IHK-Magazin "Wirtschaftskompass", Ausgabe 11/2023

Magazin der IHK zu Schwerin 11 | 2023 WIE SCHMECKT DIE ZUKUNFT? Sonja Schindler Leitung Unternehmenskommunikation Sweet Tec GmbH Schüler-Praktika über die IHK-Lehrstellenbörse 36 Die Coworking-Landschaft 38 Gewerbeflächen bleiben ein wertvolles Gut 44 WIKO Wirtschaftskompass Westmecklenburg

www.industrie-zukunft.de Westmecklenburg als Teil der Metropolregion Hamburg kann auch In|du|strie! Leben und Arbeiten im Urlaubsland Nr. 1 ist hier Wirklichkeit! Mit der Akzeptanzoffensive In|du|strie Gemeinsam. Zukunft. Leben. will die Industrie in dem östlichen Teil der Metropolregion Hamburg auf sich und auf die guten Standortbedingungen aufmerksam machen. Westmecklenburg kann auch In|du|strie: Mit den Unternehmen vor Ort, für Fach- und Führungskräfte und für Investoren. Entdecke das du zur Industrie in Westmecklenburg! | |

Bilder: Die Ernährungswirtschaft ist in Mecklenburg-Vorpommern sehr präsent. Sie gilt traditionell als stärkster Wirtschaftszweig im verarbeitenden Gewerbe – sowohl was Umsatzerlöse angeht, aber auch bei der Anzahl der Beschäftigten. Gerade in Westmecklenburg konzentrieren sich die meisten Betriebe der Ernährungswirtschaft in MV. Einen Überblick bietet dazu die IHK-Publikation „Agrar- und Ernährungswirtschaft in Westmecklenburg“, in der die über 150 Unternehmen mit ihren Leistungen eindrucksvoll dargestellt werden. Trotz der Volksweisheit „Gegessen und getrunken wird immer!“ stehen die Lebensmittelproduzenten massiv unter Druck. Viele Faktoren wirken sich ungünstig auf deren Geschäfte aus. Gestiegene Rohstoff- und Energiepreise sowie der Mangel an Arbeitskräften aber auch Verkaufspreise sind fundamentale Schwierigkeiten. So beschäftigen sich nach aktuellen Erkenntnissen fast ein Viertel der Unternehmen der Ernährungswirtschaft in MV mit der Aufgabe oder dem Verkauf ihres Unternehmens. Hochproblematisch für die hiesige Wirtschaft ist aber die Einfuhr und Vermarktung von Lebensmitteln aus dem benachbarten Ausland. Dort produziert man mit weniger staatlich verordneten Gütesiegeln und geringeren Arbeitskosten zu einem günstigeren Preis. Dies hat direkte Auswirkungen beim Absatz der hier hergestellten Produkte, denn Verbraucher entscheiden häufig am Regal über den Preis, zu welchem Produkt sie greifen. Die kleine und mittelständische Ernährungswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern leidet darunter massiv. Auf dem kürzlich stattgefundenen Norddeutschen Ernährungsgipfel erging deshalb die Aufforderung an die Politik, die sichere Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen Produkten aus der Region mit geeigneten Maßnahmen zu unterstützen. Die Lebensmittelproduzenten setzen bereits die Erkenntnis um, dass sich Ernährungsgewohnheiten verändern und zeigen sich innovationsfähig. Bildgebende Verfahren sind bei der Produktion von Lebensmitteln lange bekannt, nun kommen künstliche Intelligenz und ein Mehr an autarken Landtechnik- und Produktionssystemen zum Einsatz. Neue Produkte, insbesondere vegane und vegetarische Angebote bilden einen starken Wachstumsmarkt. Mecklenburg-Vorpommern ist Teil dieser AgriStartup-Szene. Junge Unternehmer haben schon vor Jahren eine Technologie für die Nutzung alternativer Proteine aus der Blauen Süßlupine in den Markt gebracht. Wissenschaftler aus dem Bundesland entwickeln innovative Verfahrung für die Nutzung bisheriger Reststoffe der Lebensmittelproduktion – so hat man in Neubrandenburg ein Verfahren zur Gewinnung von hochwertigem Eiweiß aus Biertreber entwickelt anstatt diesen hochenergetischen Stoff in die Biogasanlage zu geben. Aktuell kommen Startups mit innovativen und nachgefragten Produkten aus Insekten um die Ecke und in Rostock wird ein Verfahren zur Produktion von künstlichem Fleisch entwickelt. Trotz aller Herausforderungen: Die Ernährungswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern ist stark und innovativ. Die hohen Qualitätsansprüche sind ein Markenzeichen der gesamten Branche. Dennoch sind viele Unternehmen an der Grenze der Belastbarkeit angelangt. Es bedarf nun konkreter Maßnahmen zur Entlastung. Bürokratische Hemmnisse müssen abgebaut werden, eine auskömmliche Preisgestaltung muss möglich sein, eine stabile Versorgung mit Energie zu annehmbaren Preisen muss garantiert werden. Zuletzt müssen geeignete Programme für die unkomplizierte Beschäftigung auch von Arbeitskräften mit Fluchterfahrung greifen. Siegbert Eisenach Hauptgeschäftsführer Rubrik  1 Starke Branche in schwieriger Lage Bild: info@paperheroes.de IHK Direkt 0385 5103 111 Der schnelle Weg zur IHK. Hochproblematisch für die hiesige Wirtschaft ist aber die Einfuhr und Vermarktung von Lebensmitteln aus dem benachbarten Ausland. Dort produziert man mit weniger staatlich verordneten Gütesiegeln und geringeren Arbeitskosten zu einem günstigeren Preis. Editorial Wirtschaftskompass 11 | 2023

 STANDORTPOLITIK 14 Steuererklärung statt Klimaschutz 17 Landessieger gekürt 18 Von Bögen und gutem Journalismus  TITELTHEMA 20 Wie schmeckt die Zukunft? 22 Plasma-Wasser aus MV stärkt Getreide 23 MeLa zeigt moderne Ernährung 24 Food-Branche aus MV stellt sich der Krise 25 Ernährungswirtschaft in Schieflage? 26 Sommertour der Ministerpräsidentin 27 Unternehmen machen IHK meinungsstark 27 Ernährungsbranche immer präsent 28 Für eine starke Ernährungswirtschaft 28 Hier geht es um die Wurst 30 Sweet Tec wächst 30 Mit Landesbürgschaft zum Neubau 32 Ausbildungsberufe der Ernährungswirtschaft  AUS- & WEITERBILDUNG 34 TOP-Ausbildungsbetrieb 2024 35 IHK-Berufsbildungsausschuss 36 Schüler-Praktika über die IHK-Lehrstellenbörse 37 IHK-Meister und Fachwirte geehrt  EXISTENZGRÜNDUNG & UNTERNEHMENSFÖRDERUNG 38 Die Coworking-Landschaft 40 Modul Unternehmenssicherung 40 Zuschüsse für Gründerseminare 41 Maritime Wirtschaft 42 Nachfolger suchen Unternehmen 43 Schweriner Wissenschaftswoche 44 Gewerbeflächen bleiben ein wertvolles Gut 45 Unternehmen beraten Unternehmen  RECHT & STEUERN 46 Fachkräfteeinwanderungsgesetz 47 Amtliche Bekanntmachung 48 30. Nordische Bausachverständigen-Tage 37 43  SCHWERINER WISSENSCHAFTSWOCHE Die diesjährige Schweriner Wissenschaftswoche findet vom 20. bis 24. November statt.  IHK-MEISTER UND FACHWIRTE GEEHRT In der Industrie- und Handelskammer zu Schwerin wurden am 30. September 2023 die Zeugnisse an 83 Absolventinnen und Absolventen der IHKWeiterbildung überreicht. Inhalt 2  Inhalt Wirtschaftskompass 11 | 2023

