffentlicher Aufträge mindestens der Tariflohn oder tarifgleiche Entlohnung das entscheidende Kriterium sein. Mit dem weiteren Kriterium ‚Nachhaltigkeit‘ soll das Ziel einer Steigerung der Wertschöpfung vor Ort und kurzer Lieferwege verfolgt werden. Offen bleibt hingegen wie dies zu prüfen ist: Viele Leistungen, Baustoffe und Produkte werden gar nicht in MV hergestellt. Dieser Nachhaltigkeitsansatz kann schnell ‚Blendwerk‘ sein und ist in der Praxis schlicht nicht umsetzbar. Deutlich kritisiert wird zudem der erhebliche bürokratische Aufwand: Die Wirtschaft versucht effiziente und schnelle Verfahren umzusetzen und hatte das amtliche Verzeichnis zur Präqualifikation für Unternehmen gefordert und erfolgreich mit umgesetzt. Nun wird aber von den Unternehmen ein deutlicher zusätzlicher Aufwand abgefordert. Im Rahmen des nun anstehenden Gesetzgebungsverfahren haben die Wirtschaftskammern eine deutliche Abkehr von den politisch motivierten Vergabekriterien verlangt. Der Gesetzentwurf sollte nach Ansicht der Regierungskoalition noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Wie die öffentlichen Auftraggeber die tarifliche oder tarifgleiche Entlohnung prüfen soll, blieb unbeantwortet in der öffentlichen Anhörung des Wirtschaftsausschusses. Bereits jetzt zeigt sich ein erheblicher Beratungsbedarf aller öffentlich Vergabebeteiligten in MV an. Mit der ABST Auftragsberatungsstelle MV e.V. werden zeitnah notwendige Schulungsmodule angeboten. Am 21. September 2023 findet von 09:30 bis 17:30 Uhr der nächste Vergaberechtstag MV in Rostock statt (Vienna House by Wyndham Sonne Rostock, Neuer Markt 2, 18055 Rostock). Auch in diesem Jahr bringen wir die Stakeholder des Vergaberechts zu einem umfassenden Austausch zusammen. Einen Tag lang teilen Richter, Rechtsanwälte und Anwender Ihre Expertise zu aktuell Wissenswertem und Wichtigem rund um das öffentliche Auftragswesen. Im Anschluss an die jeweiligen Vorträge beantworten die Referenten Fragen aus dem Auditorium. Zudem werden wir in diesem Jahr auch eine Podiumsdiskussion durchführen.  NÄHERE INFORMATIONEN ZUM PROGRAMM www.abst-mv.de/vergaberechtstag-mv  KRITISCHES VORGEHEN Vergaberecht ist Wettbewerbsrecht 2. Vergaberechtstag MV IHK ZU SCHWERIN Klaus Uwe Scheifler  0385 5103-301 scheifler@schwerin.ihk.de AUFTRAGSBERATUNGSSTELLE MECKLENBURGVORPOMMERN E.V. Lars Wiedemann  0385 61738117 wiedemann@abst-mv.de www.abst-mv.de 34  Existenzgründung & Unternehmensförderung Wirtschaftskompass 09 | 2023

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