IHK-Magazin "Wirtschaftskompass", Ausgabe 11/2023

Wer in Wittenburg von der Autobahn in Richtung Hamburg abfährt, der fühlt sich wie auf einem großen Busbahnhof. Zu Dutzenden stehen rote Busse dort auf einem Grundstück. Das hat etwas mit den sich verändernden Marktverhältnissen in Hamburg zu tun. Inzwischen stehen viele gebrauchte Fahrzeuge, die zuvor in anderen europäischen Ländern gefahren sind, auf Wittenburger Plätzen. Aktuell an drei Standorten. Besonders auffällig sind die Busse des 62-jährigen Esad Dedic. Der aus dem früheren Jugoslawien stammende Mann hat gleich eine ganze Flotte von roten Fahrzeugen aus Skandinavien erstanden und sie direkt an der A24 abgestellt. Auf einem Grundstück zwischen McDonald‘s und dem Dämmstoffhersteller Jaeger. Auf die gut 10.000 Quadratmeter passen noch viel mehr Busse als bisher dort stehen. „Die Marktverhältnisse in Hamburg, wo wir bisher waren, haben sich verändert. Dort steht jetzt der Bau von Wohnungen im Vordergrund, alte Verträge werden aufgelöst. Und als Händler ist es in Hamburg extrem schwer, überhaupt eine neue Fläche zu finden.“ Es sei neben der Lage auch der im Vergleich zu Hamburg viel niedrigere Preis, der ihn gelockt habe. Denn das Unternehmen aus Hamburg ist gekommen, um zu bleiben. Und es kommen noch mehr Firmen aus der Branche. Am Wölzower Weg ist bereits „F. Samadi - Gebrauchte Nutzfahrzeuge“ untergekommen. Vermieter Jürgen Baumgarten bestätigte, dass sich die Marktlage in Hamburg geändert habe. „Die Händler waren bisher in Hamburg-Billstedt zu Hause, die Hansestadt will das ganze Gebiet umgestalten, und da müssen sich die Händler neue Plätze suchen.“ Verkauft werden die in Wittenburg stehenden Omnibusse übrigens weltweit. In arabischen Ländern stünden Mercedes-Busse hoch im Kurs, andere Länder würden sich für andere Marken interessieren. Die roten Gebrauchtfahrzeuge in Wittenburg sind im Übrigen Wasserstoffbusse, die meist so zwischen 450.000 und 500.000 Kilometer auf dem Tacho haben. Die Verkaufspreise würden so zwischen 15.000 und 30.000 Euro liegen, verriet Händler Dedic. Das sei ein Bruchteil des Neupreises. Weil die 22.500 Tonnen Restmüll, die derzeit pro Jahr im Landkreis Ludwigslust-Parchim eingesammelt werden, verbrannt werden, sollen sich die Gebühren für Private ab Januar zum Teil deutlich erhöhen. Das liegt an den Plänen der Bundesregierung zur Besteuerung von Kohlendioxid. Ein deutscher Sonderweg. In der Folge fallen im kommenden Jahr allein im Landkreis mehr als 523.000 Euro an Zusatzkosten an, ein Jahr später sind es sogar mehr als 600.000 Euro. „Diese Differenz kann niemand mehr ausgleichen, wir sind praktisch zu Gebührenerhöhungen gezwungen“, fasst Steffen Grünwaldt als Vorstand der Abfallwirtschaft (ALP) zusammen. Mit dieser Steuer, von der der Landkreis gar nichts habe, liege die Steigerung der Gebühren zwischen 14 und 17 Prozent. Ohne die CO2-Steuer wären es nur acht bis zehn Prozent. Eine Alternative zur Verbrennung ist für den Kreis jedoch nicht absehbar. „Eine Aufbereitung über mechanisch-biologische Anlagen wäre noch teurer“, ist Ralf Drexler, Geschäftsführer der Alba Nord GmbH überzeugt. Eines seiner Tochterunternehmen betreibt die Verbrennungsanlage in Ludwigslust. Der Bundestagsabgeordnete Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU-Fraktion) aus Bayern war einer der wenigen, die sich gegen diese Pläne gewandt haben. Seine Aussage im entsprechenden Bundestagsausschuss: „Abfall bzw. Restmüll ist kein fossiler Brennstoff, weshalb eine CO2-Bepreisung im Sinne des Brennstoffemissionshandelsgesetzes nicht zielführend ist.  KOSTEN STEIGEN FÜR GEBÜHRENZAHLER Sie führt zu höheren Kosten für die Gebührenzahler.“ Dabei hat die Abfallwirtschaft in der Region auch ohne diese Sondersteuer genug Sorgen. Das reicht von den deutlich gestiegenen Personalkosten über dramatisch gesunkene Erlöse für Papier und Kartonagen bis hin zur Lkw-Maut. Auch die soll im kommenden Jahr deutlich steigen. Für AlbaNord macht das bei 160 Fahrzeugen eine Steigerung von 83 Prozent aus. Die auf die Bürger umgelegt werden müssen. „Wir fragen uns wirklich alle in der Branche, wer das noch bezahlen soll“, so Geschäftsführer Ralf Drexler. Formal muss über die neuen Gebühren noch der Kreistag entscheiden. Wittenburg ist Handelsplatz für Busse CO₂-Steuer: Müllgebühren steigen  Alba TAV Betriebs GmbH. Müllverbrennungsanlage in Ludwigslust, diese Anlage wird jetzt für Tausende zum Kostentreiber, weil die Bundesregierung es so will.  Bushändler Esau Dedic hat mit seiner Flotte an Gebrauchtfahrzeugen an der Autobahn in Wittenburg eine neue Heimat gefunden. Bilder: Pohle; Alba TAV Betriebs GmbH; Block Menü 10  Wirtschaftsregion Westmecklenburg Wirtschaftskompass 11 | 2023

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