18  VON BÖGEN UND GUTEM JOURNALISMUS Mit dem RUFER-Medienpreis würdigten die Industrie- und Handelskammern in Mecklenburg-Vorpommern am 20. September bereits zum 15. Mal einen differenzierenden und verantwortungsvollen Wirtschaftsjournalismus.  FACHKRÄFTEEINWANDERUNGSGESETZ Am 23. Juni hat der Bundestag das Gesetz und die Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung beschlossen.  TOP-AUSBILDUNGSBETRIEB 2024 Die Industrie- und Handelskammer zu Schwerin schreibt zum 13. Mal den Wettbewerb "TOP-Ausbildungsbetrieb" aus. 34 46 Inhalt  3 Wirtschaftskompass 11 | 2023

HNP Mikrosysteme produziert seit 25 Jahren Mikropumpen und Dosiersysteme. Das Jubiläum am 15. September feierten die Mitarbeiter zusammen mit Freunden, Unterstützern, Wegbegleitern und Besuchern aus der ganzen Welt. Selbstverständlich überbrachte auch der Hauptgeschäftsführer der IHK zu Schwerin, Siegbert Eisenach, die herzlichsten Glückwünsche und lobte das erfolgreiche Engagement der Geschäftsleitung und aller Beschäftigten bei HNPM. Mit Blick auf den Ostorfer See, am Bleicherufer, sitzt mit HNP Mikrosysteme ein Unternehmen, das dort kaum jemand erwartet. Hier werden Mikropumpen produziert. Die kleinsten Pumpen sind kleiner als ein Kugelschreiber und arbeiten hochpräzise im Mikroliterbereich. Mit einem Augenzwinkern fasst Dr. Gerald Vögele, Technischer Leiter bei HNPM, die spannenden Aufgaben für Mikropumpen so zusammen: "Die reichen vom Ozean bis in den Weltraum, von der Blutanalyse bis zum Theaterblut und von Australien bis in die USA." Soll heißen, es ist ein internationaler Markt mit Kunden aus der instrumentellen Analytik, dem Maschinen- und Anlagenbau, der chemischen und pharmazeutischen Produktion sowie der Luft- und Raumfahrt. Fast 80 Prozent der Pumpen und Dosiersysteme werden in alle Welt exportiert. Startschuss war 1998 am Standort Parchim mit 5 Mitarbeitern. 2013 zog das Unternehmen nach Schwerin. Heute arbeiten knapp 90 Mitarbeiter in Konstruktion, Entwicklung, Qualitätssicherung und Montage. Außerdem gibt es ein spezialisiertes Vertriebsteam aus Ingenieuren und Naturwissenschaftlern, ein Büro in Straßburg und ein Tochterunternehmen in Chicago. "Nach 25 Jahren vom Start-up zum Mittelständler - das ist eine tolle Teamleistung rund um eine innovative Idee mit viel Durchhaltevermögen," sagt Dr. Thomas Weisener, Geschäftsführer bei HNPM. Die große Jubiläumsfeier war ein Dankeschön an alle Unterstützer aus Wirtschafts- und Kommunalpolitik, an Lieferanten, internationale Vertriebspartner und vor allem an alle Mitarbeiter. Statt Blumen wünschte sich die Geschäftsleitung eine Spende an den VDIni-Club Schwerin. Thomas Heinze, Leiter des VDIniClubs, freut sich über die Unterstützung des Kinder-Technik- Clubs. Er arbeitet selbst als Entwicklungsingenieur bei HNPM. Die aktive Förderung des technischen Interesses von Kindern und Jugendlichen liegt dem Unternehmen am Herzen.  Die Geschäftsleitung feierte das Jubiläum mit allen Mitarbeitern sowie den internationalen Vertriebsvertretungen  Kai Lorenzen (IHK-Vizepräsident und Vorstandsvorsitzender Sparkasse MV), Yvonne Eilers, Dr. Gerald Vögele und Dr. Thomas Weisener (alle Geschäftsleitung HNP Mikrosysteme), Siegbert Eisenach (Hauptgeschäftsführer IHK zu Schwerin)  JUBILÄUM 25 Jahre Mikropumpen gefeiert HNP MIKROSYSTEME Das Unternehmen HNP Mikrosysteme GmbH mit Sitz in Schwerin entwickelt, produziert und vertreibt weltweit Pumpen, die kleine und kleinste Flüssigkeitsmengen äußerst präzise dosieren. Einsatzbereich der Pumpen und Systeme ist die instrumentelle Analytik, der Maschinen- und Anlagenbau sowie die chemische und pharmazeutische Produktion. Bilder: HNPM 4  Wirtschaftsregion Westmecklenburg Wirtschaftskompass 11 | 2023

Seit gut einem Jahr fahren Baufahrzeuge durch das TGZ Gelände in der Hagenower Straße der Landeshauptstadt Schwerin und es wird laut gehämmert. „Der Erweiterungsneubau unter dem Projektnamen „Haus 7“ nimmt Gestalt an. Der bauliche Fortschritt in den letzten Monaten ist gewaltig“, sagte der Geschäftsführer Thomas Möller. Mit der geplanten Eröffnung Ende April 2024 stehen der Start Up- und Gründerszene insgesamt neue 4.000 qm Produktions- und Bürofläche zur Nutzung zur Verfügung. Abgerundet wird das Raumangebot durch zusätzliche Konferenz- und Beratungsräume. Damit stehen die besten Voraussetzungen für neue Gewerberäume zu günstigen Bedingungen zur Verfügung.  FLEXIBLE RAUMNUTZUNG Am Anfang ist oft nicht klar, wohin die Reise geht. Im ersten Schritt werden meist kleinere Flächen angemietet, um das wirtschaftliche Risiko zu begrenzen. Die kleinste Produktionseinheit hat eine Größe von 55 qm und ist technisch mit Druckluft, Starkstrom und Abluft ausgestattet, so dass Prototypen und Kleinserien entwickelt werden können. Die Büroabtrennungen sind in Trockenbauweise hergestellt und unterstützen die flexible Nutzung. Die Bürogrößen können jederzeit geändert oder zusätzliche Verbindungstüren eingebaut werden. Dadurch wird eine längere Nutzung durch verschiedene Firmen und Branchen gewährleistet. Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung wurde am 19. September die Auflösung der Privaten Marketinginitiative der Wirtschaft Region Schwerin e. V. (kurz: PMI) einstimmig beschlossen. Die vor 10 Jahren gegründete Unternehmerinitiative PMI hat in dieser Zeit maßgeblich zur Stärkung des Außenmarketings der Landeshauptstadt Schwerin beigetragen und sich für die Förderung eines einheitlichen Marketings aller Partner eingesetzt. In den letzten Jahren hat die PMI mit erfolgreichen Kampagnen wie „Magische Momente" und „Glanzlichter" das touristische Marketing in Schwerin vorangebracht. Schon im Jahr 2015 wurde der Mangel an Fachkräften deutlich, woraufhin die PMI in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung eine Standortmarketingkampagne für den Wirtschafts-, Investitions-, Bildungs- und Wohnstandort Schwerin entwickelte. Unter dem Slogan „Lebenshauptstadt" wirbt Schwerin seit 2017 erfolgreich um Arbeits- und Fachkräfte sowie Studierende und Auszubildende. Die PMI hat sich auch für eine Neuorganisation der Marketingstrukturen und die Schaffung einer einheitlichen Marke für Schwerin eingesetzt. Im Jahr 2019 wurde ein Markenprozess gestartet, der nun viele der von der PMI eingeführten Strukturen in Federführung der Stadt weiterführt. Angesichts dieser Erfolge sieht die PMI ihre Aufgabe als erfüllt an und hat sich daher für ihre Auflösung entschieden. Dennoch bleibt die wichtige Aufgabe, Unternehmen und Institutionen weiterhin aktiv in das SchwerinMarketing einzubinden und gemeinsame Entscheidungen zu treffen, um die Stadt und das Stadtmarketing erfolgreich voranzubringen. Der Vorstand der PMI möchte sich herzlich bei seinen Mitgliedern für das große Engagement der letzten Jahre bedanken und bei allen Partnern für die offene und produktive Zusammenarbeit. Die PMI betont die Wichtigkeit einer einheitlichen Markenstrategie und -führung. Es bedarf mutiger Entscheidungen innerhalb der Neuorganisation der Marketingstrukturen und sie wünscht allen Beteiligten viel Erfolg bei der Umsetzung. Unabhängig von der aktuellen Haushaltssituation der Stadt unterstreicht die PMI die Bedeutung dieses Themas für die Zukunft unserer Landeshauptstadt und ruft alle Beteiligten dazu auf, dies im Blick zu behalten.  ZUKUNFTSINVESTITION Das Technologie- und Gewerbezentrum wächst Marketinginitiative beschließt Auflösung Das Beste an meiner Arbeit ist, dass wir endlich mit der Vermietung starten und den Mietern bereits die zukünftigen Räume zeigen können. IHK ZU SCHWERIN Kristin Just  0385 5103-206 just@schwerin.ihk.de Bild: TGZ Wirtschaftsregion Westmecklenburg  5 TECHNOLOGIE- UND GEWERBEZENTRUM SCHWERIN-WISMAR Thomas Möller  0385 3993125 Thomas.Moeller@tgz-mv.de Wirtschaftskompass 11 | 2023

