IHK-Magazin "Wirtschaftskompass", Ausgabe 11/2023

Bilder: AMV Die Ernährungswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern schaut auf die Krisen der vergangenen Jahre und stellt fest: Die Produktion ist stabil, egal was passiert. Aber hält die Branche den andauernden und immer neuen Herausforderungen stand? Ende September kam die Branche in Rostock zusammen und hat über „Änderungen als neue Routine“ diskutiert. Gut 200 Gäste aus Norddeutschland und Brandenburg kamen zum inzwischen 6. Norddeutschen Ernährungsgipfel ins Kongresszentrum Hohe Düne. Erstmals waren auch internationale Teilnehmer beim Gipfel dabei – eine Delegation von Unternehmern, Beratern und Anwälten aus dem Food Business aus den USA und Kanada haben den Ernährungsgipfel als Teil einer Reise nach Mecklenburg-Vorpommern besucht. In einem kurzen Vortrag wurden dabei auch die aktuellen Themen und Innovationsmöglichkeiten in Nordamerika beleuchtet. In den Diskussionen und in den Pausen des Ernährungsgipfels wurde von der Unternehmerschaft immer wieder auf die schwierige Situation der Branche hingewiesen. War die Ernährungswirtschaft schon vor den Krisenjahren in der Klammer zwischen Rohstoffmärkten und Einzelhandel, so sind nun die Preise für Arbeitskraft und Energie massiv gestiegen und die Preise für Rohstoffe unterliegen massiven Preisschwankungen und -steigerungen. Hinzu kommen Inflation und der weiterhin massive Druck an dem Handel. Bislang, so ist als Grundstimmung zu vernehmen, konnten die Produzenten eine stabile Versorgung mit Lebensmitteln garantieren. Zugleich geraten Unternehmen dabei aber an wirtschaftliche Grenzen, erste Unternehmen haben bereits den Rückzug vom Markt realisiert. Die Kernfrage des Norddeutschen Ernährungsgipfels war in diesem Jahr: „Wie schmeckt die Zukunft?“ Manon Struck-Pacyna vom Lebensmittelverband Deutschland zeigte auf die neuen Möglichkeiten der Produktion und Veredlung und vor allem auf die Veränderungen im Verbraucherverhalten. So sehen internationale Branchenexperten etwa einen Durchbruch beim Einsatz von Insekten und künstlich hergestelltem Fleisch als Teil der Proteinversorgung der Welt. Zudem verwies sie auf die schon laufenden Trends beim Verzicht auf Lebensmittel tierischer Herkunft. Und auch ohne den konsequenten Verzicht auf tierische Lebensmittel sieht der Lebensmittelverband Deutschland eine wachsende Zahl von „Flexitariern“ – Kunden also, die den Verbrauch von Fleisch vermindern, aber nicht verzichten. Der Ernährungsgipfel nahm diese Themen auch sofort mit einem regionalen Aspekt auf. Christian Baudisch ist Geschäftsführer des AgriTech Start-ups Entava GmbH aus Roggentin. Entava ist kürzlich aus dem Labor in eine knapp 1.000 m2 große Produktionshalle für Mehlwürmer umgezogen und zieht, verarbeitet und veredelt diese Insekten. Im Ergebnis stehen getrocknete und gemahlene Insekten für den menschlichen Verzehr. Insektenöle werden ebenfalls von Entava angeboten, diese werden insbesondere bei der Herstellung von Kosmetika verwendet. Das Unternehmen bietet dabei auch lebende Mehlwürmer für den Einsatz als Tierfutter an. Die interessierten Nachfragen aus dem Kongress zeigen das Interesse der Branche an diesen „Novel Foods“ in der Branche. Weltweit sind Start-ups beim Thema der Entwicklung und Produktion von künstlichem Fleisch – auch Cultured Meat, Clean Meat oder In-vitro-Fleisch genannt – engagiert. Hierbei geht es um Fleisch, welches auf der Basis von tierischen Stammzellen hergestellt wird. Laura Gertenbach kommt aus einer Familie von Landwirten, führt selbst einen Fleischhandel und hat 2017 Innocent Meat gegründet. Sie stellte die Technologie vor, bei der in einem „Bio-Reaktor“ Fleisch und Fett produziert werden und dann als Hackfleisch weiterverarbeitet werden können. Innocent Meat hat eine solche Technologie entwickelt und wird in der Zukunft die Bestandteile der Produktionsanlage sowie das Know-how liefern und über den Output der Technologie Erlöse generieren. Beide Start-ups zeigen: MV kann Food-Innovation! Die IHKs aus Mecklenburg-Vorpommern haben den Norddeutschen Ernährungsgipfel begleitet. IHKGesprächspartner aus Schwerin, Neubrandenburg und Rostock waren vor Ort und informierten die Unternehmer über Beratungs-, Veranstaltungs- und Informationsangebote der Industrie- und Handelskammern.  NORDDEUTSCHER ERNÄHRUNGSGIPFEL Food-Branche aus MV stellt sich der Krise  Laura Gertenbach entwickelt eine Technologie zur Herstellung von künstlichem Fleisch und stellte diese bei Gipfel in Rostock vor Der Norddeutsche Ernährungsgipfel war wieder sehr gut besucht. Das große Interesse der Teilnehmer zeigt, welch hohe Bedeutung die Kommunikation untereinander einnimmt. Der fachlich fundierte Austausch zu aktuellen Themen, aber auch der Blick nach vorne sind charakteristisch für den Norddeutschen Ernährungsgipfel.“ Tobias Blömer, AMV-Vorsitzender und Geschäftsführer Die Rostocker Wurst- und Schinkenspezialitäten GmbH. Tobias Blömer, AMV-Vorsitzender 24  Titelthema Wirtschaftskompass 11 | 2023

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