In den 1980er-Jahren prägten Schlafraummöbel das Produktportfolio des heutigen Büromöbelherstellers PALMBERG. Ein Großteil davon wurde in die damalige Sowjetunion exportiert. Um nach der politischen Wende im Jahr 19989 auch wirtschaftlich einen erfolgreichen Turnaround zu schaffen, musste das Unternehmen bis heute durch viele Wendemanöver navigiert werden: vom Sozialismus in die Marktwirtschaft bis hin zum europaweit erfolgreichen Büromöbelhersteller mit Rundumservice. Der Name hinter der PALMBERG-Erfolgsstory: Uwe Blaumann. Er ist ein Macher, jemand, der anpackt und im Grunde „nie zufrieden“ ist, wie er einmal selbst zugab. Mit dieser Einstellung formte der im Jahr 2020 mit dem Preis „Macher 30 – der Ehrenpreis des Ostens“ ausgezeichnete Unternehmer aus dem ehemaligen „VEB Möbelwerken Schwerin, Betriebsteil Schönberg“ einen Hidden Champion in der Büromöbelbranche. Während etliche volkseigene Betriebe der ehemaligen DDR mit dem Fall der Mauer an Investoren aus dem Westen gingen, wurde beim „VEB Schweriner Möbelwerk, Betriebsteil Schönberg“ der damalige technische Leiter Uwe Blaumann vom Angestellten zum Unternehmer, als er die Fabrik per Management-Buyout zusammen mit Torsten Utz übernahm. Nach langwierigen Verhandlungen kam im Jahr 1990 die Zusage, dass per 1. September die Palmberg-Möbel GmbH, die bis dato zu 100 Prozent in den Händen der Treuhand war, aus dem „VEB Schweriner Möbelwerk“ herausgelöst wird. Als die DDR zusammengebrochen war, gab es plötzlich keine Nachfrage mehr für das Sowjetschlafzimmer. Uwe Blaumann allerdings kannte den damaligen Maschinenpark genau, einige der Gerätschaften hat er selbst konstruiert und glaubt deshalb an die Wende nach der Wende. Und mit Beginn des Jahres 1991 wurde die erfolgreiche betriebliche Zukunft mit der Produktion von Büromöbeln eingeleitet. Heute arbeiten unter der Marke PALMBERG über 650 Mitarbeiter an zwei Standorten (Schönberg und Rehna). Aber der Anfang dieser Erfolgsgeschichte war auch für Uwe Blaumann nicht einfach, zeitweise muss der Hoffnungsträger und Vertrauensmann die Belegschaft auf nur noch 62 Kollegen (davon 25 in Vollzeit) reduzieren. „Das war wirklich hart“, erinnert sich Uwe Blaumann und setzte sich fortan das Ziel, irgendwann einmal wieder so viele Leute in dem Möbelwerk zu beschäftigen wie zu DDR-Zeiten. Beim PALMBERG Vorgängerbetrieb arbeiteten zu Spitzenzeiten 230 Menschen. Die Rettung brachte damals ein Großauftrag der Polizei des Landes Mecklenburg-Vorpommern. PALMBERG produzierte fortan Büromöbel für Deutschland statt Schlafzimmer für Russland. In den folgenden Jahren konnte Uwe Blaumann die meisten entlassenen Kollegen wieder einstellen und tauchte fortan ein in die Welt der Büromöbel. Informiert sich über Konkurrenten, kaufte Tische, Schränke und Regale verschiedenster Hersteller und schraubt sie auseinander. Er studiert ihren Aufbau und prüft die Einzelteile auf Schwachstellen. Auf dieser Basis baut PALMBERG einen ersten Schrank in fünf verschiedenen Größen, dazu ein einfaches Tischmodell. Zu den Farben Esche hell und Esche dunkel kaufte Blaumann noch Oberflächen in Eiche dazu. Zusätzlich hängt er sich zusammen mit seinem Team ans Telefon, fährt zu Fachhändlern und anderen potenziellen Auftraggebern. Mit jedem Gespräch lernt er den Markt besser einzuschätzen. „Ohne Kunden sind wir nichts. Sie sind der einzige Chef, der zählt“, bleibt bis heute sein Motto und das des Unternehmens. Mitte der 90er Jahre beginnt das Unternehmen dann auch das Ausland zu „erobern“. Kunden aus den Niederlanden machen den Anfang und mit der Zeit werden auch die Vertriebsgebiete Belgien, Österreich und die Schweiz beliefert. Der Export macht mittlerweile rund zehn Prozent des Unternehmensumsatzes aus. PALMBERG Büromöbel finden sich heute beispielsweise auf der Zugspitze, in der Zentrale der Sächsischen Aufbaubank, im globalen Medizintechnikunternehmen Olympus oder dem Hafenhaus in Antwerpen. Ebenfalls beschäftigt Uwe Blaumann ab dem Jahr 2000 wieder 298 Angestellte, mehr als jemals zu DDR-Zeiten im  VERABSCHIEDUNG Uwe Blaumann – Ruhestand nach 39 Jahren PALMBERG 6  Wirtschaftsregion Westmecklenburg Wirtschaftskompass 11 | 2023

Bild: Palmberg Möbelwerk gearbeitet haben.Zwei Trümpfe stehen hinter dieser sagenhaften Erfolgsgeschichte. Da ist zum einen die Person Uwe Blaumann selbst, der sich als Spezialist für Fertigungsprozessgestaltung, schnell in die neuen Materien Büromöbel und Vertrieb einarbeiten musste. Und zum anderen war und ist die Fähigkeit, flexibel und immer im Sinne der Kunden zu handeln, der zweite große Trumpf von Uwe Blaumann und dem Unternehmen PALMBERG. Die Fertigung ist zum großen Großteil automatisiert. Immer kompliziertere Prozesse wurden über die Jahre beherrscht – und das immer schneller. Heute produziert PALMBERG acht Arbeitsplatzsysteme, drei umfangreiche Schrankprogramme, Regalsysteme, Akustikelemente und zahlreiche Sonderanfertigungen. Die gesamte Fertigung fußt dabei auf Losgröße eins. Es ist vollkommen egal, ob 1.000 gleiche Schränke gebaut werden oder 1.000 verschiedene. Und selbst Krisen hielten Uwe Blaumann auf seinem Weg nicht auf. Er habe eine „DDR-Ruine“ verwandelt, schrieb das Magazin „Impulse“ im Jahr 2015. Da war bereits die zweite Krise der Firma überwunden. Der Einbruch des neuen Marktes hatte selbst in der Büromöbelbranche Spuren hinterlassen. Uwe Blaumann reagierte auf seine Weise und investierte in den Bereich Service, um die Fachhandelspartner, über die PALMBERG bis heute ausschließlich verkauft, noch stärker unterstützen zu können. Eine eigene Serviceabteilung entstand für Planung, Transport und Aufbau. Und eine Transportflotte aus Dutzenden von LKW´s. Das Konzept ging auf. Wie bereits in den 1990er-Jahren eilt der Büromöbelhersteller seitdem wieder von einem Rekord zum nächsten. Nach 39 Jahren PALMBERG hat Uwe Blaumann am 14. September 2023 die „Kommandobrücke“ in Schönberg verlassen. Bei seiner Verabschiedung dankte Uwe Blaumann seiner Mannschaft, die ihn immer in allen Belangen unterstützt habe. „Wir haben dadurch alles erreicht, was ein Unternehmen erreichen kann“ sagte Blaumann im Rahmen einer Feierstunde. Und doch gibt es eine Sache, die nicht geglückt sei, was ihn auch bis heute noch ein wenig ärgere. Konkret geht es dabei um das Jahr 2020. „Damals sind wir zum besten Industriebetrieb auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gekürt worden – und diese Auszeichnung hätte Uwe Blaumann von der damaligen Kanzlerin Angela Merkel entgegennehmen sollen. Aber das hat aufgrund von Corona nicht sollen sein“, so Uwe Blaumann. Den Preis gab es dann aber doch noch mit zwei Jahren Verspätung, allerdings nicht mehr aus den Händen von Angela Merkel. Den inzwischen mehr als 650 Mitarbeitern wünschte Uwe Blaumann alles Gute, viel Glück und seinen Nachfolgerinnen Nicole Eggert und Julianne Utz-Preußing, die bereits seit 2017 als geschäftsführende Gesellschafterinnen bei PALMBERG mit an Bord sind, immer ein sicheres Händchen. Und auch zu seiner persönlichen Zukunft äußerte sich Uwe Blaumann im Rahmen seiner Verabschiedung. „Ich freue mich auf den Ruhestand und habe auch keine Angst, dass mir langweilig wird“, sagte Blaumann im Rahmen seiner Verabschiedung. „Es wird so wie bisher, nur mit viel mehr Zeit für alles. Neue Hobbys werde ich nicht mehr anfangen“, erklärte der 65-Jährige. „Mein größtes Hobby sind der große Garten und meine zwei Schäferhunde. Und mit meiner Frau fahre ich viel Fahrrad und wir wollen viel reisen. Und bis zu seinem 70. Geburtstag plane er ein Buch zu schreiben über sein Leben mit der Firma PALMBERG“, verriet Uwe Blaumann die Pläne für den Ruhestand. Wirtschaftsregion Westmecklenburg  7 Wirtschaftskompass 11 | 2023

Die Deutsche Logistik Holding (DLH) hat jetzt den ersten Mietvertrag für Flächen ihres hochmodernen Logistikcampus in Wittenburg abgeschlossen und das öffentlich bekannt gegeben. Mieter ist die Mecklenburger Kartoffelveredelung GmbH, ein Unternehmen der weltweit agierenden Emsland Group mit Sitz in Hagenow. Über die Mecklenburger Kartoffelveredlung GmbH bietet die Emsland Group maßgeschneiderte Lösungen für den Einzelhandel, vom Rohstoff Kartoffelflocken über die Veredelung bis hin zur richtigen Verpackung und deren Gestaltung. Die Mecklenburger Kartoffelveredelung GmbH wird die Immobilie zur Erweiterung ihrer Lager- und Distributionskapazitäten nutzen. Die Fläche umfasst neben einer Hallenfläche von ca. 10.130 Quadratmeter auch gut ausgestattete Büro- und Sozialräume sowie eine Zwischenebene, die den Anforderungen moderner Logistikunternehmen gerecht wird. Der unterzeichnete Mietvertrag hat eine Laufzeit von fünf Jahren mit Verlängerungsoptionen. Der Mietbeginn ist für den 1. April kommenden Jahres vorgesehen. Felix Zilling, Geschäftsführer der DLH: „Wir freuen uns, die Mecklenburger Kartoffelveredelung GmbH als wertvollen Mieter auf unserem Logistikcampus in Wittenburg begrüßen zu dürfen. Diese Partnerschaft zeigt, wie wir unser Versprechen, erstklassige Logistikimmobilien anzubieten, erfolgreich umsetzen. Wir sind überzeugt, dass diese Partnerschaft für beide Seiten von großem Nutzen sein wird und freuen uns auf die Zusammenarbeit.“ Die DLH ist eine Tochtergesellschaft des Geschäftsbereichs Real Estate der Zech Group, die sich auf die Entwicklung und Realisierung von Logistik- und Industrieimmobilien. Das Unternehmen hat den Komplex auf einer sieben Hektar großen Fläche direkt an der Autobahn 24 binnen Monaten aus dem Boden gestampft. Die Investoren waren von dem Standort an der Anschlussstelle Wittenburg so überzeugt, dass sie bauten, ohne einen Kunden zu haben. „Auf einer Fläche von etwa 75.200 Quadratmetern sollen in den nächsten Monaten Logistikhallen auf rund 30.500 Quadratmetern sowie Büroflächen in insgesamt drei Hallenabschnitten realisiert werden. Das Grundstück liegt in Sichtweite der A24 und bietet eine optimale Verkehrsanbindung zwischen Hamburg und allen südöstlich gelegenen Bundesländern“, hieß es dazu in der Mitteilung der DLH zu Beginn der Maßnahmen.  Grundsteinlegung für den Logistik- Großkomplex an der A24 nahe Wittenburg, in der Mitte Bürgermeister Christian Greger. Das neue Seehotel der Block-Gruppe in Zarrentin ist fast fertig. Die Investoren der Hamburger BlockGruppe wollen den Komplex in idyllischer Lage aber erst mit einem Testbetrieb starten. Für das neue Seehotel der „Block-Gruppe“ in Zarrentin hat die letzte Bauphase begonnen. Der Innenausbau laufe auf vollen Touren, genauso wie der Test der technischen Anlagen, bestätigt Jens Niemann in diesen Herbsttagen. Der Chef des „Fischhauses am Schaalsee“ wird auch der Leiter des neuen Hotels sein. Eigentlich sollte der Hotelbau schon längst eröffnet sein, doch der Bau zog sich hin. Letztendlich haben die Probleme der Bauwirtschaft auch dieses auf 20 Millionen-Euro taxierte Projekt betroffen. Dazu kommt, dass der Bau mit seinen drei elegant verbundenen Häusern auch technisch anspruchsvoll ist. So nutzt das Hotel ein Eisspeichersystem mit einem Erdspeicher von 40 Kubikmetern für seine Versorgung. „Wir werden in diesem Jahr auf jeden Fall auch für die Gäste eröffnen. Wir haben aber den Anspruch, dass es vom ersten Tag an sehr gut und perfekt laufen muss. Daher werden wir die ganze Anlage nach und nach in Betrieb nehmen und auch eine Testphase durchführen“, verriet Niemann. Der hat seine 60 Köpfe umfassende Mitarbeiterschar für Seehotel in Zarrentin fast fertig  GROSSMIETER Logistikcampus Wittenburg 8  Wirtschaftsregion Westmecklenburg Wirtschaftskompass 11 | 2023

Die Stadt Wittenburg hat im September mit der lange erwarteten Erschließung ihres neuen Gewerbegebietes an der Autobahn A24 begonnen. Dabei ist ein Teil der Fläche bereits bebaut. Dort hat das Hamburger Unternehmen „Panattoni“ für das Unternehmen „Kühne+Nagel“ auf diesem Gelände bereits eine große Logistikhalle errichtet. In die soll Anfang kommenden Jahres ein Ersatzteillager für Windenergieanlagen für Siemens Gamesa einziehen. Der Termindruck war so groß, dass die Investoren mit dem Bau begannen, ohne dass das Gebiet erschlossen war. Bisher wird das noch im Bau befindliche Zentrum provisorisch versorgt. Jetzt zieht die Stadt Wittenburg nach und will bis Mai kommenden Jahres damit fertig sein. Konkret geht es um zwei Projekte. Die Stadt muss alle Ver- und Entsorgungsleitungen in das Gebiet legen lassen. Jede Leitung muss dabei in einem Spezialverfahren tief unter der Autobahn durchgeschossen werden. Bürgermeister Christian Greger (CDU): „Wir müssen unter der Bahn durch, auf der anderen Seite haben wir bisher gar keine Leitungen gehabt.“ Die Durchquerung soll in zwei Etappen geschehen, eine ist schon erfolgreich abgeschlossen. Vivien Lau, Leiterin des Wittenburger Bauamtes, zu den Kosten der Erschließung: „Die Gesamtausgaben liegen bei etwas mehr als sechs Millionen Euro. Wir haben vom Land für die sogenannten zuwendungsfähigen Kosten von 3,8 Millionen Euro eine 95-prozentige Förderung bekommen.“ Aufgrund der angespannten Haushaltslage durch den gesetzlichen Finanzausgleich hätte Wittenburg trotz seiner vielen Einnahmen die Erschließung nicht allein stemmen können. Für die verbleibenden Flächen gibt es laut Stadt bereits weitere Interessenten, einige davor direkt aus dem Wittenburger Umfeld. Aufgrund der großen Nachfrage an Gewerbeflächen ist eine Erweiterung des Gebietes auf der anderen Seite der Landesstraße nicht ausgeschlossen. Die neuen Versorgungsleitungen sind schon einmal so dimensioniert, dass sie auch für den zweiten Teil des Gebietes ausreichen würden.  WITTENBURG Neues Gewerbegebiet an der A 24  Alle Versorgungsleitungen müssen unter die A24 verlegt werden. Bürgermeister Christian Greger und seine Bauamtsleiterin Vivienne Lau überzeugen sich vor Ort vom Fortschritt der Arbeiten. beide Häuser in den vergangenen Monaten zusammengestellt. Für das diesjährige Weihnachtsgeschäft sei man sicher bereit für den normalen Betrieb. Zuvor sollen auch Testgäste die Anlage mit ihren 45 Zimmern auf Herz und Nieren im Alltag prüfen. Sorgen um die Auslastung macht sich Niemann nicht: „Wir können uns schon jetzt vor Anfragen kaum retten.“ Das Projekt im Zentrum Zarrentins steht unter besonderer Beobachtung des Firmeninhabers Eugen Block. Seine in Hamburg ansässige Gruppe unterhält mit „Block Menü“ in Zarrentin eine wichtige Produktionsstätte für die sogenannte Systemgastronomie.  Jens Niemann, der Geschäftsführer des Fischhauses am Schaalsee wird auch der neue Hotelchef. Niemann stammt aus Schwerin.  Das fest fertige Seehotel von Zarrentin im Herzen der Stadt, es wird jetzt diesen Herbst mit einem Testbetrieb eröffnet. Bilder: Pohle; Thüs/Farnschläger Architekten Wirtschaftsregion Westmecklenburg  9 Wirtschaftskompass 11 | 2023

Wer in Wittenburg von der Autobahn in Richtung Hamburg abfährt, der fühlt sich wie auf einem großen Busbahnhof. Zu Dutzenden stehen rote Busse dort auf einem Grundstück. Das hat etwas mit den sich verändernden Marktverhältnissen in Hamburg zu tun. Inzwischen stehen viele gebrauchte Fahrzeuge, die zuvor in anderen europäischen Ländern gefahren sind, auf Wittenburger Plätzen. Aktuell an drei Standorten. Besonders auffällig sind die Busse des 62-jährigen Esad Dedic. Der aus dem früheren Jugoslawien stammende Mann hat gleich eine ganze Flotte von roten Fahrzeugen aus Skandinavien erstanden und sie direkt an der A24 abgestellt. Auf einem Grundstück zwischen McDonald‘s und dem Dämmstoffhersteller Jaeger. Auf die gut 10.000 Quadratmeter passen noch viel mehr Busse als bisher dort stehen. „Die Marktverhältnisse in Hamburg, wo wir bisher waren, haben sich verändert. Dort steht jetzt der Bau von Wohnungen im Vordergrund, alte Verträge werden aufgelöst. Und als Händler ist es in Hamburg extrem schwer, überhaupt eine neue Fläche zu finden.“ Es sei neben der Lage auch der im Vergleich zu Hamburg viel niedrigere Preis, der ihn gelockt habe. Denn das Unternehmen aus Hamburg ist gekommen, um zu bleiben. Und es kommen noch mehr Firmen aus der Branche. Am Wölzower Weg ist bereits „F. Samadi - Gebrauchte Nutzfahrzeuge“ untergekommen. Vermieter Jürgen Baumgarten bestätigte, dass sich die Marktlage in Hamburg geändert habe. „Die Händler waren bisher in Hamburg-Billstedt zu Hause, die Hansestadt will das ganze Gebiet umgestalten, und da müssen sich die Händler neue Plätze suchen.“ Verkauft werden die in Wittenburg stehenden Omnibusse übrigens weltweit. In arabischen Ländern stünden Mercedes-Busse hoch im Kurs, andere Länder würden sich für andere Marken interessieren. Die roten Gebrauchtfahrzeuge in Wittenburg sind im Übrigen Wasserstoffbusse, die meist so zwischen 450.000 und 500.000 Kilometer auf dem Tacho haben. Die Verkaufspreise würden so zwischen 15.000 und 30.000 Euro liegen, verriet Händler Dedic. Das sei ein Bruchteil des Neupreises. Weil die 22.500 Tonnen Restmüll, die derzeit pro Jahr im Landkreis Ludwigslust-Parchim eingesammelt werden, verbrannt werden, sollen sich die Gebühren für Private ab Januar zum Teil deutlich erhöhen. Das liegt an den Plänen der Bundesregierung zur Besteuerung von Kohlendioxid. Ein deutscher Sonderweg. In der Folge fallen im kommenden Jahr allein im Landkreis mehr als 523.000 Euro an Zusatzkosten an, ein Jahr später sind es sogar mehr als 600.000 Euro. „Diese Differenz kann niemand mehr ausgleichen, wir sind praktisch zu Gebührenerhöhungen gezwungen“, fasst Steffen Grünwaldt als Vorstand der Abfallwirtschaft (ALP) zusammen. Mit dieser Steuer, von der der Landkreis gar nichts habe, liege die Steigerung der Gebühren zwischen 14 und 17 Prozent. Ohne die CO2-Steuer wären es nur acht bis zehn Prozent. Eine Alternative zur Verbrennung ist für den Kreis jedoch nicht absehbar. „Eine Aufbereitung über mechanisch-biologische Anlagen wäre noch teurer“, ist Ralf Drexler, Geschäftsführer der Alba Nord GmbH überzeugt. Eines seiner Tochterunternehmen betreibt die Verbrennungsanlage in Ludwigslust. Der Bundestagsabgeordnete Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU-Fraktion) aus Bayern war einer der wenigen, die sich gegen diese Pläne gewandt haben. Seine Aussage im entsprechenden Bundestagsausschuss: „Abfall bzw. Restmüll ist kein fossiler Brennstoff, weshalb eine CO2-Bepreisung im Sinne des Brennstoffemissionshandelsgesetzes nicht zielführend ist.  KOSTEN STEIGEN FÜR GEBÜHRENZAHLER Sie führt zu höheren Kosten für die Gebührenzahler.“ Dabei hat die Abfallwirtschaft in der Region auch ohne diese Sondersteuer genug Sorgen. Das reicht von den deutlich gestiegenen Personalkosten über dramatisch gesunkene Erlöse für Papier und Kartonagen bis hin zur Lkw-Maut. Auch die soll im kommenden Jahr deutlich steigen. Für AlbaNord macht das bei 160 Fahrzeugen eine Steigerung von 83 Prozent aus. Die auf die Bürger umgelegt werden müssen. „Wir fragen uns wirklich alle in der Branche, wer das noch bezahlen soll“, so Geschäftsführer Ralf Drexler. Formal muss über die neuen Gebühren noch der Kreistag entscheiden. Wittenburg ist Handelsplatz für Busse CO₂-Steuer: Müllgebühren steigen  Alba TAV Betriebs GmbH. Müllverbrennungsanlage in Ludwigslust, diese Anlage wird jetzt für Tausende zum Kostentreiber, weil die Bundesregierung es so will.  Bushändler Esau Dedic hat mit seiner Flotte an Gebrauchtfahrzeugen an der Autobahn in Wittenburg eine neue Heimat gefunden. Bilder: Pohle; Alba TAV Betriebs GmbH; Block Menü 10  Wirtschaftsregion Westmecklenburg Wirtschaftskompass 11 | 2023

Autowäscher rund um Wittenburg haben jetzt mit dem neuen Park von „Easycarwash“ in Wittenburg eine Alternative zu den bisherigen Anlagen. Für mehr als zwei Millionen Euro hat der in Schwerin lebende Investor und Inhaber Henrik Mernitz einen Waschpark an die Hagenower Chaussee gestellt. Die neue Anlage liegt in unmittelbarer Nähe der Autobahn und nahe der zahlreichen Supermärkte in der Stadt. Neben den fünf Waschboxen, die schon von den anderen Standorten in Ludwigslust, Hagenow, Schwerin oder Wismar bekannt sind, kommen nun auch noch zwei große Außenwaschplätze hinzu. Dort lassen sich beispielsweise Lkw und Busse reinigen. Völlig umgestaltet wurden die Staubsaugeranlagen. Die haben nicht nur mehr Leistung als bisherige Anlagen, die Nutzer haben jetzt auch einen Saugschlauch pro Seite zur Verfügung. Hinzu kommt eine Druckluftpistole, die man zum Beispiel zur Reinigung des Cockpits verwenden kann. Den gesamten Waschpark hat der Unternehmer Mernitz aus den bisher bekannten Komponenten selbst entwickelt. Das System arbeitet grundsätzlich mit Sprühlanzen und im Reinigungsbereich mit einem speziellen Pulver als Zusatz. Und nicht nur Motorradfahrer mögen das zur Verfügung stehende enthärtete Wasser, das nach dem Trocknen so gut wie keine Wasserflecken hinterlässt. Direkt neben dem Park hat „Ionity“ bereits sechs Hochleistungssäulen für das Laden von Elektro-Fahrzeugen installiert. Bereits vorbereitet ist der Bau sechs weiterer Säulen. Mit denen lassen sich E-Autos binnen kurzer Zeit zu einem beachtlichen Teil aufladen. Inonity ist ein Zusammenschluss großer deutscher Autohersteller, die derzeit bundesweit ein Netz von Hochleistungssäulen aufbauen. Henrik Mernitz, der eigentlich aus Brandenburg kommt, hat sich mit seinen jetzt acht Waschparks in Mecklenburg zum Waschkönig der Region gemausert. Mernitz kümmert sich um den Service und die Reparaturen der technisch aufwändigen Anlagen noch immer selbst, hat sich aber bereits Verstärkung gesucht. Easycarwash neu in Wittenburg  Unternehmer und Waschkönig Henrik Mernitz demonstriert die Möglichkeiten seines neuen Parks in Wittenburg, hier lassen sich auch Busse und Lkw problemlos reinigen. Nächstes Großprojekt von Block Menü Block Menü in Zarrentin festigt seinen Platz als wichtigster Arbeitgeber in der Stadt. Bis 2025 steckt die Block-Gruppe 15 Millionen Euro in die Erweiterung seiner Fertigung. Block Menü hat zwar nur eine bescheidene Eingangsfront zur Bundesstraße zu bieten, doch in Wirklichkeit ist diese besondere Großküche auch wirtschaftlich ein Riese. Hinter dem Eingangsbereich stehen bereits zahlreiche Hallen und Lagerstätten für die derzeit 211 Mitarbeiter. Jetzt zündet das zur Hamburger Block-Gruppe gehörende Unternehmen die Ausbaustufen 7 und 8 in Zarrentin. „Bis 2025 bauen wir auf 4.700 Quadratmetern neue Kapazitäten für unsere Fertigung und Lagerung auf und werden zudem unsere Technik modernisieren“, erklärte Geschäftsführer Karl-Heinz Krämer. Geplant ist eine Investitionssumme von 15 Millionen Euro. Diese Ausbaustufe ist die größte, die das Unternehmen seit seinem Start 1994 in Zarrentin unternimmt. Gemeinsam mit seinem Kollegen Michael Postinett steht er damit vor der nächsten Herausforderung. Und die liegt nicht nur in der Fertigung selbst, sondern auch in der Energienutzung. Denn eigentlich ist „Block Menü“ in Zarrentin nichts anderes als eine hochmoderne Großküche, die auf hohem Niveau für die Restaurants der eigenen Kette und für viele andere Kunden kocht. Und das frisst viel Energie. Als einer der ersten Gegenmaßnahmen gegen die steigenden Energiepreise hat die Firma auf den Flächen der bisherigen Hallen eine Solaranlage mit einer Leistung von 134 Kilowatt in der Spitze. Krämer: „Damit können wir beispielsweise an dem Wochenende schon die Grundlast unserer Anlagen abdecken.“ Kochen, kühlen, einfrieren und dann noch zahlreiche Klimaanlagen, um überhaupt arbeiten zu können, die Fertigung in dem Unternehmen benötigt auch in Zukunft viel Energie. Gut 20 Prozent der Mahlzeiten oder Menükomponenten gehen dabei an die Unternehmen der eigenen Gruppe. Dazu zählen die Steakhäuser der Marke „Block House“ oder Restaurants der Burgerkette „Jim Block“ und natürlich auch das Zarrentiner Fischhaus mit dem zukünftigen Seehotel. Die anderen 80 Prozent gehen an andere Häuser und Restaurants.  Die beiden Block-MenüGeschäftsführer Michael Postinett (l.) und Karl-Heinz Krämer auf dem Dach einer ihrer Hallen mit der neuen Fotovoltaikanlage. Wirtschaftsregion Westmecklenburg  11 Wirtschaftskompass 11 | 2023

Bilder: IHK IHK-Präsident Matthias Belke und IHK-Hauptgeschäftsführer Siegbert Eisenach besuchten Ende September 2023 die Acrylicon Polymers GmbH sowie die Dockweiler AG, um die Leistungen der Unternehmen nachdrücklich zu würdigen. Die Acrylicon Polymers GmbH hatte Anfang Mai 2023 den von den drei Industrie- und Handelskammern in Mecklenburg-Vorpommern ausgelobten IHK-Exportpreis in der Kategorie „Export Profi‘“ gewonnen. Die Dockweiler AG erhielt eine besondere Würdigung für herausragende Leistungen. Am Termin nahmen ebenfalls der Bürgermeister der Stadt Neustadt-Glewe, Steffen Klieme, sowie die Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Südwestmecklenburg mbH, Berit Steinberg, teil. Mit dem IHK-Exportpreis werden beispielhafte Unternehmensleistungen aus Mecklenburg-Vorpommern bei der Erschließung internationaler Märkte gewürdigt. Am 1. November 2023 macht die Export-Tour der Landesregierung MV wieder Station. Diesmal ist die H.O. Schlüter GmbH mit Sitz in Lübz Gastgeber. Der erfahrene Unternehmer und Produzent smarter Fenster, Sven Thomsen, Geschäftsführer der H.O. Schlüter GmbH, berichtet von seinen Erfahrungen bei der Erschließung des US-amerikanischen Marktes. Der Chef der Staatskanzlei MV, Patrick Dahlemann, lädt Start-ups, Exportneulinge und ExportExperten zu dieser Veranstaltung ein. Es bietet sich auch die Gelegenheit, mit dem Hamburger US-Generalkonsul, Jason Chue, sowie mit der Geschäftsführerin der Germany Trade and Invest, Julia Braune, ins Gespräch zu kommen. Zum Austausch stehen darüber hinaus verschiedenste Fach- und Exportexperten zur Verfügung. Darunter unter anderem der Zoll, die deutschen Auslandshandelskammern, die Wirtschaftskammern MV, der AUMA, die digitalen Innovationszentren, das Landesförderinstitut MV, BioCon Valley und viele andere mehr.  IHK VOR ORT Exportpreisträger gewürdigt  LANDESREGIERUNG MACHT STATION IN LÜBZ Export-Tour 2023 Weitere Informationen unter www.ihk.de/ schwerin Dok.Nr. 5769304. E XPORT 3 TOUR IHK ZU SCHWERIN Henrike Güdokeit  0385 5103-215 guedokeit@schwerin.ihk.de 12  Wirtschaftsregion Westmecklenburg Wirtschaftskompass 11 | 2023

Die Regionalausschüsse der IHK zu Schwerin wurden mit dem Ziel gegründet, stärker in den einzelnen Regionen des Kammerbezirks vertreten zu sein und besser die regionalen Belange der IHK-Unternehmen aufzunehmen. Der Regionalausschuss für die Region Nordwestmecklenburg tagt in der Regel 4 Mal im Jahr. Am 18.09.2023 hat der Regionalausschuss seine Beratung im Innovation Port Wismar durchgeführt. Dr. Bernd-Dietmar Lepsow berichtete vom „Deutsch-Schwedischen-Wirtschaftsforum“. Das Wirtschaftsforum hatte vor Corona jährlich stattgefunden. Dieses geschah im Rahmen des Schwedenfestes. Es waren zahlreiche politische Vertreter aus und für Schweden anwesend. Schwerpunkt 2023 war die Zusammenarbeit beim Thema Energie. Henrike Güdokeit, Geschäftsbereich International der IHK zu Schwerin, ergänzte den Bericht aus Sicht der IHK. Im zweiten Schwerpunkte wurde die Vorbereitung der Wirtschaftsreise Schweden/Norwegen besprochen. Henrike Güdokeit stellt die Schwerpunkte und den Ablauf der Unternehmerreise vor. Der dritte Schwerpunkt war der Ausbildungsstart zum 01.09.2023. Björn Offhaus, Schulleiter des Berufsschulzentrums Nord, berichtete vom Ausbildungsstart am Berufsschulzentrum Nord mit 93 Klassen und ca. 1.750 Auszubildende. Peter Todt berichtet aus Sicht der IHK zu Schwerin mit den Schwerpunkten allgemeine Schülersituation, neue Ausbildungsverträge, Schwerpunkte bei den Ausbildungsverträgen, Altersstruktur, Schulabschlüsse und ausländische Auszubildende. Ein Boutique-Hotel plant Knuth Kiefer, der seit einem Jahr Direktor im Seehotel Frankenhorst ist. Es ist schon einiges geschafft. Die Rezeption ist wesentlich moderner geworden und präsentiert sich, passend zur Lage, in Naturtönen. Es gibt einen neuen Konferenzraum. Auch das kulinarische Konzept wird sich mit dem neuen Küchenchef verändern. Das Weihnachtsmenu steht bereits. Doch das ist nicht genug, betont Kiefer, der bislang in großen Häusern auf der ganzen Welt unterwegs gewesen ist. Neue Angebote, wie Stand-Up-Paddeln oder Botcha, sollen sowohl jüngere Hotelgäste an den See locken als auch die Schweriner begeistern. Das gelingt mit einem starken Team. Hier setzt Kiefer auf eine gute Ausbildung im eigenen Haus.  FACHLICHER THEMENSCHWERPUNKT: PERSONALENTWICKLUNG Zwar hat sich laut Statistischen Bundesamt der Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern besser erholt als in anderen Bundesländern. Doch die Personalsituation im Hotel- und Gastgewerbe bleibt angespannt. Daher widmete sich der Kreis dem Themenfeld „Personalentwicklung". Zum Start des Ausbildungsjahres stellten Peter Todt, Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung, und Petra Schemath, Ausbildungsberaterin bei der IHK zu Schwerin die aktuellen Ausbildungszahlen im HOGA- und Tourismusbereich vor. Grundsätzlich gibt es mehr Auszubildende als in den Jahren zuvor, aber die Umstellung auf die neuen Berufsbilder mit zweijährigen und dreijährigen Berufen habe Zeit gebraucht. Insbesondere die vielen Nationalitäten der Auszubildenden seien eine große Herausforderung für die Branche. Die Sicherung der Ausbildungsqualität sei eine Gemeinschaftsaufgabe zwischen Ausbildungsbetrieb, IHK und Berufsschule. Es wurde über Unterstützungsmöglichkeiten im Spracherwerb oder bei den IHK-Prüfungen diskutiert.  AKTUELLES FÜR DIE BRANCHE UND AUS DER REGION Auch Aktuelles aus der Region und für die Branche wurde diskutiert: der ermäßigte Umsatzsteuersatz auf Speisen im Restaurant (7 Prozent), die Debatte zur Abschaffung der Meldepflicht für inländische Gäste oder das Einführung der eRechnungen.  GEDENKEN AN HANS-ULRICH GETZ Der Tourismusausschuss gedenkt dem langjährigen Mitglied Hans-Ulrich Getz. Die Vorsitzende Vera Hirte erinnerte an seine touristischen Verdienste und sprach im Namen des Kreises ihre Betroffenheit und Anteilnahme aus.  NORDWESTMECKLENBURG IHK-Regionalausschuss  IHK-TOURISMUSAUSSCHUSS Neue Ideen für Seehotel Frankenhorst Wirtschaftsregion Westmecklenburg  13 IHK ZU SCHWERIN Peter Todt  0385 5103-401 todt@schwerin.ihk.de IHK ZU SCHWERIN Stefanie Richter  0385 5103-201 s.richter@schwerin.ihk.de Wirtschaftskompass 11 | 2023

 LKW-MAUT Steuererhöhung statt Klimaschutz 14  Standortpolitik Wirtschaftskompass 11 | 2023

Statt die Wirtschaft zu entlasten, bereitet die Bundesregierung weitere Belastungen vor: Zum 1. Dezember soll die Lkw-Maut fast verdoppelt werden. Das würde für viele Spediteure das Aus bedeuten. In der deutschen Wirtschaft brodelt es immer stärker. Die Steuerbelastungen sind im internationalen Vergleich zu hoch, die Bürokratie wuchert, viele Milliarden Euro Investitionen fließen ins Ausland ab. Die Industrie- und Handelskammern in MecklenburgVorpommern sehen den von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Gesetzentwurf zur Änderung der mautrechtlichen Vorschriften und der damit einhergehenden deutlichen Erhöhung der LKW-Maut mit großer Sorge. Der Gesetzentwurf sieht zum 1. Dezember 2023 einen CO2-Mautaufschlag von 200 Euro je Tonne CO2 vor. Damit würde sich eine annähernde Verdopplung der Straßengebühr für DieselLkw ergeben. Zum 1. Juli 2024 soll die Maut auch auf Transporter und leichte Lkw ab 3,5 Tonnen Gesamtgewicht ausgeweitet werden.  IHKS GEGEN NEUE BELASTUNGEN Eine Umsetzung in der vorgesehenen Form ist aus Sicht der Industrie- und Handelskammern in Mecklenburg-Vorpommern nicht akzeptabel. Sie hätte zur Folge, dass die Unternehmen des gewerblichen Güterkraftverkehrs und die Betreiber von Werkverkehr mit zusätzlichen jährlichen Kosten in Höhe von 7,62 Mrd. Euro (bundesweit) belastet würden. Für die betroffenen Unternehmen, die durch Fahrermangel und den – trotz Erhebung der Lkw-Maut seit 2005 – oft mangelhaften Zustand der Verkehrswege ohnehin stark belastet sind, wäre dies eine kaum realisierbare zusätzliche Herausforderung. Sie müssten die hohen Mehrkosten auf ihre Kunden überwälzen, was aufgrund der aktuell schwächelnden Nachfrage für viele Unternehmen nur teilweise oder zumindest nicht zeitnah umsetzbar wäre.  VERSTECKTE STEUERERHÖHUNG Da es am Markt bisher nur sehr wenige emissionsfreie Lkw und damit für die breite Masse in der Praxis keine Alternative besteht sowie keine entsprechende flächendeckende Tank- und Ladeinfrastruktur zur Verfügung steht, gleicht die Mautverdopplung einer Steuererhöhung. Entscheidend ist für die Wirtschaft daher, die Einhaltung der Koalitionszusage zur Vermeidung der Doppelbelastung durch nationalen Emissionshandel und CO2-Mautaufschlag. Hinzu kommen der Aufwand für die Feststellung der KohlendioxidEmissionsklasse und die Weiterleitung der erforderlichen Dokumente an die entsprechenden Dienstleister sowie für Halter von Fahrzeugen zwischen 3,5 und 7,5 t der Einbau von OBUs (On-Board-Unit) zur automatischen Maut-Erfassung. Ein immenser bürokratischer Aufwand für das Gewerbe. Die geplante Mautbefreiung für „Handwerker-Fahrzeuge“ ist im Rahmen der Gleichbehandlung der Branchen schwer vermittelbar. Zudem müssen die Einstufungskriterien als Handwerker-Fahrzeug eindeutig definiert werden. Darüber hinaus entfernt sich die Maut immer stärker von einer Gebühr für die Straßennutzung hin zu einem allgemeinen Finanzierungsinstrument für den Verkehr und sogar für den allgemeinen Haushalt. Große Teile der Einnahmen sollen in den Schienenverkehr investiert werden. Es stellt sich die Frage, warum die staatliche Aufgabe der Bereitstellung eines leistungsfähigen Schienennetzes, die seitens der Wirtschaft ausdrücklich unterstützt wird, durch einen Wettbewerber des Schienenverkehrs finanziert werden soll. Mit Blick auf die dringende Notwendigkeit eines bedarfsbegründeten Ausbaus sowie der dringend erforderlichen Instandsetzung und Instandhaltung von Straßen und Brücken erscheint den IHKs in MV zudem die Abkehr von verkehrsträgerbezogenen Finanzierungskreisläufen als ein nicht sinnvoller und ideologisch motivierter Schritt. Im Hinblick auf die weiteren parlamentarischen Beratungen befürworten die IHKs in MV die Einführung eines Stufenmodells für den CO2-Mautaufschlag, das Marktverfügbarkeit von emissionsfreien Fahrzeugen sowie die flächige Verfügbarkeit alternativer Tank- und Ladeinfrastruktur berücksichtigt.  ARMIN KREMER, Geschäftsführer der Mecklenburger Landpute GmbH Domsühl OT Serverin, Landkreis Ludwigslust-Parchim „Durch die bereits sehr hohen Energiekosten an unserem Produktionsstandort und die nun zu erwartende LKW-Mauterhöhung, sehen wir künftig kaum noch eine Möglichkeit im Wettbewerb, auch zu unseren unmittelbaren Nachbarländern, zu bestehen. Lebensmittel haben sich in den vergangenen Jahren für die meisten Endkunden bereits massiv verteuert. Um die zusätzliche Belastung durch die LKW-Mauterhöhung kompensieren zu können, müssten wir die Preise für unsere Produkte nun erneut um etwa 0,40 Euro/kg anheben. Eine versteckte Steuererhöhung durch die Hintertür!“ Bilder: AdobeStock; Mecklenburger Landpute Standortpolitik  15 IHK ZU SCHWERIN Hannes Schubert  0385 5103-209 schubert@schwerin.ihk.de Wirtschaftskompass 11 | 2023

Bild: Rumstich Transporte Sollte das Gesetz in der jetzigen Fassung beschlossen werden, hätte dies negative Auswirkungen auf den gesamten gewerblichen Güterkraftverkehr in unserem Bundesland und zudem eine erhebliche inflationstreibende Wirkung. Dies muss angesichts der ohnehin schwierigen Wirtschaftslage und der schwächelnden Konjunktur unbedingt verhindert werden.  FORDERUNGEN DER IHK-ORGANISATION ZUR LKW-MAUT IM DETAIL  Der geplante Termin 1. Dezember 2023 ist unglücklich gewählt. Änderungen der Transportpreise im laufenden Geschäftsjahr lassen sich nur schwer umsetzen, so dass die Sorge besteht, dass die erhöhten Mautkosten für diesen Monat vielfach zulasten der mautpflichtigen Transportunternehmen gehen werden. Für das neue Jahr werden ohnehin Preisverhandlungen geführt. Die Erhöhung der Maut sollte daher verschoben werden.  Gemäß Koalitionsvertrag und den Aussagen im Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften soll eine Doppelbelastung durch den CO2-Preis ausgeschlossen werden. Nach Entwurf des Haushaltsfinanzierungsgesetzes soll der Festpreis je Emissionszertifikat durch Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) aber sogar erhöht werden: 2024 statt auf 35 auf 40 Euro und 2025 statt auf 45 auf 50 Euro. Die vereinbarte Vermeidung einer Doppelbelastung sollte zügig angegangen werden. Dabei ist auch zu beachten, dass jede Abgabenerhöhung auf Kraftstoff in Deutschland die Wettbewerbsposition inländischer Transportunternehmen schwächt, da ausländische Transportunternehmen in der Regel nicht in Deutschland tanken, sondern den in anderen Staaten getankten Kraftstoff verwenden.  Deutschland geht mit der CO2-Bepreisung über die Forderungen der EU hinaus. Begründet wird dies damit, dass nur durch die Höhe des gewählten CO2Aufschlags der gewünschte Lenkungseffekt eintreten könne. Dies kann aber nicht gelingen, solange emissionsfreie Fahrzeuge kaum verfügbar sind und die Errichtung von Ladeinfrastrukturen an dafür nicht ausgelegten Stromnetzen und Problemen bei der Genehmigung scheitern.  Die Aufgabe der engen Zweckbindung der Mautmittel für Bundesfernstraßen und die Verwendung eines Teils der Mittel für Mobilität und hierbei überwiegend für Bundesschienenwege wird von vielen Transportunternehmen kritisch gesehen. Sie verweisen auf den weiterhin großen Investitionsbedarf auch bei der Straße, insbesondere zur Sanierung und Engpassbeseitigung. Der Ausbau der Schiene wird zwar ausdrücklich befürwortet, aber als gesellschaftliche Aufgabe angesehen, nicht als Aufgabe eines anderen Verkehrsträgers.  Bei der Verwendung biogener Kraftstoffe (HVO 100, Bio-LNG) wird kein CO2 fossilen Ursprungs emittiert. Transportunternehmen, die diese Kraftstoffe verwenden, sollten daher entlastet werden.  KATJA RUMSTICH, Geschäftsführerin der Volker Rumstich Transport GmbH Parchim Landkreis Ludwigslust-Parchim „Das Handeln der Bundesregierung ist für uns nicht mehr nachvollziehbar. Während unsere Branche auf die im Koalitionsvertrag angekündigte Kompensation der CO2-Doppelbelastung wartet, werden neben der scharf kritisierten CO2-Mautkomponente bereits weitere Erhöhungen der CO2-Abgaben auf Kraftstoffe zum kommenden Jahr angekündigt. Unsere Wettbewerbsposition gegenüber ausländischen Transportunternehmen verschlechtert sich so immer weiter. Über Planungs- und Investitionssicherheit brauchen wir gar nicht mehr zu sprechen! Bisher sind etwa 11,6 Prozent unserer Kosten im Unternehmen auf die Maut zurückzuführen. Sollte die Bundesregierung nicht doch noch zur Vernunft kommen, wird dieser Anteil ab Dezember bei etwa 20 Prozent liegen. Für uns als einzelnes mittelständisches Transportunternehmen steigen die Mautkosten somit von ca. 65.000 Euro auf etwa 120.000 Euro pro Monat. Den Großteil davon werden wir an unsere Kunden weiterreichen müssen und diese an den Verbraucher. Was die Politik dabei offenbar überhaupt nicht bedenkt ist der enorme Verhandlungsaufwand den wir mit unseren Kunden haben und die Vorfinanzierung der Mautkosten, die zunächst an uns hängen bleibt und uns in ohnehin schweren Zeiten extrem belastet! Nicht zuletzt wird durch die Ausweitung der Maut ein weiteres Bürokratiemonster geschaffen bzw. weiter gefüttert – hunderte neue und zusätzliche Stellen müssen zur Administration des ganzen geschaffen und bezahlt werden.“ 16  Standortpolitik Wirtschaftskompass 11 | 2023

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